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Fachgruppe für Ökologie und Faunistik wehrt sich gegen Vorwürfe: Naturschutz kann nicht der Sündenbock sein

Von Falk Rockmann 28.02.2011, 05:50

Dass der Naturschutz zum großen Teil als Sündenbock für die anhaltende Staunässe auf Feldern herhalten müsse, wie in zahlreichen Beiträgen zu diesem Thema dargestellt, dagegen wehrt sich jetzt die Fachgruppe Ökologie und Faunistik Staßfurt in einem Schreiben.

Staßfurt. "Diese Schuldzuweisungen entbehren vielfach jeglicher Grundlage", erklärt Dietmar Spitzenberg im Auftrag der Fachgruppe, deren Mitglieder sich seit nunmehr 35 Jahren für die Belange der Natur einsetzen. Vielmehr bliebe in einigen Berichten die Notwendigkeit einer intakten Vorflut unberücksichtigt.

Es sei durchaus lobenswert, wenn sich Landtagsabgeordnete für Betroffene einsetzen, so Spitzenberg. "Aber wenn uns die Natur die Grenzen unseres Handelns aufzeigt und sich dem Diktat des Menschen entzieht, sind natürlich diejenigen Schuld, die sich für den Erhalt der Natur einsetzen", meint er sarkastisch.

Der Naturschutz sei keinesfalls Schuld, dass wir im Wasser versinken. "Die Niederschlagswerte in diesem Winter sind nun einmal außergewöhnlich hoch. Für den Abfluss des Wassers sind jeweils die Unterhaltungspflichtigen zuständig. Diese sind aber von naturschutzrechtlichen Belangen grundsätzlich freigestellt, vor allem, wenn die Unterhaltung behördlich zugelassen oder angeordnet ist", stellt der Naturfreund ausdrücklich fest. Keine Naturschutzbehörde werde daher die ordnungsgemäße Unterhaltung von Anlagen, die dem Wasserabfluss dienen, untersagen.

"Eigentlich sollten das auch Landtagsabgeordnete wissen", so Spitzenberg, "Selbst das Bundesnaturschutzrecht erlaubt mit Paragraf 39 im Zeitraum von fünf Monaten sowohl die Beseitigung von Bäumen, Sträuchern und Heckenstrukturen, die möglicherweise einen Wasserabfluss behindern, als auch für die sich in den Vorflutern ansiedelnden Schilfbestände ohne separate Genehmigung."

So stelle sich wohl eher die Frage, was in dieser Zeit getan wurde. Sollte der Grund für die Sprachlosigkeit des in Borne ansässigen Unterhaltungsverbandes (Salzland-Kurier vom 19. Februar) vielleicht hier zu suchen sein, fragen sich die Mitglieder der Fachgruppe Ökologie und Faunistik. Ein Zeitraum von fünf Monaten dürfte für eine ordnungsgemäße Unterhaltung der Vorflut wohl ausreichen.

"Müssen wir davon ausgehen, dass Schilf plötzlich über Nacht in die Höhe sprießt?"

"Was wurde denn zum Beispiel in den letzten zehn Jahren am Hecklinger Beek für die gefahrlose Ableitung erhöhten Niederschlagswassers getan? Oder müssen wir davon ausgehen, dass Schilf über Nacht plötzlich in die Höhe sprießt?" fragt Dietmar Spitzenberg. "Wie groß wäre erst der Aufschrei, wenn ausgerechnet zur Brutzeit Büsche abgeschnitten oder Schilf beseitigt würden, Jungvögel dabei aus dem Nest geworfen werden und umkommen? Für Tierschützer sicher ein Horrorszenarium."

Für die Instandhaltung von Hochwasserschutzanlagen gelte jedenfalls eine generelle Freistellung. Das sei im Interesse des Gemeinwohl auch nur logisch.

"Vielleicht sollte man sich auf Grund der weltweiten Naturkatastrophen und der Zunahme extremer Witterungsereignisse einmal Gedanken darüber machen, wann der Mensch seine Abhängigkeit von der Natur einräumen und endlich von seiner Technik- und Geldgläubigkeit ablässt", gibt Dietmar Spitzenberg zu bedenken. "Die Situationen nehmen zu, in denen man sich auch mit noch soviel Geld den Naturereignissen nicht mehr erwehren kann. Hier einen konstruktiven Dialog anstatt Schuldzuweisungen zu führen und gemeinsam geeignete Maßnahmen zu entwickeln, ist sicher nicht nur hilfreicher, es trägt auch dem erforderlichen naturverträglichen Wirtschaften Rechnung. Nicht zuletzt, um die Lebensgrundlage für den Menschen und zukünftiger Generationen zu erhalten."