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Chancengerechtigkeit Kritik an schwerem Abi in Sachsen-Anhalt wächst

Von Hagen Eichler 18.05.2015, 03:29

Wernigerode/Magdeburg l Der restriktive Umgang mit Schülerleistungen vor dem Abitur in Sachsen-Anhalt stößt auf wachsenden Widerstand. Jetzt hat sich die Lehrergewerkschaft GEW zum Thema positioniert. Sachsen-Anhalt habe im Vergleich zu anderen Bundesländern "sehr hohe Hürden" aufgebaut, rügte Vize-Landesvorsitzende Eva Gerth.

Nach einem Treffen mit der Wernigeröder Elterninitiative "Aktion faires Abi" forderte sie, die Schüler im Land müssten Chancengerechtigkeit erhalten. Sachsen-Anhalt könne mehrere Hürden absenken. Selbst dann würden die Bestimmungen der Kultusministerkonferenz "nicht nur eingehalten, sondern größtenteils sogar übertroffen".

Mehr Leistungskurse in Sachsen-Anhalt

Gerth betonte, sie wolle kein Aufweichen des Abiturs. Das Niveau im Unterricht und in Prüfungen solle nicht sinken. Bei den strittigen Hürden geht es vielmehr um die Regeln, nach denen die Schülerleistungen ins Abiturzeugnis eingehen. So zählen in Sachsen-Anhalt sämtliche 44 Zeugnisnoten der letzten zwei Schuljahre. In den anderen Ländern hingegen können die Schüler bis zu acht schlechtere Noten ausklammern. Sachsen-Anhalt schreibt auch mehr Leistungskurse vor, erteilt Mathematik ausschließlich auf dem höheren Niveau und hat für die Zulassung zum Abitur die höchsten Anforderungen aller Länder.

Als Ergebnis hat kein Land so wenig Abiturienten wie Sachsen-Anhalt. "Wir glauben weder, dass die Schüler hier zu blöd sind, noch dass die Lehrer unfähig sind", sagte Winfried Borchert von der "Aktion faires Abi". Deshalb müsse Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) jetzt reagieren.

Angleichung der Abiturhürden gefordert

Linke und Grüne teilen dieses Anliegen schon länger. Doch auch in der Regierungskoalition sammelt die Initiative Unterstützer. Die Jusos, der SPD-Nachwuchs, wollen bei ihrer nächsten Delegiertenkonferenz darüber beraten - aus dem Harz liegt ein Antrag vor, der die Angleichung der Abiturhürden an andere Bundesländer fordert. "Wir wollen nicht das Schulsystem ändern, aber uns stört, dass das Zustandekommen der Endnote nicht mit anderen Ländern vergleichbar ist", sagt der Harzer Juso Kevin Müller, zugleich Wernigerodes SPD-Chef.

Sollte sich der Juso-Landesverband dem anschließen, wird das Thema wohl auch einen SPD-Parteitag beschäftigen. Spätestens dort wird sich auch Kultusminister Dorgerloh positionieren müssen, der bislang schweigt.

Die Wernigeröder Eltern umwerben seit Wochen Abgeordnete von SPD und CDU. Lockerlassen wollen sie keinesfalls - sie haben vor Augen, dass bereits vor zwei Jahren ein Vorstoß für vergleichbare Abi-Regeln versandete.