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Kein Besucherrekord, aber doch viele Interessierte am Denkmaltag / Gedenkstein für Joachim Wagner eingeweiht Kirche Karow: Im Spendensäckel sind über 700 Euro

Von Sigrun Tausche 11.09.2013, 03:17

Hier ist noch sehr viel zu tun - das ist das Erste, was die Besucher der Karower Kirche sehen. Aber sie sehen auch, wieviel bereits geschafft wurde, dass also Spenden hier gut eingesetzt werden. So war auch diesmal beim "Tag des offenen Denkmals" die Spendenkasse wieder gut gefüllt.

Karow l Ein bisschen traurig schauten etliche Mitglieder des Fördervereins Barockkirche Karow: "Kein Vergleich mit der 300-Jahrfeier", kommentierten sie die Besucherzahlen. Helmut Müller, stellvertretender Vereinsvorsitzender, sieht das eher positiv: "Natürlich, denn da waren so viele hier - die kommen nun nicht ständig wieder!"

Und so schlecht war die Bilanz am Ende gar nicht, ganz im Gegenteil: 185 Besucher, ohne Kinder, hatten sich in die Liste eingetragen, und über 700 Euro wurden gespendet!

Für den nächsten großen Sanierungsabschnitt, die Außenfassaden des Kirchenschiffs samt Fenstern und Türen, ist insgesamt auch schon eine Menge Geld beisammen, freut sich Helmut Müller. Er hofft zwar noch auf eine weitere größere Summe, aber angefangen werden soll auf jeden Fall noch in diesem Jahr.

Neben der Eingangstür an der bereits fertig sanierten Turmwand steht seit dem Wochenende ein Stein mit Granittafel, mit dem an den Orgelbaumeister Joachim Wagner erinnert wird, der 13. April 1690 in Karow geboren ist. Gerade noch rechtzeitig vorm Denkmaltag wurde der Stein fertig, und zur Überraschung der Mitglieder des Fördervereins teilte ihnen Steinmetzmeister René Sachs mit, dass er die Leistung sponsert, berichtete Helmut Müller. Der Kostenvoranschlag habe bei 300 Euro plus Anbringen der Tafel gelegen.

Bedeutendster Orgelbauer der Barockzeit in Preußen

Über den Orgelbaumeister Joachim Wagner hat Helmut Müller einige Informationen zusammengestellt: Seine Eltern waren der Pfarrer Christoph Wagner und dessen Frau Anna Dorothea Tiefenbach, sein Lehrmeister der Magdeburger Orgelbauer Christoph Treutmann I (1673-1757). Geprägt worden ist Wagner durch die mitteldeutsche Orgelbautradition. Er war darüber hinaus zwei Jahre lang als Geselle bei Gottfried Silbermann in Freiberg tätig. 1723 vollendete er in der Berliner Marienkirche sein Meisterstück, das bereits 1721 durch Johann Porst eingeweiht worden war.

Joachim Wagner wurde fortan der mit Abstand bedeutendste Orgelbauer der Barockzeit in Preußen. In seiner Berliner Werkstatt entstanden Instrumente, die mitteldeutsche und norddeutsche Elemente miteinander verbanden und fortentwickelten.

Zu den klanglichen Besonderheiten gehören die kräftige Intonation, das gut besetzte Pedal, terzhaltige Mixturen und die in einigen Instrumenten gebauten Manualtransmissionen. Im Laufe seines Lebens erbaute er über fünfzig individuell gestaltete Orgeln, so dass auch unter den einmanualigen Instrumenten keines dem anderen vollkommen gleicht.

Sein Wirkungsbereich erstreckte sich neben den Residenzstädten Berlin und Potsdam auf die gesamte Mark Brandenburg einschließlich Altmark und Neumark, auf Pommern, das Herzogtum Magdeburg und Norwegen. Das größte Werk errichtete er 1724 bis 1726 mit 50 Registern auf drei Manualen in der Berliner Garnisonkirche.

Die durch Wagner begründete Tradition wurde durch seine Schüler und Mitarbeiter Peter Migendt (um 1703-1767), Ernst Marx (1728-1799) und Gottlieb Scholtze (um 1713-1782), außerhalb der Mark Brandenburg durch Heinrich Andreas Contius (1708-1795) fortgeführt. Durch Brände, mangelnde Pflege, dem musikalischen Zeitgeist des 19. Jahrhunderts folgende Umbauten und durch die Folgen des Zweiten Weltkriegs sind von Wagner nur noch 15 Instrumente mit mehr oder weniger großem Originalbestand sowie zehn weitere Gehäuse erhalten geblieben.

Wagner-Orgeln findet man in Brandenburg (Dom), Sternhagen, Jüterbog, Pritzerbe Rühstädt , Schönwalde bei Nauen, Treuenbrietzen, Trondheim (Dom), Wusterhausen, Bötzow, Angermünde (St. Marien), Wartin, Siedlce (Polen), Warschau (St. Benon) und Felchow.

Joachim Wagner starb am 23. Mai 1749 in Salzwedel.