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Eheleute aus Havelberg fühlen sich noch immer sehr wohl und geborgen in der Karl-Liebknecht-Straße 7 Dietzes leben seit 55 Jahren in der gleichen Wohnung

Von Wolfgang Masur 24.02.2012, 04:21

Havelberg l Der Volksmund sagt: Dreimal umgezogen ist wie einmal abgebrannt. Das können die Havelberger Eheleute Brigitte und Ortwin Dietze allerdings nicht von sich behaupten. Am 23. Februar 1957, also vor 55 Jahren, bezogen sie ihre Wohnung in der Havelberger Karl-Liebknecht-Straße 7. Und sie wohnen noch heute dort!

"Unsere Tochter Monika war zu diesem Zeitpunkt ein halbes Jahr alt. Die Hausnummern 6 bis 9 wurden damals für die Beschäftigten in der Ziegelei zur Verfügung gestellt und mein Ortwin war Schichtleiter im Ziegelwerk", blickt die 76-jährige Brigitte Dietze zurück. Zum Jahreswechsel 1951/1952 lernten sie sich im einstigen Gasthaus "Schmokenberg" kennen und bewohnten zunächst eine kleine Wohnung in der Havelstraße. Brigitte Dietze war als Köchin im Kindergarten in der Lindenstraße tätig. Als dann in der Ziegelei der Aushang für die Wohnungen in der Karl-Liebknecht Straße auftauchte, hielt sie ihren Ortwin dazu an, sich zu bewerben.

"Wir hatten Glück und bekamen eine Wohnungszuweisung. Das war zu dieser Zeit wie ein Sechser im Lotto, und da auch feststand, welche Wohnung unsere wird, waren wir schon beim Rohbau neugierig. Wir gingen oft auf die Baustelle und sahen uns unsere zukünftigen Räumlichkeiten an", erinnert sich Ortwin Dietze. Der 80-Jährige weiß auch noch von seinem schönen Garten, der sich genau gegenüber befand, wo heute die Wohnblöcke am sogenannten Dreieck stehen, zu erzählen. Kartoffeln und Gemüse wurden dort angebaut, um den schon schmalen Geldbeutel zu schonen.

"Als wir in die Wohnung einzogen, war sie noch sehr feucht, denn es war ja Winter. Ich zog mir immer ein paar Socken von meinem Mann über. Die Wände waren auch nicht tapeziert. Sie waren nur mit Farbe versehen, die mit einer Gummiwalze aufgetragen worden war. Später gab es dann fünf Mark Zuschuss pro Rolle Tapete. Und Ortwin machte Doppelschichten, weil wir uns Gardinen kaufen wollten. Die waren dann besonders hübsch", erinnert sich Brigitte Dietze.

Da es in der Oberstadt zu dieser Zeit noch keine Geschäfte gab, nur ein kleines in der Domherrnstraße 6, musste Brigitte Dietze oft mit dem Kinderwagen zur Stadtinsel runter fahren, um ihren Einkauf zu erledigen. Mit dem Aufhängen der Babywindeln und der restlichen Wäsche war das auch ein Problem. An einer Baubude, die in der Nähe stand, hatte sie ihre Wäscheleine befestigt. Die anderen Neubauten im Umfeld der Karl-Liebknecht Straße entstanden ja erst nach und nach und somit auch die Straßen in diesem Bereich. An das Einbringen der 80 Zentner Kohlen, die für den Winter benötigt wurden, denkt der Senior ungerne zurück, zumal er dafür extra Urlaub nehmen musste. "Auf dem Hof hatten wir zusätzlich noch große Holzmieten zu stehen. Jetzt sind wir froh, eine moderne Heizung in der Wohnung zu haben".

Die Ziegelei hatte später die Wohnungen an die Havelberger Wohnbau übergeben, die heute noch der Vermieter ist. Brigitte und Ortwin Dietze fühlen sich immer noch sehr wohl und geborgen in ihrer Neubauwohnung.

In der Nachbarschaft gibt es noch einige andere "Dauermieter", denn Christel Hohensee - sie kam damals aus Zwickau in die Domstadt - ist ebenfalls 1957 in der Karl-Liebknecht Straße eingezogen, und Anneliese Müller kam im August 1957 ebenfalls mit hinzu.