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Missbrauchsprozess gestern fortgesetzt Psychologin glaubt dem Opfer

Von Wolfgang Biermann 28.11.2013, 01:09

Stendal. Es spreche mehr für die Glaubhaftigkeit der Aussage als dagegen. So fasste Diplompsychologin Dorothea Pierwoß sinngemäß in der gestrigen Prozessfortsetzung um sexuellen Missbrauch von zwei Mädchen aus der Einheitsgemeinde Salzwedel durch ihren Onkel ihr aussagepsychologisches Gutachten über das jüngste der angeblichen Opfer zusammen.

Demnach hat die Sachverständige die "Aussagetüchtigkeit" der heute 17-Jährigen und die Zuverlässigkeit ihrer Aussage anhand mehrerer Hypothesen mittels Ausschlussverfahren untersucht.

In der Aussagezuverlässigkeit habe sie keinen Hinweis für eine Falschaussage festgestellt, so Pierwoß. Für eine Komplott-Theorie der beiden Schwestern habe sich bei der möglichen Motivsuche für eine Falschaussage ebenfalls kein Anhalt gefunden. Einen "Rachefeldzug für irgendwas", zurückgewiesene Liebe zum Onkel und "im Mittelpunkt stehen wollen" habe sie auch geprüft.

Pierwoß, die schon bundesweit in bekannten Fällen als Gutachterin tätig war, machte mit dem allgemeinen Vorhalt Schluss, wonach kindliche Missbrauchsopfer doch zunächst die Mutter vom Missbrauch in Kenntnis setzen müssten. "Nicht selten erfährt die Mutter es als letzte." So auch in diesem Fall. Die heute 17-Jährige hätte es zunächst ihrem Freund, später ihrer Freundin, dann einer Schulpsychologin und erst dann erst ihrer Mutter gesagt.

"Ich habe doch kein Monster geheiratet."

Ehefrau des Angeklagten

Dass die Konstanz der Aussage im Lauf der Zeit schwanke, sei normal. Übereinstimmungen über 90 Prozent seien eher selten, so ihre Erfahrung. Damit bügelte die Gutachterin Einwände des Verteidigers ab, der Aussagewidersprüche in Detailfragen bei mehreren Vernehmungen des Mädchens gesehen haben will. Dass die 17-Jährige ein Interesse an der Verurteilung ihres Onkels habe, begründete Pierwoß damit, dass sie im Ort und in der Schule Anfeindungen der Außenwelt ausgesetzt sei - als Folge der Anzeigenerstattung. "Ich habe keinen Anhalt für eine unlautere Aussage", schloss Pierwoß ihr Gutachten über die 17-Jährige ab.

Am 3. Dezember soll sie das Gutachten über das Aussageverhalten der heute 24 Jahre alten Schwester, laut Anklage zweites Missbrauchsopfer, erstatten. Am 4. Dezember wird dann das Urteil erwartet.

Die Ehefrau des Angeklagten sagte gestern als Zeugin aus, dass es ihr "den Boden unter den Füßen weggerissen" habe, als sie von den Vorwürfen gegen ihren Mann erfuhr. Er hätte ihr gegenüber aber beteuert, dass da nichts dran sei. Deshalb halte sie zu ihm: "Ich habe doch kein Monster geheiratet."