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Räumungstitel soll Ersatzvornahme ermöglichen / Kirche kämpft noch immer um die Fläche und die Finanzierung Grundstücksstreit: Stadt zieht gegen russisch-orthodoxe Kirche vor Gericht

Von Matthias Fricke 24.06.2011, 06:31

Zehn Jahre nach der Schenkung des Grundstücks in der Gareisstraße/ Ecke Henning-von-Tres- ckow-Straße an die russisch-orthodoxe Kirchengemeinde liegt die Stadt nun mit dieser im juristischen Clinch. Weil die Gemeinde den Bau nicht verwirklichen konnte, muss die Kirche das Grundstück beräumt zurückgeben. Das erfolgte auch nach dem Ablauf aller Fristen nicht. Jetzt will die Stadt einen "Vollstreckungstitel zur Ersatzvornahme" erwirken und die Erstattung der Räumungskosten im Vorfeld durchsetzen.

Alte Neustadt. Der Ton zwischen der Stadtverwaltung und der russisch-orthodoxen Kirche wird offenbar schärfer. Nachdem im Frühjahr dieses Jahres der Stadtrat eine letzte Chance für den Kirchenbau abgelehnt hat und auch die letzten Fristen für eine Räumung des Grundstücks verstrichen sind, will die Stadt nun Klage vor Gericht einreichen. "Wir strengen einen Vollstreckungstitel zur Ersatzvornahme an und wollen gleichzeitig im Vorfeld die Übernahme der Räumungskosten durchsetzen", erklärte gestern der zuständige Finanzbeigeordnete Klaus Zimmermann. Die Klageentwurf sei bereits vorbereitet und soll in den nächsten Tagen bei Gericht eingereicht werden.

Zwar rechnen die Rechtsexperten der Stadt nach Informationen der Volksstimme mit einer recht raschen Entscheidung in erster Instanz, die weitere Auseinandersetzung könnte sich aber noch hinziehen, bis die Verwaltung den Vollstreckungstitel in den Händen hält. "Das ist ein ganz normaler Vorgang", erklärte der Finanzbeigeordnete gestern nüchtern. Anders als bei Gefährdungslagen darf die Stadtverwaltung eine Ersatzvornahme erst mit dem entsprechenden Vollstreckungstitel des Gerichts vornehmen.

Die russisch-orthodoxe Kirche will hingegen auch weiter an dem Vorhaben eines Neubaus für ihre 300 Gemeindemitglieder festhalten und unternimmt offenbar letzte Anstrengungen, um das Ruder doch noch herumzureißen. So weiß Architekt Wolfgang Langhoff, der für die russische Seite die Vorbereitungen für die Planungen begleitet hat, dass Boris Ustimenko diese Woche überraschend noch einmal nach Moskau geflogen ist. "Er bemüht sich, den Kaufpreis für das Grundstück auf einem Konto zusammenzubekommen, um die Finanzierung nachzuweisen", erklärt Langhoff. Die russisch-orthodoxe Kirche hofft, dass mit diesem Schritt sich die Stadträte doch noch einmal umstimmen lassen.

Eines sei nach Meinung des Magdeburger Architekten Langhoff nämlich sicher, dass der Abriss des Fundaments nicht nur 90000 Euro kostet, sondern der Gemeinde auch schweren finanziellen Schaden zufügt. Denn im Fall des Rückbaus muss die Gemeinde auch bereits in das Projekt gezahlte Gelder aufbringen. Insgesamt sollen es 250 000 Euro sein, um die die Gemeinde dann noch einmal ärmer wird. In diesem Fall hätte die Gemeinde dann 650 000 Euro in den Sand gesetzt.

Langhoff erklärte der Volksstimme weiter, dass inzwischen alle Voraussetzungen stünden, um die Kirche zu bauen.

Neben den Problemen mit der Statik, verfaulten Holzstämmen und anderen Schwierigkeiten gab es im Laufe des Jahre auch immer wieder Finanzierungsengpässe, die wiederum mit der Art des Finanzhaushalts der russisch-orthodoxen Kirche zusammenhängt. Diese finanziert sich nämlich ausschließlich aus Spenden und nicht wie in Deutschland aus festen Kirchensteuergeldern. "Umso herber ist jetzt der Rückschlag für alle diejenigen, die Geld für das Projekt gespendet haben", erklärt Langhoff. Besonders dramatisch sei außerdem, dass es sich vor allem um "kleine Leute" handelte.

Dass die Universität die Fläche dringend für Parkplätze benötige, konnte der zuständige Baudezernent Detlef Göthe gestern übrigens nicht bestätigen. "Es gibt gegenwärtig keine Notwendigkeit für die Uni, Parkplätze zu bauen", erklärte Göthe. Wie er weiter erklärte, sei nach dem Flächennutzungsplan das Areal ohnehin für den "grünen Gürtel" vorgesehen, der sich vom Nordpark über den Geschwister-SchollPark in den Süden der Stadt zieht. Etwas anderes sehe er ohne weiteren Stadtratsbeschluss dort ohnehin nicht.

Interesse angemeldet habe aber die Handwerkskammer, hieß es in einer der letzten Stadtratsdiskussionen, um Parkplätze für das gegenüberliegende Haus des Handwerks zu schaffen. Ob es dazu kommt, ist angesichts des bestehenden Masterplans der Stadt aber noch völlig ungewiss.