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Berufe am internationalen Flughafen Magdeburg-Cochstedt vorgestellt - Heute: der Towerlotse Erst wenn der Lotse auf dem Flughafen-Tower seine Freigabe gibt, darf ein Flugzeug abheben

Von Olaf Koch 19.12.2011, 05:32

Wer zum Flughafen Magdeburg-Cochstedt kommt, will meist die Lieben in den Flieger setzen oder selbst abheben. Doch was genau machen diejenigen, die dafür sorgen, dass die Maschine mit Passagieren und Gepäck starten und landen kann? Wir stellen ihre Berufe vor. Heute: der Towerlotse.

Hecklingen l Der schöne Blick kann täuschen. Während der Fluglotse im Tower von seinem warmen und geschützten Arbeitsplatz an diesem Tag eine kilometerweite Aussicht in den Harz hat, weht außerhab der riesigen abgewinkelten Glasscheiben ein rauher Wind wie an der Nordsee. "Ja, wir haben im Moment etwa 40 Knoten", erklärt der Lotse. Das sind etwa 74 Stundenkilometer. Noch kein heftiger Orkan, aber doch schon ein anständiger Sturm, der der älteren Dame unten am Flughafengebäude das Kopftuch wegfliegen lässt.

Doch oben im Tower sind die Türen geschlossen, als punkt 10 Uhr der Fluglotse an diesem Sonntag seine Arbeit beginnt. Er kontrolliert die komplette Technik und meldet dann den Airport Magdeburg-Cochstedt mit seinem Luftraum - der sogenannten Kontrollzone - im zuständigen Kontrollzentrum in Bremen an. Von diesem Moment an erwacht der Platz zwischen Börde und Harz zum internationalen Verkehrsflughafen, von dem es nach München, Las Palmas und Hurghada in Ägypten geht und in Zukunft auch nach Ungarn, Mallorca und in die Türkei.

Tower meldet Wetterbedingung an die Piloten weiter

Doch bevor auch nur eine Maschine landen oder starten kann, muss der Lotse wissen, welches Wetter herrscht. Allein Wind und Sonnenschein reichen aber nicht aus, denn die Piloten benötigen mehr Informationen: unter anderem auch Windstärke und Windrichtung, den Luftdruck und die Sicht. Die Piloten fliegen nach unterschiedlichen Regeln - einmal nach den sogenannten Instrumentenflugregeln. Nach diesen Regeln sind die großen Ferienflieger unterwegs. Und zum anderen gibt es Piloten, die nach Sichtflugregeln fliegen. Das sind meist Kleinflugzeuge, die von Privatpiloten gesteuert werden.

Der Lotse ist dabei die Schnittstelle zwischen Luft und Boden. Er muss beobachten, koordinieren und anweisen. Der Fluglotse (oder auch die Fluglotsin) ist verantwortlich für die Sicherheit im Flugverkehr. Fluglotsen überwachen den Luftraum und leiten die Flugzeuge so, dass immer ein bestimmter Mindestabstand eingehalten wird. Im kontrollierten Luftraum darf kein Pilot Kursänderungen ohne die Zustimmung des Fluglotsen durchführen.

Beim Berufsbild des Fluglotsen unterscheidet man zwischen Centerlotsen und Towerlotsen.

Die Centerlotsen arbeiten in Deutschland in vier Kontrollzentren und überwachen dort An- und Abflüge sowie Flugverkehrs- strecken bestimmter Bereiche auf einem Radarschirm.

Der Fluglotse im Tower - so wie in Cochstedt - arbeitet mit direktem Sichtkontakt zu den Flugzeugen und sorgt für die Sicherheit bei Starts und Landungen. Da jeder Flughafen räumlich anders gestaltet ist, benötigt der Towerlotse für jeden Flughafen eine gesonderte Lizenz. Wer also in Cochstedt arbeitet, darf ohne eine entsprechende Lizenz nicht automatisch auf den Türmen in Leipzig, Altenburg oder sonstwo in Deutschland arbeiten.

Was muss ein Fluglotse können? "Der Beruf als Fluglotse erfordert starke Konzentrationsfähigkeit, ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen, fließende Englischkenntnisse für den Sprechfunk und die Bereitschaft zum Schichtdienst", so die Deutsche Flugsicherung (DFS), ein Ausbildungsträger für diesen Beruf in der Bundesrepublik. Andere sind beispielsweise die Tower Company oder Eurocontrol. Die Tower Company ist auch für die Flugsicherung am Airport Magdeburg-Cochstedt verantwortlich. Die Fluglotsen-Ausbildung besteht überall aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Wie lange sie dauert, hängt aber ganz vom Einsatzort ab. Sie kann bis zu drei Jahren betragen.

Maschine nach Hurghada informiert über Flugplan

Es ist 11.15 Uhr, als das Faxgerät auf dem Tower knattert. Die Maschine nach Hurghada setzt genau eine Stunde vor dem Start ihren Flugplan ab. Auf dem Vorfeld des Flughafens steht ein Airbus A319 der Gesellschaft Germania. Schon jetzt geben die Piloten ihre Flugroute durch, ihre Geschwindigkeiten und die voraussichtliche Ankunft in Ägypten. Der Fluglotse schreibt diese Informationen auf einen Kontrollstreifen.

Kurz nach 12 Uhr ist der Flug GM 5432 nach Hurghada fertig beladen, die Passagiere sind an Bord. Die Piloten erbitten beim Towerlotsen das Okay für das Anlassen der Triebwerke. Ihnen werden die aktuellen Wetterdaten gegeben, dann erfolgt die Rollfreigabe. Jetzt darf der Pilot bis zur Startbahn vorrollen. Die Uhr zeigt 12.11 Uhr, als der Towerlotse die Freigabe für den Take off gibt. Die Triebwerke des Airbusses heulen auf. Wie an einem losgelassenen Gummiband schießt die Maschine über die 2500 Meter lange und 45 Meter breite Startbahn. Sekunden später hebt das Flugzeug ab und verschwindet als kleiner dunkler Punkt im grauen Himmel über der Börde. Gut viereinhalb Stunden später wird der Flug im sonnigen Hurghada landen.