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Frank Eidner und seine Frau Gisela haben sich ein Paradies in den Bäumen geschaffen Von West nach Ost: Umzug ins Glück

Von Christina Stapel 29.05.2012, 03:43

Das Ehepaar Eidner lebt seit wenigen Monaten in Halberstadt. Hier wollen die Wolfenbüttler ihren Lebensabend verbringen. Der Volksstimme erzählten sie, was sie zum Umzug in "den Osten" bewog.

Halberstadt l "Welcome Friends" steht auf der grünen Trittmatte, die vor der Haustür der Eidners liegt. "Welcome Friends", was auf deutsch so viel heißt wie "Willkommen Freunde", lautet auch das Motto des Ehepaars. Seit dem 17. Januar sind sie wohnhaft in Halberstadt, und Freunde aus ihrer westdeutschen Heimat haben sie hier schon oft willkommen geheißen.

In ihrer Wohnung mit einer riesigen Dachterrasse haben es sich die Eheleute gemütlich gemacht. Ringsherum bieten die Bäume einen malerischen Ausblick dessen Glanzpunkte die Türme des Doms und der Liebfrauenkirche bilden. "Wir haben hier ein Paradies", sagt Gisela Eidner zufrieden und ergänzt: "Ein Paradies in den Bäumen." Nach mehr als 50 Jahren in Westdeutschland sind die beiden in den Osten gezogen, nach Halberstadt. "Sie ziehen vom Westen in den Osten?", hatte mich die Frau in der Stadtverwaltung ganz verwundert gefragt, als ich uns angemeldet habe", erinnert sich Gisela Eidner mit einem Schmunzeln. Doch so unbekannt ist den beiden fröhlichen Senioren die Domstadt gar nicht. "Seit 1990 habe ich in Halberstadt beruflich zu tun. Ich war hier der erste Steuerberater", erläutert der 74-Jährige. Seine Arbeit habe er geliebt.

"Damals, nach der Wende haben viele Ostdeutsche den Westdeutschen bedingungslos vertraut", erzählt Eidner. Zum Beispiel habe eine Firma einen Großauftrag für einen Supermarkt in Frankfurt am Main angenommen. "Ohne Bürgschaft, ohne Absicherung. Das ging natürlich daneben", so der pensionierte Steuerberater. "Es herrschte eine Gutgläubigkeit gegenüber dem Westen, was häufig ausgenutzt wurde."

"2007 habe ich in Halberstadt meinen Abschied aus dem Arbeitsleben gefeiert. Das war damals sehr herzlich", erinnert sich der fröhliche Rentner. Halberstadt habe ihm schon immer imponiert. "Schiller, Lessing, Klopstock - alle waren in Halberstadt. Der erste Weihnachtsbaum, der auf einem öffentlichen Platz aufgestellt wurde, stand in Halberstadt." Aber es sind viel mehr als die geschichtlichen Fakten, die das Ehepaar zu einem Umzug in die Domstadt bewegt haben. "Halberstadt ist eine schöne Kleinstadt. Die Stadt verfügt über eine Reihe von interessanten Bauten. Der Dom, das Käthe-Kollwitz-Gymnasium sind da nur Beispiele", sagt Eidner.

Über 45 Jahre hat das Ehepaar in Wolfenbüttel gelebt. Hier haben sie sich einen festen Freundeskreis aufgebaut. Aber in Wolfenbüttel haben sie einiges vermisst, was die Domstadt an der Holtemme bieten kann. "Zum Beispiel der Breite Weg, da gibt es Bäume, da gibt es Pflanzen. Wenn man in Wolfenbüttel auf der Herzogstraße ist, sieht man kein grünes Blatt", stellt der Neu-Halberstädter fest.

Es gibt aber auch Dinge, die dem Ehepaar in der Domstadt nicht gefallen. "Die Radwege sind nicht besonders gut ausgebaut. Ein zweiter Punkt ist die Straßenbahn. Die Stadt muss jährlich 800 000 Euro zuschießen. Wenn ich die Bahn an mir vorbeifahren sehe, sitzen meistens nur ein oder zwei Personen drinnen", sagt er. Eidners Meinung zufolge sollte überlegt werden, ob dieses Geld nicht in Kindergärten oder für eine bessere Betreuung von Senioren verwendet werden sollte.

Von ihren Freunden und auch von ihren Töchtern erntete das Ehepaar skeptische Kommentare, als es von den Umzugsplänen erzählte. "Aber wenn sie uns besuchen, sind sie positiv überrascht." Und so hatten die beiden Ruheständler einige Gäste in den vergangenen Wochen. "Jetzt im Sommer möchten wir erst einmal zur Ruhe kommen", sagt die 69-Jährige. Wohl fühlen sie sich hier allemal.

"Wir sind Mitglieder im Reitverein Eilenstedt und viel mit dem Rad unterwegs", fasst Gisela Eidner zusammen. Klein Quenstedt, Aspenstedt und Langenstein - die umliegenden Dörfer haben die Eheleute längst mit dem Rad erkundet. "Wir wollen hier unseren Lebensabend verbringen", sagen beide wie aus einem Mund. Die Verwunderung über den Umzug von West nach Ost kann Frank Eidner nicht verstehen. "Wo wir in Halberstadt hinkommen, werden wir freundlich und zuvorkommend behandelt. Das gilt vor allem für den Einzelhandel. So viel nette Verkäuferinnen wie in Halberstadt, haben wir in Niedersachsen nicht vorgefunden."

Das Ehepaar feiert im kommenden Jahr seine Goldene Hochzeit. "Oben in den Spiegelsbergen. Gibt es etwas Schöneres als den Anblick über die Stadt?", fragt Gisela Eidner. Die Gäste aus Wolfenbüttel könnten "Am Sommerbad" unterkommen und die Kinder die Badeanstalt des "Sealands" nutzen. "Besser geht es gar nicht", sagt Frank Eidner und lacht dabei.