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20 Jahre Barry Jordan am Dom "Ein Segen, hier gelandet zu sein"

Seit zwei Jahrzehnten ist Barry Jordan Kantor und Organist am Magdeburger Dom. Eine Zeit des erfüllten Musizierens, des Verkündens in vielfältigen künstlerischen Formen, aber auch mit Gegenwind.

Von Daniel Wrüske 01.08.2014, 03:14

Seit zwei Jahrzehnten ist Barry Jordan Kantor und Organist am Magdeburger Dom. Eine Zeit des erfüllten Musizierens, des Verkündens in vielfältigen künstlerischen Formen, aber auch mit Gegenwind.

Magdeburg l Er hat nichts von seiner Ausstrahlungskraft verloren, in keinem der 20 Jahre ist Barry Jordan müde geworden, sich für den Magdeburger Dom zu begeistern. Kein gewöhnlicher Arbeitsplatz für einen Kirchenmusiker. Stein gewordene Geschichte und doch ein Ort lebendiger Spiritualität. "Der Raum strahlt Würde aus. Das Sonnenlicht flutet alles durch die weißen Fenster und erleuchtet den natürlichen Stein", sagt er. Der Magdeburger Dom ist Gebetsraum seit Jahrhunderten. Ein Aspekt, wie Barry Jordan meint, der seine eigene, auf das Unendliche ausgerichtete Glaubensauffassung trage.

Alles das zieht den 35-Jährigen 1993 in den Bann, als er nach Magdeburg zum Bewerbungsspiel kommt. Er hat das Konzertexamen für Orgel und einen Abschluss als Kirchenmusiker nach Studien in Wien und Lübeck in der Tasche, Erfahrungen als Kantor an einer Kieler Vorstadtkirche gesammelt. Nun der Griff nach den Sternen, "die einmalige Chance", das Amt an einer Domkirche bekleiden zu können. Des wunderbaren Ortes, aber auch der Reputation wegen, gibt er zu. Der Start ist alles andere als optimal. In den Bewerbungsrunden werden schnell Namen öffentlich. Alle Kandidaten zeigen bald ihren Verzicht an, auch weil eine dem Dom würdige Hauptorgel noch fehlt. "Außerdem lag Magdeburg so kurz nach der Wende noch ziemlich brach", schildert der Musiker. Doch fühlt sich der in Südafrika Geborene irgendwie wohl. Hat einen Draht zur Mentalität der Menschen. Barry Jordan geht den Schritt in den Osten. Weil er besonders mutig ist? "Vielleicht war ich eher besonders blauäugig", sagt er. "Und voller Tatendrang." Der 56-Jährige lacht.

Wenn der Funke auf die Zuhörer überspringt

Bei Proben lernte er den Chor kennen. "Es waren alle Generationen vertreten. Dieses soziale Gefüge hat mich gereizt." Die Gemeinschaft der Sänger wird anfangs auf eine Bewährungsprobe gestellt. Der Kirchenmusiker spricht von "Unruhe" und "zum Teil bitteren Erfahrungen". Er hat eine genaue Vorstellung von seinem Amt und vom Klang seines Domchores. Er fordert Verbindlichkeit von den Freiwilligen, bei Proben und Auftritten, will den Chor als echtes Verkündigungsinstrument im Gottesdienst etablieren.

Barry Jordan fordert, will aber nicht überfordern. Immer mit dem Ziel, dass alle im Blick haben, was sie zu leisten vermögen. Das macht den Domchor leistungsfähig. Ensemble und Dirigent erschließen sich und der Hörerschaft ein neues Repertoire, es gibt viele Erstaufführungen, Oratorien von Edward Elgar oder Kantaten von Benjamin Britten. Heute ist der Domchor einer der leistungsfähigsten in der Region. Die harte Probenarbeit mit dem gemeinsam Ziel, aber auch das Musizieren zusammen, Konzertreisen und Chorfreizeiten, das alles hat zu einer eigenen Atmosphäre geführt, die der Domkantor liebt. Immer wieder erlebt er Momente in Gottesdiensten und Konzerten, in denen er merkt, dass der Funke auf die Zuhörer überspringt. "Dann könnte ich alle umarmen und sagen: Ich liebe euch!"

Die Magdeburger Orgel ist sein Trauminstrument

Verdienst des Domkantors ist es auch, die Domsingschule mit vielen Helfern professionalisiert zu haben. Nicht nur, um den Nachwuchs für die eigenen Reihen zu sichern. "Uns geht es darum, dass Kinder einen Raum haben, ihrer Musikalität Ausdruck zu verleihen." Einen Traum allerdings kann er nicht umsetzen. Barry Jordan und Mitstreiter spielen mit dem Gedanken, eine Art musikalische Grundschule aufzubauen. "Hier sollten Kinder in den ersten vier Schuljahren lernen, nachmittags Gesang- und Instrumentalunterricht haben. Für ältere Mädchen und Jungen hätte es ein soziales Zentrum geben können, in dem sie Hausaufgaben erledigen und spielen." Allein des Geldes wegen sei die Idee nicht umzusetzen gewesen. "Aber alles hat seine Zeit."

An einer anderen Stelle hat Barry Jordan eine Marke gesetzt, für aller Ohren klangschön nachzuvollziehen. Die Idee einer neuen Hauptorgel bleibt nicht lange nach seinem Dienstantritt ein Hirngespinst. Ein Förderverein gründet sich; der Domkantor entwickelt die klangliche Gestalt des zu bauenden Instruments. 2008 ist die Schuke-Orgel fertig. "Sie ist in vielerlei Hinsicht mein Trauminstrument. Es gibt kaum eine Orgel, mit der ich sie eintauschen würde", sagt Barry Jordan. Das klingt umso beeindruckender, wenn man weiß, dass er gerade von einer Konzerttournee aus England und Finnland zurückgekehrt ist.

Barry Jordan ist gern wieder in Magdeburg. Hier lebt er mit seiner Familie, ist dadurch "inventarisiert", wie er schmunzelnd sagt. Ein Hitzkopf ist er nicht, eher ruhig. Doch der Kirchenmusikdirektor kann auch streiten, wenn es um die Sache geht. Aber er sei in den 20 Jahren auch gelassener geworden. Umtriebig müssen er und seine Mitstreiter bleiben, um alles Musikalische vor allem finanziell abzusichern. Eine Sache, die ihn manchmal resignieren lassen könnte. Und trotzdem: Eine Stelle, wie die am Dom, sagt er, verlässt man nicht so schnell wieder. Ideen für die nächsten zehn Jahre mit dem Chor und der Orgel hat er genug. "Es ist ein großer Segen, dass ich hier gelandet bin, und ich bin dankbar."

Zum Jubiläum gibt es am heutigen Freitag um 19.30 Uhr im Dom ein Festkonzert zu Gunsten des Domchores. Barry Jordan spielt unter dem Motto "Sommernächte" an Orgel und Klavier.