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Museumsleiter Uwe Lachmuth gibt einen Einblick in die Geschichte von St. Christophorus Die Stadtkirche in Egeln: Mehrfach zerstört, immer wieder aufgebaut

Von Nadja Bergling 15.02.2013, 01:18

Museumsleiter Uwe Lachmuth hat für die Volksstimme im Archiv der Stadt Egeln geblättert und dabei interessante Dinge über die Stadtkirche zusammengestellt. Bereits seit 1207 ist von der Kirche in der Stadtmitte die Rede. Das ist mehr als 800 Jahre her.

Egeln l Jeder, der auf Egeln zufährt, sieht die beiden Kirchturmspitzen der St.-Christophoruskirche. Die Stadtkirche erscheint erstmalig in einer Urkunde von 1207 und wird damals noch Marktkirche genannt. Bei der Belagerung der Stadt Egeln im Jahre 1267 wurde sie vollständig zerstört und 1270 von Grund auf neu errichtet. "Der Turmstumpf könnte noch aus dieser Zeit stammen", erklärt Museumsleiter Uwe Lachmuth, der im Archiv der Stadt viele interessante Dinge über die Kirche gefunden hat. Seit dieser Zeit wird sie St. Christophoruskirche (goddeshus sente Christofores) oder auch Stadtkirche genannt und ist nach der Gründung des Kloster Marienstuhl die einzige "Leutekirche" in Egeln. Stadtkirche wohl deshalb, weil die Edlen von Hadmersleben die Siedlung Egeln mit weiteren Marktagen und Stadtprivilegien ausstatteten. Der "Wasserheilige" St. Christophorus, wegen der vielen Bodeübergänge zum Schutzpatron der Stadt Egeln gewählt, wurde nun auch zum Patron der Hauptkirche. Zum Schutz vor Angriffen wurde die Stadt damals mit einer festen Mauer und zwei doppelten Stadttoren versehen. Der ursprüngliche "Alte Markt" lag nun vor den Toren und erhielt den Charakter eines Vordorfes. Im Mittelalter hatte die Stadtkirche neben dem Hauptaltar noch mehrere Nebenaltäre.

Einer davon ist der Altar St. Crucis, zu dessen Begabung 1330 die Brüder Werner und Otto (der Jüngere) von Hadmersleben zwei Hufen in Tarthun und eine Hufe in Egeln schenkten. 1345 stifteten Otto von Hadmersleben und seine beiden Söhne Otto und Gardun die Altäre St. Spiritus und St. Pauli, die sie ebenfalls reichlich begabten.

Im Jahre 1557 wurden der Turm erneuert und 1559 die Zwillingshelme aufgesetzt. Zwischen den Türmen befand sich früher noch ein Kerkerartiger Vorbau der zur Türmerwohnung gehörte. "Am Turmstumpf befinden sich auch noch zwei verwitterte Steintafeln auf denen man lesen konnte, dass 1557 Johannes Falke Pfarrer und Johannes Kesselhake Schulmeister in Egeln waren. Auf der anderen Tafel werden der Bürgermeister und Ratsherren (Radtmanne) genannt", erklärt Museumsleiter Uwe Lachmuth weiter.

Da das Kloster Marienstuhl auch nach der Reformation das Patronat über die evangelische Stadtkirche behalten hatte, kam es nach 1650 vermehrt zu Beschwerden an das Kloster wegen des baufälligen Zustands der Kirche. Im Jahre 1701 wurde die alte Kirche vollständig abgerissen und an den alten Turm ein Kirchenschiff im Stile eines Bürgerhauses angebaut. Von außen sieht dieses wie ein zweistöckiges Haus aus, im Inneren erscheinen die Fenster jedoch durchgängig, nur von der Empore unterbrochen. Zum Bau der Kirche verwendete man die Steine der Vorgangskirche und die des ehemaligen Wartturms auf dem Schneckenberg (stand ungefähr dort, wo heute der Wasserturm steht). Finanziert wurde der Kirchenbau vom Kloster und den 84 brauberechtigten Bürgern der Stadt Egeln, die jeder vier Taler hierzu einzahlen mussten. Außerdem wurden für den Neubau verschiedene Legate gestiftet.

Wie aus St. Spiritus wieder St. Christophorus wurde

Am 12. Januar 1703 konnte die Kirche nach zweijähriger Bauzeit eingeweiht werden und erhielt von nun an einen neuen Namen. Ob dies wohl geschah, um den katholischen Probst Christoph Jordan, dessen Namenspatron ja der heilige Christophorus war, zu ärgern? Trotz seines Protestes hieß die Kirche seitdem St. Spiritus. Die Egelner nannten sie einfach nur Stadtkirche. Aus der Vorgängerkirche wurden als Inneneinrichtung der alte gotische vergoldete Altar, die Kanzel von 1605 und der Taufstein von 1615 übernommen. Im Jahre 1712 stiftete die Witwe Katharina Corvinius 200 Taler für den heute noch vorhandenen Hauptaltar.

Besonders möchte Uwe Lachmuth noch auf den Taufstein hinweisen. Er trägt die Inschrift: "Johann Gvydon Bürger und Orgenis allhier von Orliencz bvertich (gebürtig) hat diese Tauf Gott zu Ehren und dieser Kirchen und Gemeinden verehrt." Vermutlich war dieser Johann Gvydon ein aus Frankreich vertriebener Hugenotte, von denen sich mehrere in dieser Zeit hier in der Region ansiedelten.

Doch warum heißt die Stadtkirche heute wieder St. Christophorus, obwohl sie bei ihrer zweiten Weihe im Jahre 1703 den Namen St. Spiritus erhielt? "Wie wir ja aus der Geschichte wissen, standen sich evangelische und katholische Christen nicht immer freundlich gegenüber. Erst in den Nöten des Zweiten Weltkrieges begannen sich die Pfarrer Strewe und Wedekind zu besuchen, um über wichtige Probleme in ihrer Heimatstadt zu beraten und sich gegen die Nationalsozialisten zu verbünden. Hieraus entstand nicht nur eine intensive Freundschaft zwischen den beiden Pfarrern, sondern beide Konfessionen arbeiteten von nun an, und insbesondere in der DDR-Zeit, zusammen und sahen wieder mehr das Gemeinsame statt das Trennende", kann Lachmuth dazu erklären.

Von 1995 bis 2005 wurde die Stadtkirche umfassend restauriert und wieder ein Anziehungspunkt für Gottesdienst- und Konzertbesucher.