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20 Jahre Namensgebung für die Beendorfer Schule / Dreitägiges Projekt blickt in die Geschichte Schulstunde mit Beckers Enkel

Von Carina Bosse 03.06.2014, 03:22

Schwer vorstellbar ist für die Kinder von heute eine Welt ohne Computer und Spielkonsolen. Dabei gab es vor 100 Jahren keine Langeweile unter den Kindern. Die Grundschule Beendorf schlüpfte anlässlich ihres 20. Namenstages in die Geschichte.

Beendorf l Es ist ziemlich genau 20 Jahre her, dass der Beendorfer Grundschule der Name "Bernhard Becker" verliehen wurde. Doch wer war eigentlich Bernhard Becker, dass er es verdient hat, als Namenspatron für eine Schule zu dienen? Wie war das eigentlich früher, als Bernhard Becker, er lebte von 1879 bis 1961, Lehrer in Beendorf war?

Diesen und weiteren Fragen gingen die Beendorfer Grundschüler im Rahmen eines dreitägigen Projektes nach.

Für eine Schulstunde von damals konnten die Mädchen und Jungen sogar Besuch aus der Becker-Familie begrüßen. Lorenz Becker, ein Enkel des Namensgebers, war mit seiner Frau Angela in die Schule gekommen.

Er erinnert sich noch gut an seinen Großvater, wusste zu berichten, dass er und seine Geschwister bei den Großeltern stets willkommen und verwöhnt waren.

"Dieser Ort hier ist für mich ein ganz besonderer", erzählte Lorenz Becker, der die Kinder in eine Zeit entführte, als er selbst zur Schule gegangen war.

Er schlüpfte vor den Augen der Kinder in die Robe der damaligen Lehrer: über dem kurzärmeligen Unterhemd wurde ein Stehkragen gezogen, denn ein richtiges Hemd sei viel zu teuer gewesen. Darüber kamen der Vatermörder, also die Krawatte und eine die Weste sowie der sogenannte Gehrock. Auch die Manschetten deuteten lediglich ein Hemd an. Üblich war eine Taschenuhr, die meist an einer Kette getragen wurde.

Die Schüler damals trugen Lederhosen und Stulpen, die Mädchen Kleider. "Hosen für die Mädchen waren undenkbar", erzählte Lorenz Becker. Viele Fragen hatte der 66-Jährige an diesem Vormittag zu beantworten.

Damals befand sich die Schule dort, wo heute die Begegnungsstätte Allertal im Ort zu finden ist. Von dort sei es nur ein Katzensprung gewesen, bis zur "Villa Pleite", so wurde die Wohnstätte seines Großvaters genannt. Lehrer waren einstmals nämlich nicht gut bezahlt. Familie Becker musste im Garten selbst Möhren, Kartoffeln, Spargel und andere Obst- und Gemüsesorten anbauen, erinnerte sich Lorenz Becker zurück.

Wie so eine Schulstunde in den holzgezimmerten Bänken aussah, das demonstrierte er mit Hilfe von Annett Roth und Karin Krebs. Die beiden Lehrerinnen schlüpften in die Rolle der Kinder von einst. Das kleine Schulzimmer nach altem Vorbild war eigens im Musikraum aufgestellt worden.

Dazu hatte Lorenz Becker sogar mitgebracht, was so ein Ranzen vor 100 Jahren beinhaltete. Schreibfeder, Tintenfass gehörten unbedingt dazu.

Der Unterschied zwischen dem Lernen von einst und jetzt wurde den Mädchen und Jungen sehr schnell deutlich. So mussten die Kinder einst beispielsweise auf dem Acker und im Garten helfen, um die Ernte einzubringen, Unkraut zu hacken, mussten beim Einkochen helfen oder beim Wäsche waschen.

Daneben lernten die Grundschüler von heute auch die Spiele damaliger Zeit kennen. Mit einer Peitsche einen Holzkreisel zum Tanzen bringen wurde bei Schulleiterin Ute Urban ebenso geübt wie das Basteln von Puppen aus Wolle. Lehrerin Bettina Brandt hatte einen alten Projektor und alte Märchenfilme mitgebracht, die sie den Kindern im Stationsbetrieb vorführte.

Für die Beendorfer Grundschüler war es eine Zeitreise 100 Jahr rückwärts, die sehr schnell deutlich machte, dass eine Kindheit ohne Computer und Gameboy durchaus spannend und aufregend verlaufen kann.