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Vor der 1. Kammer für Handelssachen prallen unterschiedliche Rechtsauffassungen aufeinander / Urteile im August Schadensersatzprozess: Bistums-AG hat schlechte Karten

Von Bernd Kaufholz 06.07.2011, 04:32

Magdeburg. Die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Magdeburg verhandelte gestern über Schadensersatzforderungen der bistumseigenen GERO AG gegenüber der einstigen Führungsspitze des Kirchen-Konzerns. Shnell wurde klar, dass die Auffassungen von Klägerin (GERO) und Beklagten (Ex-Vorstand, -Geschäftsführer und -Aufsichtsrat) bei diesem Zivilprozess weit auseinander liegen.

Außerdem entstand beim Prozessbeobachter der Eindruck, dass die Klägerseite bei der Kammer die schlechteren Karten hat.

Insgesamt geht es um GERO-Forderungen von rund 1,2 Millionen Euro und um die Feststellung einer Pflicht zur Schadensersatzzahlung. Drei Komplexe sind strittig, Die brisanteste dürfte die hochspekulative Schiffsbeteiligung der katholischen Aktiengesellschaft in Höhe von zehn Millionen Euro sein. Ein Verlustgeschäft, wie die Klägerin vortrug – mehr als zwei Millionen Euro seien aktuell abgeschrieben.

Doch für das Gericht ist die Sache nicht eindeutig. Vorsitzende Christine Bolien bezweifelte, dass der "Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich" ist. Niemand könne voraussagen, ob sich die Beteiligungen nicht wieder erholten und somit kein Verlust eintrete. Wo kein Verlust, da auch kein Schadensersatz.

Weiterer Streitpunkt war der Kauf des Grundstücks für das Magdeburger Hundertwasserhaus von der Wohnungsbaugenossenschaft 1954 im Jahre 2003. Die GERO ist der Auffassung, dass Ex-Vorstandschef Norbert Diehl und -Geschäftsführer Dirk Nowak ihrer Pflicht zur Schadensabwendung nicht nachgekommen seien und dadurch 658000 Euro Grunderwerbssteuer nachgezahlt werden mussten. Die Beklagten stellten den Antrag – wie in allen Fällen – die Klage abzuweisen.

Brisant, wenn auch finanziell weniger bemerkenswert, sind die von Diehl über die Jahre ausgegebenen Bewirtungskosten in Höhe von 8700 Euro – laut Klägerin ohne geschäftlichen Anlass. Auf der Liste standen zum Beispiel Wirtschaftsminister Haseloff, zwei Staatssekretäre, Rotarier Club, "Rossini Quartett", SWM-Geschäftsführer und Angehörige. Der Streit entbrannte an der Frage, was ein geschäftlicher Anlass sei. Die Richterin forderte Auflistungen nach.

Beklagtenvertreter Michael Backhaus zählte Geschäfte des Kirchenkonzerns auf, bei denen GERO Millionen-Gewinne eingestrichen habe. "Mit dem Segen der Vertreter der katholischen Kirche im Aufsichtsrat."

Urteile im Herbst.