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Arbeitsmarkt Spätstarter im Beruf bekommen eine Chance

Die Zeiten, in denen junge Menschen in Sachsen-Anhalt keine Lehrstelle
bekamen, sind vorbei. Im Gegenteil: Damit Unternehmen überhaupt
Nachwuchs finden, sehen sie über Schwächen der Bewerber hinweg.

01.11.2014, 01:17

Magdeburg l Bei den Arbeitsagenturen in Sachsen-Anhalt haben sich in diesem Jahr 13.375 Bewerber zur Berufsberatung gemeldet. 407 von ihnen haben im Oktober noch keine Lehrstelle gefunden, doch leer ausgehen müssen sie nicht. Wie Arbeitsagentur-Chef Kay Senius in Magdeburg mitteilte, sind 684 Plätze weiterhin unbesetzt.

"Wer als Jugendlicher ernsthaft im Land einen Ausbildungsplatz sucht, wird auch einen bekommen", sagte Senius. Die Lage auf dem Markt sei für junge Menschen sehr attraktiv. Das kommt nicht von ungefähr: In den vergangenen Jahren gab es weniger Schulabgänger und mehr Ausbildungsplätze. Unternehmen müssen sich daher mittlerweile richtig bemühen, um überhaupt an Nachwuchs zu kommen. Und sie müssen den jungen Leuten eine attraktive Berufsperspektive bieten. Noch im Jahr 2005 wurden nur 36 Prozent der Auszubildenden übernommen. Mittlerweile liegt die Quote bei 60 Prozent.

Handwerksbetriebe in Magdeburg schließen mehr Ausbildungsverträge

Sachsen-Anhalts Arbeitsminister Norbert Bischoff appellierte deshalb an die Arbeitgeber, dass sie leistungsschwächeren Bewerbern und Spätstartern eine Chance einräumen sollen. "Manche jungen Menschen haben zwar in der Schule ihre Probleme, entwickeln sich dann aber in der betrieblichen Praxis weiter", sagte Bischoff. Auch jenen, die in früheren Jahren bei der Lehrstellensuche leer ausgegangen seien oder erst spät "geschnallt" hätten, dass eine Ausbildung sinnvoll ist, sollten Bewährungschancen eingeräumt werden. Die Arbeitsagenturen fördern schon jetzt Spätstarter bis 35 Jahre, die eine Ausbildung nachholen oder eine Umschulung machen wollen.

Das Handwerk hat bereits auf den drohenden Nachwuchs-Mangel reagiert. Die Betriebe im Kammerbezirk Magdeburg haben bis Ende Oktober 1317 Ausbildungsverträge abgeschlossen - das ist ein Plus von 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum (1231). "Immer mehr Schüler mit Unterstützungsbedarf machen eine Ausbildung im Handwerk und werden dabei durch Programme wie die Assistierte Ausbildung oder die Einstiegsqualifizierung unterstützt", erklärte Peter Telloke, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer.

3800 Jugendliche ohne abgeschlossene Ausbildung

Grundsätzlich gebe es im Handwerk nach wie vor mehr Ausbildungsplätze als Auszubildende. "Das liegt an dem seit Jahren offensichtlich sinkenden Interesse der Jugendlichen an produktiven Tätigkeiten, aber auch an ganz konkreten Hemmnissen wie der schlechten Infrastruktur in vielen ländlichen Regionen und der wirtschaftlich schwachen Situation vieler Familien", sagte Telloke.

Sachsen-Anhalts DGB-Chef Udo Gebhardt monierte allerdings, dass nach wie vor 12 Prozent eines Jahrgangs dauerhaft ohne abgeschlossene Ausbildung blieben. Im vergangenen Jahr seien zudem 3800 Jugendliche in Warteschleifen gelandet, weil sie bei der Lehrstellensuche erfolglos geblieben sind. Dies dürfe nicht so bleiben. Er forderte für die jungen Menschen einen garantierten Übergang in Ausbildung, den das Land gemeinsam mit den Sozialpartnern sicherstellen solle.