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Diskussion der Friedrich-Ebert-Stiftung in Stendal Experten fordern Veränderung für die Bildung

Von Martin Rieß 19.05.2009, 07:02

Stendal. Wie geht es weiter mit den Schulen im Lande ? Angesichts der Schulschließungen und Umstrukturierungen im Landkreis ist das eine heiß diskutierte Frage. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung hatte aus diesem Anlass zu einer Podiumsdiskussion in die Hochschule eingeladen. Die Experten im Plenum : Maria Kondratjuk von der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften ( GEW ) Thomas Lippmann sowie der Bildungsfachmann Helmut Klein vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. Thema der Veranstaltung : " Herkunft = Zukunft ? Das prekäre Verhältnis von Bildung und Elite ". Einigkeit bei den Referenten : So wie bisher geht es nicht weiter. Klein belegte anhand von Zahlen die soziale Auslese in Sachen Bildungsabschluss in Deutschland. Über 80 Prozent der Kinder aus Akademikerhaushalten erreichen die Hochschulreife, während es bei den sozial Benachteiligten nicht einmal 20 Prozent sind. Um dem steigenden Bedarf an Fachleuten in Zukunft decken zu können, sei ein Umlenken möglich, so der Fachmann vom Institut der Deutschen Wirtschaft. Denn es sei schwer vorstellbar, dass die Zahl der Abiturienten in den bildungsnahen Schichten noch weiter gesteigert werden könnte.

Wie allerdings dieses Dilemma zu lösen ist – dazu gingen die Meinungen auseinander. Thomas Lippmann plädierte beispielsweise dafür, dass die Kinder länger zusammen lernen, bis zum Ende der Pubertät : " Gute Schüler bleiben gute Schüler – egal in was für einer Schulform sie lernen. Aber die schlechteren Schüler können von einem anderen Umfeld proftieren. " Von einem Umfeld, in dem beispielsweise das Niveau des Schulstoffs nicht abgesenkt werde. Ein Plädoyer also für die Einheitsschule, die laut Lippmann zudem einen deutlichen Einspareffekt mit sich bringen würde : Es wäre nicht mehr im bisherigen Maße notwendig, die Kinder übers Land zur Schule des für sie ausgewählten Schultyps zu schaffen. Ein Aspekt, der gerade in dünnbesiedelten Regionen wie der Altmark in der Diskussion eine Rolle spielen könnte.

Kein Argument ist das für Helmut Klein : " Die Qualität der Bildung hat nichts damit zu tun, ob das Bildungssystem föderal und strukturiert oder eben zentral und einheitlich ist. In den Pisa-Tests waren einige Länder erfolgreich, die auch föderale und gegliederte Strukturen ihrer Schulen haben. " Die Abschaffung der Gliederung allein wäre keineswegs ein Allheilmittel. Wer so erfolgreich sein wolle wie beispielsweise Finnland, der müsse sehr viel mehr als nur die Schulstruktur verändern. Das indes sahen auch die anderen Diskussionsteilnehmer so – wenngleich sie angesichts der gängigen Praxis, dass jede neue Regierung das Schulsystem des jeweiligen Bundeslandes reformiert, nur wenig Chancen sehen. Chancen : Dass die Schulen in ruhiges Fahrwasser kommen und Zeit fnden, sich zu entwickeln.

Im Anschluss an die Veranstaltung verwies indes Hertha Schnurrer, Koordinatorin im Fachbereich Kindheitswissenschaften an der Stendaler Hochschule, im Gespräch mit der Volksstimme auf während der Veranstaltung nicht diskutierte Mängel der deutschen Bildung : auf die Bildungsräume. " Schauen Sie sich einmal die Schulen und Kindertagesstätten an !" Nicht allein bei jenen, die bislang nicht saniert sind, seien die Zustände zu oft dem Lernen abträglich. Hertha Schnurrer : " Auch bei Neubauten oder der Sanierung wird viel zu oft einfach nicht darauf geachtet, dass es in den Räumen nicht hallt. " Eine schlechte Akustik störe nicht allein den Lernprozess – sie verderbe schlicht den Spaß am Lernen.