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Trotz intensiver Suche finden Arbeitgeber und Auszubildende nicht zueinander Was am Ende bleibt, ist Frust

23.08.2013, 01:17

Das neue Ausbildungsjahr hat bereits begonnen. Viele Jugendliche sind noch auf der Suche nach einer Lehrstelle - und viele Arbeitgeber suchen Lehrlinge. Trotzdem finden beide nicht zusammen.

Stendal l Günther Giemschsitzt vor einem jungen Mann, der dringend eine Lehrstelle sucht. "Im Handwerksbereich?" "Naja, körperlich wollte ich eigentlich nicht arbeiten", erklärt ihm der Jugendliche. "Aha, dann in der Gastronomie vielleicht?" "Hm, ja, schon eher", kommt die Antwort des Jugendlichen. "Macht Dir Schichtarbeit etwas aus? Arbeiten an Sonn- und Feiertagen?" "Naja, wenn es nicht zuviel wird, ist das okay", sagt der junge Mann.

"Qualität der Bewerbungen hat nachgelassen"

Gespräche wie diese hat Giemsch gestern oft geführt. Im Berufsinformationszentrum (BiZ) der Stendaler Arbeitsagentur herrschte reges Treiben. Es ist Last-Minute-Ausbildungsbörse. Sowohl jene, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, als auch Arbeitgeber auf der Suche nach Lehrlingen haben die Möglichkeit, "sich zu beschnuppern und herauszufinden, ob sie zueinander passen oder nicht", erklärte Olaf Lange, Geschäftsführer der Stendaler Arbeitsagentur.

Aus verschiedenen Branchen haben sich Unternehmen im BiZ eingefunden, "um vielleicht die eine oder andere vielversprechende Bewerbungsmappe mitzunehmen und Vorstellungsgespräche zu organisieren", erklärt Klaus Engels von einer Tangermünder Schiffsbaufirma.

Seit 2002 werden hier wieder Lehrlinge ausgebildet, "weil wir gemerkt haben, dass unser Betrieb hoffnungslos überaltert ist", so Engels. "Deswegen wollen wir unseren eigenen Nachwuchs ausbilden. Die Perspektiven stehen bei uns tatsächlich gut. Von einem Jahrgang haben wir sechs von acht Lehrlingen übernommen."

Dennoch, so sagt er weiter, sei es schwer, qualifizierten Nachwuchs zu finden. Die Qualität der Bewerbungen habe abgenommen, bemängelt er. Die Zeugnisse würden von Jahr zu Jahr schlechter und auch mit der Motivation der jungen Leute sei es nicht zum Besten bestellt. Sind die Arbeitgeber von heute vielleicht zu anspruchsvoll?

"Ansprüche der Arbeitgeber sind zu hoch"

Auf keinen Fall, findet Susanne Jödicke, Personalleiterin der Stendaler Landbäckerei. "Wir können nicht alle Ansprüche runterschrauben, denn es müssen ja im Berufsalltag die Anforderungen erfüllt werden. Wir unterstützen unsere Auszubildenden, wo es geht, organisieren auch Nachhilfe. Aber gewisse Voraussetzungen wie Aufgeschlossenheit und Engagement müssen sie schon mitbringen."

"Die Ansprüche der Arbeitgeber sind viel zu hoch", findet eine Mutter, die eine Lehrstelle für ihre Tochter sucht - und keine findet. Tierpflegerin habe diese werden wollen, aber keine Chance bekommen. "Wenn man heutzutage nicht hochstudiert ist oder ein reiches Elternhaus hat, dann hat man eben Pech", ist sie überzeugt.

Auch Pascal Sokolowski ist auf der Suche nach einer Lehrstelle, am liebsten im kaufmännischen Bereich. Bewerbungen hat er schon viele verschickt, "aber man bekommt ja nicht mal eine Antwort. Das ist total frustrierend", findet der 17-Jährige. "Da kann einem schon die Lust vergehen. Aber Motivation soll man mitbringen. Super!"

Und so werden sie wohl weiter miteinander ringen, die Jugendlichen und die Arbeitgeber. Während die einen an ihren Anforderungen festhalten, klammern sich die anderen an ihre Träume. "Das ist eben die derzeitige Situation", sagt Olaf Lange. "Es gibt so viele Lehrstellen, da haben die Jugendlichen die Qual der Wahl. Aber man muss sie auch auf den Boden der Realität zurückholen, denn nicht für alle ihre Träume sind sie geeignet."

Was am Ende dieses Konflikts bleibt, ist nicht nur ein großer Frust für alle Beteiligten, sondern vor allem ein Fachkräftemangel, obwohl genügend Nachwuchs da ist.