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Was wird aus dem Windenergievorhaben in Wegenstedt?

26.05.2011, 04:30

Dieser Leserbrief über die Windenergie in Wegenstedt von Wolfgang Eggers erreichte die Redaktion als offener Brief an die Calvörder Gemeinderäte.

Eigentlich wollte ich mich nach 26-jähriger Ratstätigkeit für die Gemeinde Calvörde aus der Kommunalpolitik heraushalten. Aber wenn der Gemeinderat dabei ist, unser Aller wirtschaftliche Zukunft zu verspielen, geht das jeden etwas an. Wirtschaftliche Entwicklung in unserer strukturschwachen Region heißt harte Arbeit - und, wenn ich sage harte Arbeit, dann weiß ich, wovon ich spreche, denn ich war viele Jahre im Land Sachsen-Anhalt für große Investitionsvorhaben verantwortlich und ich weiß daher,wie schwer es ist, Investitionen hier in unserer Region umzusetzen.

Rückblende: Der Wirtschafts- und Umweltausschuss der Gemeinde Calvörde hatte zur Sitzung am 1. März 2011 eingeladen. Als interessierter Bürger erläuterte ich auf dieser Sitzung die wirtschaftlichen Wertschöpfungsaussichten für eine Kommune durch Windenergieanlagen. Nach der Beratung stellte sich heraus, dass viele Ratsmitglieder für die Errichtung der Anlagen seien, obwohl die Gemeinde gegen den Genehmigungsbescheid klagt.

Neben den wirtschaftlichen Einnahmen, die sich aus der Errichtung der Windenergieanlagen ergeben - ich erwähne nur die Einnahmen aus Umsatz- und Lohnsteuer - sind in der Betriebsphase Gewerbesteuereinnahmen über die gesamte Laufzeit des Windparks zu erwarten. Nach unterschiedlichen Berechnungsansätzen werden in diesem Zeitraum voraussichtlich über drei Millionen Euro in die Gemeindekassen gespült. Weitere Leistungen stehen im Rahmen der Errichtung des Windparks durch Ertüchtigung der landwirtschaftlichen Wege, die zur Erschließung des Geländes dienen, auf der Habenseite. Unterstützungen für soziale Einrichtungen in den Kommunen sind seit Jahren zugesichert.

Viele Gemeinden reißen sich um die Errichtung von Windenergieanlagen bzw. wollen zu den vorhandenen weitere errichten. Andere Gemeinden bleiben aufgrund der Regelungen im Regionalen Entwicklungsplan aber von den Chancen aus der Windenergiegewinnung ausgeschlossen.

Insofern dachte ich, mein Beitrag im Rahmen des Ausschusses hätte den Rat bewogen, auf die unsinnige Klage endlich zu verzichten. Dieser Tage erfuhr ich bei Gesprächen mit Bürgern in Wegenstedt, dass dem beileibe nicht so sei. Im Gegenteil, weiterhin setzt der Bürgermeister Herr Schliephake auf Fortsetzung des Klageverfahrens, obwohl er anderen Bürgern gegenüber erklärte, dass man bei ihm mit der Errichtung der Windenergieanlagen offene Türen einrenne. Da fragt sich doch der normal denkende Mensch, insbesondere heute nach den bewegenden Vorkommnissen in Japan durch die Zerstörung des Atomkraftwerkes Fukushima oder in Erinnerung an den Super-GAU in Tschernobyl, ob mancher Amtsträger überhaupt seinen Kopf gebraucht.

Schon vor einigen Jahren hat die Gemeinde Wegenstedt gegen die Ausweisung des Windenergiegebietes geklagt und auf ganzer Linie verloren. Es ist einfach überflüssig, jetzt Naturschutzargumente vorzuschieben, um damit etwas gegen die Errichtung der Anlagen bewirken zu wollen. Ich rate, die wirtschaftlichen Möglichkeiten zu nutzen und nicht länger den Naturschutz gegen den Klimaschutz zu missbrauchen.

Nach den vielen Diskussionen hoffe ich, dass nun endlich der Gemeinderat seiner Verantwortung gerecht wird und nicht oberflächlich auf eine Wiederwahl schielt. Der Rat hat die Pflicht, Entscheidungen zum langfristigen Wohl der Gemeinde zu treffen - auch wenn die für einige Bürger mitunter unangenehm sein können.

Selbst wenn im Klageverfahren die Gemeinde vielleicht in der ersten oder zweiten Instanz siegen würde, bewirkt das gar nichts. Das Eignungsgebiet ist rechtgemäß ausgewiesen und hat Bestandsschutz. Über kurz oder lang wird in dem Eignungsgebiet ein Windpark stehen. Mit der Fortsetzung der Klage werden nur unsere Steuergelder völlig sinnlos verschwendet.

Es kann allerdings sein, dass sich der Rat irgendwann auf Grund der Verzögerungstaktik erheblichen Schadensersatzforderungen seitens der Investoren ausgesetzt sieht.

Wir Bürger werden immer mehr zu Kasse gebeten und dann sind unsere Calvörder Abgeordneten nicht in der Lage, Chancen zum Geldverdienen zu ergreifen? Womit will die Gemeinde zukünftig ihre Aufgaben finanzieren, (Schulspeisung, Kindergarten, Straßen, etc.), wenn man Einnahmen so leicht verspielt. Ich wünsche uns allen, dass es einige Abgeordnete gibt, die die Initiative ergreifen und die Klugheit besitzen, das anstehende gerichtliche Verfahren vorher zu beenden - zum Wohl aller und zur Zufriedenheit beider streitenden Seiten.

Wolfgang Eggers,

Calvörde