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Hobbyhistoriker Heinz Ulrich hat ein Buch über das Kriegsende in der Region verfasst "Als ich neun Jahre war, ist die Infanterie-Division vorbeigezogen"

24.08.2013, 01:12

In seinem Buch widmet sich Heinz Ulrich der Infanterie-Division "Potsdam". Sie zog 1945 durch den Staßfurter und Güstener Raum. Basierend auf Erlebnisberichten hat der Hobbyhistoriker aus Calbe die erste illustrierte Gesamtdarstellung der Geschichte der Division erstellt.

Von Daniela Apel und

Franziska Richter

Calbe/Staßfurt/Güsten l "Das soll dann das letzte Buch sein", bezieht sich Heinz Ulrich auf sein aktuelles Werk. Auf 140 Seiten widmet sich der Hobbyhistoriker der "Infanterie-Division ,Potsdam\'", die in der Militärliteratur nur am Rande Erwähnung fand. "Eine Gesamtdarstellung über die Geschichte dieser Division gibt es bislang nicht", weiß er.

"1945 habe ich die Division in Barby selbst kennengelernt, ich war gerade neun Jahre alt", sagt der Rentner heute. In unmittelbarer Nähe überquerte die 83. US-Infanterie-Division die Elbe und errichtete einen Brückenkopf. Junge Männer - ungenügend ausgebildet und schlecht ausgerüstet - sollten sich ihnen auf der anderen Uferseite in einem aussichtslosen Kampf gegenüberstellen. Viele dieser deutschen Soldaten starben. Seit 1991 gedenken alljährlich Veteranen der 12. Armee ihrer gefallenen Kameraden. 1998 erfuhr auch Heinz Ulrich von diesen Treffen in Walternienburg, an denen er fortan regelmäßig teilnahm. Daneben vertiefte sich der Diplom-Agraringenieur immer mehr in die tragische Thematik.

Über die Ende März und Anfang April 1945 im brandenburgischen Döberitz aufgestellte Division "Potsdam" recherchierte er zehn Jahre. "Ich habe bei den Treffen Verbindungen zu den ehemaligen Soldaten aufgenommen. Sie erzählten mir alles", erklärt Heinz Ulrich. Sein Buch besteht aus Augenzeugenberichten.

"Einige haben über ihren Einsatz von der Aufstellung bis zur Gefangenschaft Tagebuch geführt. So hat sich mein Bild über die Division immer mehr verdichtet." Zugleich betont er, dass das illustrierte Buch keine Heldentaten schildere, sondern die letzten Kriegstage aus Sicht der Angehörigen der nur 13 Tage bestehenden Division. Bereits am 20. April löste sie Oberst Erich Lorenz wieder auf. Über das Agieren der Division im Raum Staßfurt und Güsten konnte der Autor Details recherchieren: Am 8. April befanden sich die ersten Verbände auf dem Schienenweg in Richtung Harz. Zentraler Anlaufpunkt war der Bahnhof Güsten. Von hier aus wurden die Militärzüge zu ihren Bestimmungsbahnhöfen weitergeleitet. Nachdem der Harz von den Amerikanern eingekesselt war, sollte die 83. US-Infanterie-Division zur Elbe nach Barby vorstoßen, die Elbe überschreiten und auf dem Ostufer einen Brückenkopf bilden.

Am 11. April wurden die Städte Halberstadt und Wernigerode eingenommen. Danach erreichten die Amerikaner das Gebiet des heutigen Kreises Staßfurt.

Im Kreisgebiet gab es keinen deutschen Widerstand mehr. Der Volkssturm verließ beim Anrücken der Amerikaner die Panzersperren und begab sich zu den Familien. Das 1. Bataillon des 331. US-Infanterie-Regiments besetzte die Orte Cochstedt, Groß Börnecke, Löderburg, Förderstedt, Brumby und Calbe.

Das 2. Bataillon von 331. US-Regiment hatte als vorläufiges Ziel die Stadt Nienburg/Saale. Über Hecklingen und Staßfurt und dann über Neugattersleben erreichten die Amerikaner bei leichtem Widerstand Nienburg/Saale. Das 3. Bataillon besetzte am 12. April kampflos die Stadt Staßfurt. Ein wesentliches Ziel der Amerikaner war die "WIFO" (Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft) im Salzbergwerk Friederichshall.

Hier waren sogenannte Sparstoffe eingelagert. Zu diesem Zweck hatten die Amerikaner auch eigene CIC-Agenten in ihrer 9. Armee, um Ergebnisse und Stand der deutschen Atomforschung festzustellen.

Das 329-US-Regiment rückte ab 11. April von Halberstadt, Kroppenstedt, Atzendorf, Förderstedt, Gnadau, Pömmelte nach Barby. Hier stießen die Amerikaner auf ein Bataillon der Division "Potsdam", welches die Elbe zu verteidigen hatte. Es kam zum starken Gefecht, was auf beiden Seiten hohe Verluste verursachte.