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Altes Güllesilo in der Feldflur soll als Zwischenlager für Gärreste aus Biogasanlage genutzt werden Deersheimer wollen keine 40-Tonner im Ort

Von Mario Heinicke 18.08.2014, 03:28

In der Deersheimer Feldflur soll eine frühere Güllesilo-Anlage reaktiviert werden. Einwohner und Ortschaftsrat haben im Prinzip nichts dagegen. Aber sie wollen verhindern, dass 40-Tonner-Lkw dazu durch den Ort rollen.

Deersheim l Es geht nicht um Gülle, sondern um geruchslose Gärreste aus der Biogasanlage Remlingen, die hier in den Monaten Oktober, November, Januar und Februar zwischengelagert werden sollen. Das sind die Monate, in denen die Bauern diesen Dünger nicht auf die Felder bringen können. Geplant sind etwa 100 Touren mit den schweren Lkw, also durchschnittlich eine Tour pro Tag. Das erläuterte Peter Ebert den Deersheimer Abgeordneten sowie den rund 30 Einwohnern auf einer Ratssitzung.

Ebert ist Geschäftsführer der Biogasanlage Remlingen (Landkreis Wolfenbüttel), einem Betrieb in "landwirtschaftlichen Händen", wie er betonte. Dieser benötigt für jene Monate nun ein zusätzliches Zwischenlager. Nach seinen Worten habe der Betrieb die beiden alten Deersheimer Güllesilos vom örtlichen Bio-Geflügelhof erworben - mit einer Rücktrittsklausel. "Wir haben die Baugenehmigung erhalten, mit der Empfehlung, nicht durch den Ort zu fahren." Und das ist das Problem.

Kurz nach der Wende sind die beiden Silos mit jeweils 2000 Kubikmetern Volumen gebaut worden, noch vom alten Linienzuchtbetrieb für Legehennen, wie Biohof-Geschäftsführerin Dr. Ute Knust berichtete. Damals habe es eine andere Entmistungsmethode als heute gegeben. Nur bis Mitte der 1990er Jahre wurden die beiden Silos genutzt und stehen nun leer.

Vom nördlichen Dorfrand führt eine Betonstraße geradewegs zu den Silos. Allerdings hat die kleine, unscheinbare Aue-Brücke eine Tonnagebegrenzung von nur noch sechs Tonnen. Deshalb fahren schon die Bauern, die auf ihre Äcker wollen, einen Umweg durchs Dorf und damit die Straßen Bergkeller und Brücktor. Darüber ärgern sich die Anwohner angesichts von bereits aufgetretenen Schäden.

Einen dritten Zufahrtsweg gibt es über die Kreisstraße nach Dardesheim. Dieser wird in der Baugenehmigung empfohlen. Peter Ebert würde sich auch grundsätzlich daran halten wollen. Aber mit der Ausnahme, falls Schnee und Eis liegen. Dafür bittet er um Zustimmung, dass dann die Straße durchs Dorf genutzt werden kann.

Federführend bei der Baugenehmigung ist die Harzer Kreisverwaltung. Ordnungsamtsleiter Rüdiger Brandt berichtete, dass im Frühjahr die Stadt Osterwieck um eine Stellungnahme gebeten worden war. Nach Rücksprache mit dem Ortschaftsrat seien dort die Bedenken zur Zufahrt hineinformuliert worden.

Brandt, der selbst Deersheimer ist, gab drei Lösungsmöglichkeiten für den Betrieb vor: Den Feldweg aus Dardesheimer Richtung ertüchtigen, die Straße am Brücktor ausbauen oder die Aue-Brücke instandsetzen.

"Das Problem der Zufahrt ist erst im Zuge des Genehmigungsverfahrens bekannt geworden", erklärte Peter Ebert. Er betonte, dass sein Betrieb keine öffentliche Straße oder Brücke ausbauen werde. "Für das Geld könnte ich an anderer Stelle fünf Behälter bauen." Er wäre aber bereit, sich am Ausbau des Wirtschaftsweges, gemeinsam mit den anderen landwirtschaftlichen Nutzern, zu beteiligen.

Manfred Mehlhorn meldete sich nach den Erläuterungen als erster von den Ortschaftsratsmitgliedern zu Wort. Er befürchtet, dass eine Ausnahme, den Bergkeller im Winter zu nutzen, schnell zur Gewohnheit werden könnte.

Steffen Junghans, selbst Landwirt, sieht indes die Kommune in der Verantwortung, die Aue-Brücke zu sanieren. "Wir Landwirte sind gute Steuerzahler und haben das Recht, eine vernünftige Zuwegung zu haben."

Rüdiger Brandt warf allerdings ein, dass vor 20 Jahren die Feldwege mit 90-prozentiger Förderung ausgebaut werden sollten. Die Landwirte hätten sich seinerzeit geweigert, ihren Eigenanteil zu bringen.

Der Abgeordnete Reinhold Eichloff schlug vor, zu untersuchen, ob die kleine Aue-Brücke vielleicht für wenig Geld stabilisiert werden könnte.

Auch die Einwohner konnte sich auf der Ratssitzung zu Wort melden. Gerhard Huth bezweifelte, ob die alte Betonstraße zu den Silos 40-Tonner aushält. Hinzu kämen zwei heftige Anstiege auf der Strecke. Er schlug vor, einen neuen Weg entlang der alten Kleinbahntrasse zu bauen.

Holger Schied stellte fest, dass es letztendlich eine Ermessensfrage der Kraftfahrer sei, welche Zufahrt sie nehmen. Was bleibe aber letztendlich für die Deersheimer übrig außer Geruchsbelästigung sowie Schäden an Häusern und Straßen? Biohof-Chefin Knust stellte eine vierstellige Summe des Betriebes für den geplanten Deersheimer Dorfladen in Aussicht.

Befürchtungen wurden laut, dass statt der angekündigten Gärreste doch Gülle angefahren werde. Das sei jedoch ausgeschlossen, erklärte Brandt. Dann könnte die Anlage vom Amt geschlossen werden.

Tobias Sallie erinnerte daran, dass es in Richtung Berßel noch ein drittes altes Silo gebe, ohne diese Zufahrtsprobleme. Das sei jedoch zu klein, wurde ihm erklärt.

Zu einer Auseinandersetzung kam es abschließend noch zwischen Peter Ebert und Rüdiger Brandt hinsichtlich der Verbindlichkeit, mit der die Zufahrt aus Dardesheimer Richtung in der Baugenehmigung formuliert ist. Ebert wertete sie als Empfehlung, Brandt als einzuhaltende Auflage. Das soll jetzt mit der Kreisverwaltung geklärt werden.

Dem Amtsleiter gelang es aber mit Versammlungsleiterin Gertraud Wolff und Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ, dass die Sitzung insgesamt sachlich geblieben ist.