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Vereine im Landkreis Börde beklagen hohen Leerstand bei den Parzellen - Die Folgen: Extra-Kosten und Mehrarbeit Wenn der Garten einfach nicht an den Mann kommt

Von Mandy Ganske-Zapf 22.05.2012, 03:20

Die Kleingärtner im Landkreis Börde werden weniger. Die Vereine beklagen hohen Leerstand bei den Gärten, und wünschen sich nichts sehnlicher, als Nachwuchs zu gewinnen. Das aber will nicht so recht gelingen. Stattdessen haben die übrigen Gärtner mit den leeren Parzellen ihre liebe Mühe.

Dahlenwarsleben/LandkreisBörde l Peter Lange kann fast an jedem dritten Garten anhalten, wenn er ein Beispiel für den Leerstand der Parzellen in seinem Verein in Dahlenwarsleben finden will. Zumindest an dieser Ecke der Anlage zeigt sich der Leerstand besonders drastisch. Der Chef der Kleingartensparte "Bördegrund" ist selbst leidenschaftlicher Gärtner, aber muss mitansehen, wie immer mehr Datschen in seinem Bestand leer ziehen. Insgesamt 25 Gärten sind zu haben. Aber selbst mit Laube, Strom- und Wasseranschluss für 200 Euro zum Verkauf will kein Nachwuchs für den Verein anbeißen.

So geht es vielen Kleingartensparten im Landkreis Börde. Armin Bartz, Vorsitzender des Kreisverbandes Wolmirstedt, kann ein Lied davon singen. Seine Vereine in den Grenzen des Altkreises profitieren jedoch noch von der Nähe zu Magdeburg. Sein Kollege Dr. Walter Strauß, Vorsitzender des Kreisverbandes Börde-Ohre, in dem die Gartenvereine von Dodendorf, über Haldensleben bis Harbke zusammengeschlossen sind, hat es noch schwerer und allein mit mehr als einem Viertel Leerstand zu tun. Geschätzt sei der in den vergangenen fünf Jahren um 15 Prozent gestiegen, meint er.

Wer einen Garten hat, pflegt manches Nachbargrundstück mit

So bleibt die Arbeit in den leeren Parzellen an den übrigen Vereinsmitgliedern hängen. Im "Bördegrund" in Dahlenwarsleben wurden die Aufgaben verteilt - inzwischen fast allgemein üblich. Kerstin Treffkorn zum Beispiel pflegt neben ihrem Garten, den sie seit Ende März bewirtschaftet, die Hälfte des leer stehenden Nachbargrundstücks mit. "Schon im eigenen Interesse. Ich will ja nicht, dass das Unkraut hinüberwuchert", erklärt sie. Gärtnererfahrung hat die 35-Jährige schon mehr als zehn Jahre, denn ihre Mutter Anneliese Treffkorn ist seit vier Jahrzehnten im Grünen zugange und pflegt angebautes Gemüse und Obst. "Viele wissen nicht, dass eine Erdbeere besser schmeckt, wenn sie selbst geerntet ist", bedauert die 74-Jährige. Mit diesem Plus des Gartenlebens zu werben, reicht offenbar nicht. Das weiß Vereinschef Peter Lange, aber auch seine Kollegen aus anderen Gartensparten aus Wanzleben, Niederndodeleben, Groß Ammensleben oder Wolmirstedt.

"Die Älteren hören mit rund 75 Jahren auf zu gärtnern, und die jungen Leute wollen gar nicht anfangen, weil sie außerhalb Arbeit gefunden haben", erklärt Armin Bartz das Dilemma. Und das Durchschnittsalter der Kleingärtner in dem Gebiet, das er betreut, liege bei 61 Jahren. Elisabeth Oelze, Vorsitzende des Gartenvereins "Schnarsleben" in Niederndodeleben, blickt auf die Kehrseite dieser Medaille: "Sie können die älteren Menschen ja auch nicht einfach für die vielen zusätzlichen Arbeiten heranziehen. Die jungen Leute, die da sind, haben dagegen nur am Wochenende Zeit. Sie arbeiten ja."

Ein Bündel an Ideen haben die Kleingärtner im Kreis unterdessen schon gesammelt, wie die Probleme angegangen werden könnten. Flexible Pachtverträge sind ein Ansatzpunkt. Bislang zahlen die Gärtner ihre Umlagen so, dass sie für leere Grundstücke mit in die Pflicht genommen werden. Diese Politik auch von Seiten kommunaler Grundstückseigentümer kann Walter Strauß, der weiterhin im Präsidium des Landesverbandes der Kleingärtner engagiert ist, langsam nicht mehr verstehen: "Wir pflegen kostenlos diese Flächen, und müssen auch noch dafür bezahlen?" Es gebe Städte und Gemeinden, die bereits Pachtzahlungen erlassen, um Nutzer zu gewinnen, sieht Strauß Chancen ungenutzt. Weil unklar ist, ob der Landkreis als Kontrollorgan hoch verschuldeten Gemeinden in Zeiten des Spardiktats allgemein soviel Kulanz durchgehen ließe, erhoffen sich die Kleingärtner Hilfe von Landrat Hans Walker. Der hat sich die Probleme in Dahlenwarsleben von "Bördegrund"-Chef Lange erläutern lassen, gab dann aber zu bedenken: "Wenn sie eigentlich als Gemeinde sparen müssen und den Kleingärtnern etwas erlassen, dann kommen die anderen Vereine und fragen, warum es für sie nicht geht."

Kleingärtner erhoffen sich Schützenhilfe vom Landkreis

Außerdem sei es nun mal so, dass für solche Entscheidungen auch der Ermessensspielraum da sein müsse, sprich: das Geld. Er mache aber keinen Hehl daraus, dass die Probleme für die Kleingärtner noch drastischer würden. Es gehe darum, die Zukunft "gemeinsam mit den Kommunen konstruktiv zu gestalten", sagte Walker und versprach weiter in Kontakt zu bleiben. Die Kleingärtner erhoffen sich, dass langfristig vielleicht auch finanzielle Unterstützung durch den Kreis möglich wäre. Der Hintergrund: Nicht nur, dass Pachtzahlungen für leere Grundstücke auf alle Kleingärtner umgelegt werden müssen, weil die Verträge mit den Grundstückseigentümern - ob kommunal oder privat - es so vorsehen. Auch müssten sie Rasenmäher, Heckenscheren, Sensen und Kettensägen vorhalten, um der anfallenden Mehrarbeit Herr zu werden.

Dass sie selbst etwas tun können, um mehr Gärtner zu gewinnen, wissen sie aber auch. Es gehe darum, einen Mittelweg bei den Vorgaben durch das Bundeskleingartengesetz zu finden, wonach mindestens ein Drittel des Gartens bewirtschaftet werden muss. Denn viele Familien nutzen den Flecken Grün eher zur Naherholung als zum Bepflanzen und Ernten. Vereine müssten sich entscheiden, bis zu welchem Grad sie das dulden, meint etwa Bartz, macht aber klar: "Drei mal Grillen, und dann ist man verschwunden - so weit darf es nicht gehen."