"Viele Apfelsorten sind heute gar nicht mehr bekannt"

Genthin (mfe) l Ein Tag im Zeichen der Apfelbestimmung. Apfelexperte Sigurd Schossig stand den zahlreichen Besuchern der Genthiner Baumschule am Sonnabend Rede und Antwort. Schossig ist Pomologe, wie das lateinische Wort für den Apfelkundler lautet. Der 81-Jährige ist ein anerkannter Experte auf seinem Gebiet. Kein Wunder, beschäftigt sich Schossig doch seit fast 60 Jahren mit seinem Metier.

Aus diesem Grund hat der Biederitzer Experte auf fast jede Frage rund um das beliebte Baumobst eine Antwort. Er kann unter anderem Andrea und Andreas Kohnert aus der Altmark weiterhelfen, die nach einem MacIntosh-Apfel suchen. "Anfang der 90er Jahre wurden die Bäume in unserer Gegend abgeholzt", sagt Andreas Kohnert. "Nur die Nachbarin habe noch einen Baum." Schossig kennt den Apfel und empfiehlt den Kohnerts, eine Sprosse vom Baum zu schneiden und diese in die Baumschule zu bringen, dort werde dieser mit einer anderen Sorte veredelt und im Herbst könne die Pflanze eingesetzt werden. "Das ist ein Verfahren zur Erhaltung alter Sorten", sagt Schossig.

Eine andere Besucherin möchte Apfelkerne aussäen. "Das ist schwierig", meint Schossig. Denn Äpfel müssten fremdbestäubt werden, wenn sie Früchte tragen sollen. Ansonsten würden die Früchte nicht identisch mit der Mutterpflanze sein. Auch ganz einfache Fragen wurden an den Experten herangetragen. "Welchen Apfel empfehlen Sie für einen Apfelkuchen?", wollte ein Besucher wissen. "Den Boskoop, er ist dafür typisch", meint Schossig. Während seiner Beratungen wurde deutlich, warum der 81-Jährige immer noch ein so gefragter Gesprächspartner ist. Kompetent und leicht verständlich wusste er die Fragen zu beantworten. "Viele Apfelsorten sind heute gar nicht mehr bekannt", meint er. Jeder kenne einen Golden Delicious, weil er überall verkauft werde. "Einen rheinischen Bohnapfel kennt kaum jemand", schmunzelt er. Schossig selbst hat die Namen und Fakten von mehr als 400 Apfelsorten im Kopf.

Derzeit ist er manchmal viermal die Woche an unterschiedlichen Orten zur Apfelbestimmung unterwegs. "Meine Frau hat mir schon die gelbe Karte gezeigt", muss Schossig zugeben. Aber kaum jemand weiß so viel über Gala, Topaz und Shampion wie der 81-Jährige. Deshalb macht er weiter mit der Apfelberatung. Einmal im Jahr auch in der Genthiner Baumschule "Nächstes Jahr kommen Sie wieder zu uns", meinen die Mitarbeiter in Richtung des Experten.