DFB-Pokal Kane trifft spät: FC Bayern knapp an Pokal-Blamage vorbei
Bayern München muss lange zittern, ehe der Einzug in die zweite Pokalrunde feststeht. Harry Kane erlöst die Münchner in der Nachspielzeit.

Wiesbaden - Erleichtert trotteten Harry Kane und Co. zur Münchner Fankurve. So richtig zum Feiern war den Bayern-Stars aber nicht zumute, schließlich hatte das Starensemble nach einem erstaunlich fehlerhaften Auftritt nur mit Mühe eine Pokal-Blamage noch abgewendet. Kane war es, der den Rekordmeister mit einem Kopfballtor in der vierten Minute der Nachspielzeit einen glanzlosen 3:2 (1:0)-Sieg beim Fußball-Drittligisten SV Wehen Wiesbaden bescherte.
Damit vermieden die Münchner das Erstrunden-Aus, das sie letztmals vor 31 Jahren beim TSV Vestenbergsgreuth ereilt hatte. Dabei lief zunächst alles nach Plan. Vor 12.500 Fans lag der FC Bayern München durch Kane per Foulelfmeter (16.) und Michael Olise (51.) bereits 2:0 in Führung. Doch der 20-malige Pokalsieger, dessen letzter Triumph nun schon fünf Jahre zurückliegt, geriet plötzlich aus dem Tritt. Die tapfer kämpfenden Hessen kamen durch einen Doppelschlag von Fatih Kaya (64./70.) zurück ins Spiel, dazu verschoss Kane sogar noch einen Foulelfmeter (76.).
Stritzel: „Achterbahn der Gefühle“
„Das ist ganz bitter. Wir haben einen sehr mutigen Auftritt hingelegt. Die Bayern haben Weltklasse-Niveau. Auf dem Niveau mitzuhalten, ein Riesenkompliment an die Jungs. Was im Stadion abging, war besonders. Wir können stolz auf uns sein. Es ist etwas ganz Besonderes gegen so einen Verein zu treffen, trotzdem wäre ich lieber weitergekommen“, sagte Torschütze Kaya im ZDF und der starke Torhüter Florian Stritzel sprach von einer „Achterbahn der Gefühle“.
Bayerns Konrad Laimer konnte sich das Zitterspiel nicht richtig erklären: „Manchmal ist es im Fußball so. Du hast genug Chancen auf ein 3:0, 4:0 und dann braucht es manchmal nur so einen Moment. Es ist die erste Pokal-Runde, die ist nie einfach. So etwas kann passieren. Am Ende ist es nur wichtig, dass du weiterkommst. Wenn du so spät Spiele entscheidest, ist es auch eine Qualität.“
Bayern-Trainer Vincent Kompany warf nach dem überzeugenden 6:0-Sieg gegen RB Leipzig zum Bundesliga-Auftakt die Rotationsmaschine an und veränderte seine Startelf gleich auf sechs Positionen. Neben dem gesperrten Stammtorwart Manuel Neuer, der von Jonas Urbig vertreten wurde, blieben auch Dayot Upamecano, Josip Stanisic, Konrad Laimer, Leon Goretzka und Serge Gnabry zu Beginn draußen.
Bayern sofort im Bilde
Trotz der Umstellungen dauerte es nur zehn Sekunden bis zur ersten Bayern-Großchance. Kane spielte Luis Diaz frei, doch der für 75 Millionen Euro vom FC Liverpool gekommene Angreifer scheiterte am glänzend reagierenden SVWW-Torwart Florian Stritzel.
Nach dem ersten Schreckmoment sortierte sich der Außenseiter schnell und ließ zunächst keine weiteren gefährlichen Aktionen des Rekordmeisters zu. Die Münchner kontrollierten zwar das Geschehen, fanden jedoch kaum Lücken in der kompakten Abwehr der Gastgeber.
Erst ein Elfmeter nach einem unnötigen Foul von Ryan Johansson an Sacha Boey - der Wiesbadener riss seinen Gegenspieler bei einer hohen Flanke im Strafraum um - verhalf den Gästen zur Führung. Kane verwandelte eiskalt. In der Folge spulte der Favorit sein Pensum locker herunter, ohne sich dabei zu verausgaben.
München sündigt im Abschluss
Das zweite Tor ließ jedoch auf sich warten. Erst klärten gleich zwei SVWW-Spieler nach einem Schuss von Luis Diaz kurz vor der Torlinie, dann rettete Stritzel gegen Raphael Guerreiro. Der Chancen-Wucher hätte sich beinahe gerächt, als Nikolas Agrafiotis nach einem Konter frei zum Schuss kam, das Bayern-Tor aber deutlich verfehlte. Fast im Gegenzug hatte Kane das 2:0 auf dem Fuß, doch wieder blieb Stritzel der Sieger.
Nach dem Wechsel legten die Gäste einen Gang zu und kamen durch Olise prompt zum Erfolg. Zwei weitere Treffer der Bayern fanden wegen Abseits keine Anerkennung, zudem sündigte Luis Diaz weiter beim Abschluss. Zunächst scheiterte er frei an Stritzel, dann schlenzte der Kolumbianer den Ball aus aussichtsreicher Position über das Tor.
Wehen überrascht Bayern-Defensive
In puncto Effizienz war der Gastgeber an diesem Abend aus einem anderen Holz geschnitzt. Bei einem der seltenen Offensivausflüge flankte Niklas May einfach mal vor das Tor, wo Kaya Nationalspieler Jonathan Tah entwischte und den Ball per Direktabnahme ins Netz bugsierte.
Und es kam noch besser für den Underdog. Nur fünf Minuten später entwischte Kaya erneut der Bayern-Abwehr und behielt allein vor Urbig die Nerven.
Die Freude der Hausherren über den unerwarteten Doppelschlag schien nicht von langer Dauer, denn wenig später entschied Schiedsrichter Daniel Siebert nach einem Strafraum-Foul an Kane erneut auf Strafstoß. Doch dieses Mal scheiterte der Engländer am überragenden Stritzel. Es war der erste Elfmeter-Fehlschuss von Kane in einem Pflichtspiel seit über drei Jahren. In der Nachspielzeit war der Torjäger aber wieder zur Stelle.