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Stadträte sehen gesamtes Projekt in Gefahr Dem Domforum läuft jetzt die Zeit davon

Von Sabine Scholz 27.06.2012, 05:18

Dem Domforum läuft die Zeit davon. Ruft die Stadt nicht bis zum 30. Juni Landeszuschüsse ab, verfällt das Geld. Weil sie das befürchten, machen einige Stadträte jetzt Druck.

Halberstadt l "Die Wirtschaftsministerin würde sich über rund 1,5 Millionen Euro zur freien Verfügung sicher freuen. Für uns wäre es eine fatale Entwicklung", sagt Ulrich Kasten. Der Abgeordnete der Linksfraktion im Stadtrat war lange Jahre Landtagsabgeordneter, er kennt die Verfahrensweisen im Land. "In unserem Fall ist es so, dass das Land ja schon seit 2008 Mittel bereit hält, um den Bau des Domforums zu unterstützen. Zwar sind es mittlerweile nicht mehr 90 Prozent der Baukosten, aber immer noch 60 Prozent. Wenn wir aber bis 30. Juni das Geld nicht abfordern, müssen wir einen komplett neuen Antrag stellen - und bekommen maximal vielleicht noch 45 oder gar nur 35 Prozent an Zuschuss", sagt Kasten. "Dann können wir das Projekt in den Wind schreiben. Dabei ist es so wichtig für die Stadt." Deshalb hat der Halberstädter am 7. Mai einen Brief an den Oberbürgermeister geschrieben, der von seiner Fraktion mitgetragen wird. "Bis heute habe ich keine Antwort", sagt Kasten.

Das stimme so nicht, erwidert Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke) gegenüber der Volksstimme. Er habe die Fragen, die in dem Brief aufgeworfen werden, in einem Gespräch mit den Fraktionschefs besprochen. "Während einer Sondersitzung aller Fraktionsvorsitzenden am 7. Juni", sagt Henke. Er habe seitens der Verwaltung das Thema Domforum auf die Tagesordnung gesetzt, damit die Fraktionen intern beraten können. "Mit Blick auf die Haushaltskonsolidierung habe ich die Fraktionen gebeten, sich bis zur Hauptausschuss-Sitzung am 28. Juni eine Meinung zu erarbeiten."

Ihm sei nicht bekannt, dass die Fördermittel verfallen, wenn die Stadt diese nicht bis 30. Juni abruft, so Henke weiter. Allerdings habe das Land die Stadt gebeten, "bis zum 30. Juni eine Stellungnahme darüber abzugeben, ob an dem Thema Domforum unter den veränderten Bedingungen weiter gearbeitet wird". Wie diese Stellungnahme aussieht, hänge von der Entscheidung im Hauptausschuss ab.

"Wenn wir aber bis 30. Juni das Geld nicht abfordern, müssen wir einen komplett neuen Antrag stellen - und bekommen maximal vielleicht noch 45 oder gar nur 35 Prozent an Zuschuss."

Stadtrat Ulrich Kasten

Bislang beruht das Finanzierungskonzept auf einem Zuschuss von 90 Prozent. Die Stadt würde demnach nichts zahlen, da die evangelische Kirche die zehn Prozent Eigenanteil der Stadt übernimmt. So ist es vertraglich geregelt. Zahlt das Land nun nur noch 60 Prozent, "würde der Eigenanteil der Stadt von Null auf 780 000 Euro steigen", erklärt Henke. Doch die Finanzkrise ist lange her, das Land hat drastische Änderungen an seiner Förderpolitik vorgenommen. Dennoch hält die Stadt an der vor Jahren gegebenen mündlichen Zusage des Landes fest. Henke begründet das zudem damit, dass eine andere Kommune "gerade kürzlich eine derartige Förderung von 90 Prozent bekommen hat". Die Gefahr, dass es bei noch längerem Warten bald noch weniger Geld vom Land gibt, sieht die Verwaltung offenbar nicht.

Die Investitionspau- schale für den Eigenanteil zu nutzen, sei generell möglich, sagt Henke, aber nicht zurzeit. Wegen der Haushaltskonsolidierung und weil Pflichtaufgaben nicht abgearbeitet seien. Henke nennt als Beispiele die Diesterwegschule, die Sporthalle Spiegelschule, den Breiten Weg, den Straßenausbau in der Justus-von-Liebig-Siedlung.

Die städtische Holding als Geldgeber mit ins Boot zu holen, sei zwar denkbar, aber in den nächsten Jahren nicht zu realisieren. Die Nosa müsse erst alle anderen Verbindlichkeiten ein Stück abarbeiten. Bahnhof, Hochschule und Petershof erforderten ebenso wie das Stadion eine Menge Geld. Die aktuellen Kreditlasten ließen keinen Spielraum.

Ob das Beharren auf dem 90-Prozent-Zuschuss es wert ist, das auf lange Sicht wichtige Projekt Domforum komplett zu gefährden - diese Frage beantwortet Henke mit "Ja. Insbesondere mit Blick auf die bereits gegebenen Antworten."