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Nach blutigen Attacken Ende 2012 erstes Tier im Heim / Fachleute sehen Nachholbedarf im Gesetz Ordnungsamt Magdeburg stellt beißwütige Hunde sicher

Von Jana Heute 16.03.2013, 02:20

Magdeburg. 95-mal haben Hunde in den vergangenen zwei Jahren zugebissen. Das ist zumindest die amtlich registrierte Zahl der "Beißvorfälle". Bei zwei Fällen vom November 2012, über die die Volksstimme berichtete, sind inzwischen Entscheidungen gefallen. Ein Tier ist dem Halter weggenommen worden, vier weitere stehen kurz vor der Sicherstellung.

Die beiden Fälle vom November hatten für einiges Aufsehen gesorgt. So hatte sich ein freilaufender Staffordshire Bullterrier am 19. November in einem Brückfelder Innenhof unvermittelt auf einen anderen Hund gestürzt und einer Frau in die Hand gebissen. Der Bullterrier (vom Gesetzgeber als gefährlich eingestufte Rasse) wurde Anfang dieses Jahres ins Tierheim gebracht, erfuhr die Volksstimme auf Nachfrage.

Eine zweite Sicherstellung von gleich vier Tieren steht kurz bevor. Dabei handelt es sich um den Aufsehen erregenden Fall aus Neu-Olvenstedt. Im Bruno-Beye-Ring, gegenüber von einem Spielplatz, waren am 17. November vier Hunde über einen anderen Hund hergefallen und hatten diesen schwer verletzt. Einem zu Hilfe eilenden 37-Jährigen wurde ebenfalls in die Hand gebissen. Die Angreifertiere, drei Schäferhund-Husky-Mischlinge und ein Stafford-Mischling, werden wahrscheinlich nächste Woche konfisziert, "wenn der Halter seine letzte Chance zur Anhörung jetzt nicht wahrnimmt", erklärte Holger Harnisch, Fachdienstleiter im Ordnungsamt, gestern.

Seit Inkrafttreten des neuen Gefahrhundegesetzes Sachsen-Anhalt im Jahr 2009 hat die Stadt Magdeburg von den sichergestellten Hunden immer noch 25 in Gewahrsam. Zehn von ihnen fristen ihr Dasein im Tierheim, für 15 Hunde hat die Stadt in Pensionen Plätze angemietet. "Damit im Tierheim auch noch freie Kapazitäten für normal vermittelbare Hunde bleiben", erklärt Harnisch.

Ob Tierheim oder Pension - etwa zehn Euro kostet die Stadt jedes Tier pro Tag. Auch wenn den ehemaligen Besitzern Rechnungen dafür gestellt werden, wie Holger Harnisch sagt. Oft bleibt die Stadt auf den Kosten sitzen, denn es handele sich zumeist um Halter, die "sich schon früher nicht gekümmert haben" und bei denen oft "auch nichts zu holen" sei.

Die Wegnahme der Tiere, die durch Beißattacken auffällig geworden sind, gilt als letztes Mittel. Das Land hat mit dem Gefahrhundegesetz vor vier Jahren strengste Regeln zum Schutz von Mensch und Tier erlassen, die aber selbst in politischen und Verwaltungskreisen nicht unumstritten sind. So löst jeder Beißvorfall pauschal das gleiche aufwendige Verwaltungsverfahren aus - egal, ob ein Hund sich vielleicht nur gewehrt und deshalb zugeschnappt hat oder das Tier ohne jeden ersichtlichen Grund über einen anderen Hund oder gar Menschen hergefallen ist und für womöglich schwere Verletzungen sorgte. So wie es bei den vier Hunden in Olvenstedt der Fall war. Das Prozedere für Amt und Halter ist das gleiche.

Harnisch bestätigt: Selbst wenn ein kleiner Yorkshire Terrier nur mal kurz zugeschnappt und dem Nachbarn eine Schramme am Bein zugefügt hat - "sobald der Vorfall bewiesen und unserer Behörde gemeldet ist, müssen wir das Verfahren zur Gefährlichkeitsfeststellung in Gang setzen".

Dem Halter bleiben dann drei Monate Zeit, um den bestandenen Wesenstest für das Tier (Kosten ca. 400 Euro) und die Halter-Sachkundeprüfung nachzuweisen. Zusammen mit dem Verwaltungsverfahren geht das gehörig ins Geld: 600 Euro und mehr muss der Besitzer berappen, um sein auffällig gewordenes Tier weiterhin halten zu dürfen. Bringt er den Nachweis nicht, droht die Wegnahme. Stadträte, u. a. CDU-Rat Gunter Schindehütte und Dr. Klaus Kutschmann (BfM), sowie Verwaltungsfachleute sehen Nachbesserungsbedarf. "Bis jetzt lässt uns der Gesetzgeber im Prinzip keine Spielräume", sagt Harnisch.

So landen auch Tiere im Heim, bei denen es nicht unbedingt nötig wäre. Es müsse mehr Differenzierung möglich sein, fordert Stadtrat Schindehütte. 2014 soll das Landesgesetz auf den Prüfstand. Die Stadt will dann Vorschläge unterbreiten, so Harnisch.