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Premiere Thom Yorkes "Suspiria": Soundtrack zum Hexensabbat

Mit der Filmmusik zum Remake des Horrorklassikers "Suspiria" wird Thom Yorke seinem Ruf als stets risikofreudiges Pop-Multitalent wieder mal gerecht. Neben viel Gruselsound enthält das Doppelalbum auch einige faszinierende Balladen des Radiohead-Sängers.

Von Werner Herpell, dpa 30.10.2018, 05:00

Berlin (dpa) - Nun hat es für Thom Yorke doch noch geklappt mit der Filmmusik, wenige Jahre nach seinem gescheiterten Versuch mit dem James-Bond-Titelsong "Spectre". Der Radiohead-Frontmann hat den Soundtrack zur Neuauflage des Horror-Kultfilms "Suspiria" beigesteuert - und das passt.

Rund 80 Minuten dauert die musikalische Untermalung der düsteren Kinobilder, die der italienische Regisseur Luca Guadagnino für sein Remake von Dario Argentos Kultfilm (1977) gefunden hat. Dabei schöpft der soeben 50 Jahre alt gewordene britische Sänger und Multiinstrumentalist bei den Arrangements aus dem Vollen.

Mit dem London Contemporary Orchestra und dessen Chor hat Yorke 24 Stücke eingespielt, die bewusst auch Gruselsound-Klischees aufgreifen. Da schrillen die Geigen, Bässe brummeln unheilvoll, es ertönen spukige Gesänge - man spürt, dass der Komponist sich auf die Hexensabbat-Atmosphäre des Films eingelassen hat.

Hinzu kommen einige "echte" Songs, die Yorke mit seiner tollen Falsettstimme zelebriert - ein guter Zugang für langjährige Fans von Radiohead, deren genialische Popmusik seit fast 30 Jahren zwischen Gitarrenrock, Elektronik und Avantgarde pendelt. Die auf dem Soundtrack in zwei unterschiedlichen Fassungen enthaltene Pianoballade "Suspirium" gehört zu Yorkes schönsten Liedern, auch "Has Ended", "Open Again" und "Unmade" sind großartig.

"Ich kannte Argentos Originalfilm nicht, ich kannte nur Goblin", sagte Yorke kürzlich dem Magazin "Billboard" über den Einstieg in sein erstes Soundtrack-Projekt. Goblin, eine italienische Rockgruppe, hatte in den 70er Jahren die Musik zu mehreren Argento-Filmen beigesteuert. Der 50-Jährige nennt sie respektvoll "völlig verrückt, eine Band ihrer Zeit".

Am Goblin-Vorbild wollte sich der Brite bei seinem Soundtrack-Remake also orientieren (natürlich ohne abzukupfern) - und auch an deutscher Rockmusik der 70er Jahre, denn die "Suspiria"-Neuauflage spielt im Berlin jener Zeit. Der Spagat ist Yorke mit seiner Mixtur aus Gruselsound, Krautrock und starken Songs durchaus geglückt.

"Suspiria" zeigt, wie schon die gefeierten Soundtracks seines Bandkollegen Jonny Greenwood ("There Will Be Blood"), dass Radiohead-Musiker längst keine Genre-Grenzen mehr kennen. Ob es auch für Yorke zu einer Oscar-Nominierung reicht - wie für den virtuosen Gitarristen und Neoklassik-Komponisten Greenwood bei seinen Arbeiten für Hollywood-Topregisseur Paul Thomas Anderson ("The Master", "Der seidene Faden")?

Der erste Versuch, im Filmmusik-Geschäft Fuß zu fassen, ging ja noch schief: Yorkes "Spectre"-Song mit Radiohead (2015/16) zum gleichnamigen Bond-Streifen kam nicht zum Zuge - stattdessen die kitschige Ballade "Writing's On The Wall" von Sam Smith.

Das Doppelalbum "Suspiria - Music For The Luca Guadagnino Film" ist über XL/Beggars Group/Indigo erschienen. Guadagninos Remake des Horrorfilms mit Dakota Johnson und Tilda Swinton startet am 15. November in deutschen Kinos.

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Website Thom Yorke