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Francisceum Zerbst Besonderes Lernmodell: Lernen auch ohne Lehrer

Am Francisceum werden neue Wege in der Pädagogik gegangen: Schüler
sollen in Teilen selbst darüber entscheiden, wann sie welches Fach
lernen wollen. Ist das Modell eine Überforderung für Kinder?

Von Franziska Werner 07.05.2014, 03:15

Zerbst l Hans-Henning Messer wirkte stolz. Sein Gymnasium hatte am Dienstag hohen Besuch aus dem Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA) zu Gast. In der Aula spielte ein Schüler ein klassisches Stück am Klavier für Dr. Siegfried Eisenmann, Direktor des LISA, eine andere Schülerin sang dazu.

Auch Bürgermeister Andreas Dittmann war da, dazu eine Vertreterin aus dem Schülerrat, Vertreter des Ganztagsschulverbands Sachsen-Anhalt und der Serviceagentur "Ganztägig lernen", welche eng mit dem Kultusministerium des Landes zusammen arbeitet. Doch wozu die Veranstaltung im festlichen Rahmen?

Grund war die Verleihung des Titels "Referenzschule für kollegiales Lernen" an das Francisceum. An dem Gymnasium erarbeiten sich die Kinder der 5. und 6. Klassen ein Fünftel ihres Unterrichtsstoffs selbstständig, ohne dass ein Fachlehrer dabei ist. Ganztagslehrerin Susanne Schirmer erklärte das Modell: "Regulär gibt es zum Beispiel fünf Stunden Deutschunterricht an weiterführenden Schulen. Unsere Fünft- und Sechstklässler bekommen keine Hausaufgaben auf, müssen dafür aber ihre 5. Stunde in den Hauptfächern in den Nachmittagsstunden selbst organisiert bewältigen."

Damit das auch wirklich funktioniert, erstellen die Schüler im 14-tägigen Voraus Wochenpläne. "Die Schüler wissen, was sie zu tun haben", bekräftigte die Ganztagsschulkoordinatorin Annegret Lange. "Ihre Aufgaben werden kontrolliert. In den betreuten Nachmittagsstunden sollen sich die Kinder gegenseitig helfen, wenn sie etwas nicht verstehen."

Wie das mit dem kollegialen Lernen am Francisceum funktioniert, sollen nun auch andere Lehrer in Fortbildungskursen lernen. Unter dem Titel "Abgucken erwünscht" funktioniert das Gymnasium als so genannte Referenzschule. Bereits im April hatte es die erste Fortbildung gegeben, ihr Titel: "Wochenplanarbeit - Lernen im Gleichschritt - nein, danke!".

Lehrer haben mehr statt weniger Arbeit

Wenn Schüler Unterrichtsstunden ohne einen Fachlehrer und nur mit einer pädagogischen Aufsicht im Raum bestreiten, kann der Gedanke aufkommen, dass das Modell auch dazu dienen könnte, langfristig Lehrkräfte zu sparen. Diese Vermutung räumte Hans-Henning Messer aus dem Weg. Die Aufgaben für die Wochenpläne vorzubereiten, bedeute im Gegenteil einen Mehraufwand für seine Kollegen. "Die Schüler schaffen es erstaunlich gut, sich selbst zu organisieren", so sein Fazit. Das Modell bedeute darum einen Kompetenzgewinn für die Kinder.