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Ukraine US-Außenminister John Kerry erstmals zu Gesprächen bei Kremlchef Wladimir Putin

Das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist wegen der Ukraine-Krise zerrüttet. US-Chefdiplomat Kerry spricht beim ersten Besuch bei Kremlchef Putin seit Beginn des Krieges auch über ein mögliches Ende der Sanktionen. Kann ein Aufflammen der Kämpfe im Donbass verhindert werden?

13.05.2015, 01:23

Sotschi/Kiew (dpa) l Nach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auch US-Außenminister John Kerry von Russland mehr Einsatz für Frieden in der Ostukraine gefordert. Kremlchef Wladimir Putin müsse stärker auf die Separatisten im Donbass einwirken, um den blutigen Konflikt politisch zu lösen, sagte Kerry im Schwarzmeer-Kurort Sotschi bei seinem ersten Krisengespräch in Russland seit zwei Jahren. Ein Sprecher von Putin lobte die vierstündigen Verhandlungen als konstruktiv und freundschaftlich. Am Sonntag hatte auch Kanzlerin Merkel in Moskau von Russland ein stärkeres Einlenken gefordert.

Putin habe mit Kerry über eine engere Zusammenarbeit bei der Lösung der Ukraine-Krise gesprochen, sagte Präsidentenberater Juri Uschakow. Zwar habe es keinen Durchbruch gegeben. Das Treffen in Putins Sommerresidenz mache aber Hoffnung auf eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen, sagte er der Agentur Interfax zufolge. Eine Beteiligung der USA am "Normandie-Format" aus Russland, der Ukraine, Deutschland und Frankreich sei kein Thema gewesen.

John Kerry will Kommunikation erhalten

Kerry sprach zunächst vier Stunden mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. "Es ist wichtig, die Kommunikation aufrecht zu erhalten", meinte der US-Minister am Olympia-Ort von 2014. Die Ressortchefs berieten auch über die Bürgerkriege in Syrien und im Jemen sowie den Atomstreit mit dem Iran. Dabei kritisierte Kerry Russlands Lieferung eines Luftabwehrsystems an den Iran. Die Diskussion im Hotel "Rodina" (Heimat) sei "wunderbar" verlaufen, sagte dagegen Lawrow. Zuletzt war Kerry im Mai 2013 in Russland.

Der US-Chefdiplomat stellte die Aufhebung der gegen Russland verhängten Sanktionen in Aussicht. Voraussetzung sei das Einhalten der Waffenruhe in der Ostukraine. Lawrow nannte die Strafmaßnahmen eine "Sackgasse". Nötig sei eine gleichberechtigte Partnerschaft. Der Russe schenkte seinem Kollegen demonstrativ Kartoffeln - als Replik auf ein ähnliches Geschenk von Kerry im Januar. Medien interpretieren dies als Anspielung auf Russlands Embargo für westliche Lebensmittel.

Die Liste der Streitthemen zwischen Russland und den USA ist lang. Moskau ist auch das Heranrücken der Nato ein Dorn im Auge. Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte, Russland sei nicht Auslöser der Krise.

In einem weiteren diplomatischen Vorstoß reist an diesem Mittwoch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko nach Berlin. Regierungschef Arseni Jazenjuk wird in Paris bei François Hollande erwartet.

Zu Beginn ihres Treffens in Sotschi legten Lawrow und Kerry zu Ehren der Opfer des Zweiten Weltkrieges Kränze nieder. US-Präsident Barack Obama hatte die pompöse Siegesfeier in Moskau zum 70. Jahrestag des Triumphs der UdSSR über den Faschismus am Wochenende boykottiert.

In Kiew gab sich Präsident Poroschenko weiter kampfbereit im Krieg mit prorussischen Separatisten. Er kündigte die Rückeroberung des zerstörten Donezker Flughafens an. "Wir befreien den Airport von Donezk, denn das ist unser Land", sagte der prowestliche Staatschef. Bei Kämpfen starben binnen 24 Stunden mindestens drei Soldaten.

In der krisengeschüttelten Ukraine wachsen die Befürchtungen, der Westen könnte die Geduld verlieren mit dem Problemland. Es sind die alten Ängste, dass die politischen und wirtschaftlichen Interessen der EU und der USA in Russland am Ende doch für wichtiger erachtet werden - als das Verhältnis zur chaotischen Ukraine.

Politologen äußern Skepsis gegen Berlin

Der ukrainische Politologe Wladimir Fessenko sieht eine zunehmende Tendenz in der deutschen Politik, auf die russische Linie einzuschwenken - um des Friedens in Europa willen. "Wie sehr uns alle dazu bewegen wollen, wir sollten uns auf keinerlei Zugeständnisse einlassen", betont Fessenko.

Sein Kollege Kost Bondarenko sieht einen wachsenden Druck des Westens und Russlands auf die Ukraine, sich am Ende wohl doch auf eine Föderalisierung des Landes einzulassen.

Dieses Modell hatte vor allem Russland immer wieder als Chance angepriesen, dass die Ukraine doch nicht auseinanderfällt und als Staat erhalten bleiben kann. Doch genoss auch die von Russland annektierte Schwarzmeerhalbinsel Krim einst eine weitgehende Autonomie. Ukrainische Nationalisten lehnen daher eine Föderalisierung kategorisch ab. Meinung