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Einbahnstraßenregelung Durststrecke fordert erstes Opfer

Händler und Bürger laufen Sturm bei der Volksstimme. Sie kritisieren
unisono die Entscheidung aus dem Rathaus, wonach die Nicolaistraße zur
Einbahnstraße verändert wurde. Händler monieren Umsatzeinbußen im
vierstelligen Eurobereich.

Von Olaf Koch 10.12.2014, 02:15

Schönebeck l Zum Lachen zumute ist Torsten Jacob nicht. Ich sitzt gedankenversunken in seinem Café. Seitdem die Nicolaistraße zur Einbahnstraße verändert wurde und den Fahrzeugverkehr aus der Innenstadt hinausleitet, ist dem Konditor die Laufkundschaft ausgeblieben. Seitdem macht er Verlust. "Lange kann ich das nicht mehr ausgleichen, vielleicht noch ein viertel Jahr. Dann muss ich hier zumachen", gibt der Bäcker und Konditor zu bedenken.

Ähnlich formuliert es Unternehmer Peter Volz mit seinem Modegeschäft unweit des Rathauses. Auch er ist frustriert, vor allem aber wegen der Sturheit in der Stadtverwaltung. "Mit einigen Leuten kann man dort nicht sprechen, die sind nicht kompromissbereit", schimpft Volz. Auch er kündigt an: "Die nächste Gelegenheit eines anderen Jobs nehme ich an und mache zu."

Nicht viel besser geht es Unternehmerin Petra Wolff auf dem Marktplatz. Im Geschenkeladen ist Räumungsverkauf.

Schon jetzt, zu Beginn der großen Baustellen in der Altstadt, deutet sich eine Problematik an: Sobald Bagger, Rüttler und Bauarbeiter den Markt und die angrenzenden Straßen bevölkern - und nach Abschluss der Marktsanierung mit dem reduzierten Durchgangsverkehr -, dürfte sich die Situation für die Händler nicht verbessern. Vor ihnen legt eine lange Durststrecke. Ob alle das nächste Jahr durchhalten, darf bezweifelt werden.

Schon vor fünf Wochen hat auch Stadtrat Christian Jung auf die Problematik aufmerksam gemacht - und sich die Zähne an der Verwaltung ausgebissen: Entschieden ist entschieden, so die einfache Interpretation eines Briefes von Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) an Stadtrat Christian Jung. Das Schreiben liegt der Redaktion vor.

Gespräche im Vorfeld zwischen den Händlern und der Stadtverwaltung hat es nicht gegeben. Das soll eine Mitarbeiterin des Rathauses den Gewerbetreibenden nun auch vorwerfen, denn diese hätten ja schon bei der Auslegung der Unterlagen ihre Einwände vorbringen können. Ein mangelndes Interesse der Betreuung sehen die Händler ihrerseits bei der Wirtschaftsförderung. "Wir haben doch schon vor zwei Wochen um Hilfe und ein Gespräch gebeten. Passiert ist nichts", schäumt Peter Volz.

Auch Anwohner der Altstadt melden sich in aller Regelmäßigkeit bei der Volksstimme und kritisieren die derzeitige Verkehrsführung. So unter anderem Hans-Jürgen Schmidt. Er schreibt: "Eine Ampelregelung im Kreuzungsbereich Markt/Nicolaistraße ist sehr sinnvoll und würde vielen Autofahrern den Umweg über die Welsleber Brücke, Salzer und Söker Straße ersparen, gerade zum Feierabendverkehr. Ich weiß nicht, was daran so schwierig sein soll. Ebenso könnte man für die Bauzeit die Müllerstraße vorübergehend beidseitig freigeben, so wie es lange gewesen ist, um den Altstadtbewohnern unnötig lange Wege zu ersparen und somit auch den innerstädtischen Verkehr entlasten."

In den vergangenen vier Wochen hielten die Entscheidungsträger im Rathaus an ihrer Position fest. Jetzt, nachdem die Beschwerden massiv eintrudeln, will sich der Oberbürgermeister nochmals mit der Situation beschäftigen. In den nächsten Tagen soll das Ergebnis der erneuten Überlegungen vorliegen.

Mit einer Entschuldigung wandte sich vorgestern Sigrid Meyer, Geschäftsführerin der Städtischen Wohnungsbau GmbH (SWB), an die Volksstimme. Ihr Unternehmen bebaut derzeit das Eckgrundstück, die SWB ist der "Auslöser" für die Einbahnstraßenregelung. "Mir tut das alles in der Seele leid, was jetzt passiert", zeigt sich die Geschäftsführerin bedrückt. Sie hat die Idee einer Ampel, die es in den vergangenen Monaten an jener Stelle schon einmal gab, nochmals aufgegriffen und sich einen Kostenvoranschlag eingeholt: Die Ampel würde bis zum Ende des Neubaus rund 20000 Euro kosten. "Das ist zu viel. Das können wir uns nicht leisten", so Meyer.