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Am Donnerstag beginnt Prozess gegen Stendaler wegen Menschenraub und Sexualstraftat Vorwurf: Geisel vergewaltigt

Von Wolfgang Biermann 10.06.2015, 01:24

Ein einschlägig vorbestrafter Stendaler soll im vergangenen Dezember in Berlin eine Frau als Geisel genommen und vergewaltigt haben. Am Donnerstag beginnt am Stendaler Landgericht der Prozess gegen den 26-Jährigen.

Stendal l Erpresserischer Menschenraub in Tateinheit mit Geiselnahme und Vergewaltigung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit werden einem mehrfach vorbestraften Stendaler zur Last gelegt. Am morgigen Donnerstag beginnt um 13.30 Uhr vor der 2. Großen Strafkammer am Landgericht Stendal ein Prozess um Anklagevorwürfe sondergleichen gegen den wegen ähnlicher Taten bereits vorbestraften 26-Jährigen.

Der in Gardelegen (Altmarkkreis Salzwedel) gebürtige Angeklagte soll sich im Dezember vorigen Jahres in Berlin einer ihm unbekannten jungen Frau bemächtigt, sie vergewaltigt, um Geld erpresst und nach Stendal und andernorts gebracht haben. Die Taten sollen sich zeitnah nach Verbüßung einer langjährigen Jugendstrafe und einer Suchttherapie in einer Entziehungsanstalt (Maßregelvollzug) ereignet haben.

Schon 2008 zu Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt

Wie aus einer Pressemitteilung des Landgerichts hervorgeht, könnte der Angeklagte im Zustand einer psychischen Störung gehandelt haben. Details zur Anklage wollte Gerichtssprecher Marc Lienau gestern mit Verweis auf die Anklageverlesung beim morgigen Prozessauftakt auf Nachfrage nicht nennen. Nur soviel: "Der Hauptteil der angeklagten Taten soll sich in Berlin ereignet haben." Laut Strafgesetzbuch steht im Regelfall sowohl auf erpresserischen Menschenraub als auch auf Geiselnahme eine Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren.

Zur Vorgeschichte: Am 29. Juli 2008 hatte die Jugendkammer des Landgerichts Stendal nach mehreren Prozesstagen den damals 19-Jährigen als Heranwachsenden mit gutachterlich bescheinigter "Reifeverzögerung" nach Jugendstrafrecht zu sechs Jahren Jugendstrafe wegen Entführung, Geiselnahme und besonders schwerer Vergewaltigung einer 17-jährigen Schülerin verurteilt. Außerdem sollte er dem Opfer 7000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Im Urteil hieß es, dass der Angeklagte nach "erheblich viel" Alkoholkonsum am Abend des 12. Februar 2008 "aus Langeweile" zum Bahnhof in Gardelegen gegangen sei. Die 17-Jährige sei zufällig sein Opfer geworden. "Es besteht kein Zweifel, dass der Angeklagte von Anfang an vorhatte, das Mädchen nach dem Kidnapping sexuell zu missbrauchen." Unter Vorhalt eines Messers habe er die Schülerin mit auf sein Zimmer im Jugendförderungszentrum Gardelegen gebracht.

Kammer hat bisher sechs Verhandlungstage geplant

Dort habe er die 17-Jährige eingesperrt, sie mit Schnürsenkeln und Gürtel gefesselt, ihr die Augen mit einem Pulli verbunden und sie missbraucht. Erst am Folgetag ließ er das Opfer gegen Zahlung von 500 Euro frei. Ein DNA-Gutachten hatte den damals 19-Jährigen eindeutig als Täter überführt. Angesichts der Beweislast hatte er die Taten gestanden, sich aber auf Erinnerungslücken berufen (Volksstimme berichtete).

Ein psychiatrischer Gutachter attestierte dem Angeklagten seinerzeit aufgrund des Alkoholkonsums wohl eine verminderte Steuerungsfähigkeit, schloss eine generelle Steuerungsunfähigkeit aber aus.

Aus der U-Haft hatte der Angeklagte 2008 einen Brief an eine Freundin geschrieben, der abgefangen wurde. Darin hatte er laut Gericht gegen den "korrupten Staat" gewettert und dem Opfer gedroht, "für jeden Tag im Bau werde ich ihr das Leben zu Hölle machen". Der Unterschrift folgte "88 - Freie Kräfte Altmark". Ob der Angeklagte der rechten Szene zugehörig war oder ist, ist im Prozess 2008 nicht zur Sprache gekommen.

Das Landgericht Stendal hat für den Prozess sechs Verhandlungstage geplant. Am 26. Juni ist nach derzeitigem Stand das Urteil vorgesehen.