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Bundesregierung: Keine Handhabe gegen Pannen-AKW Tihange

Die Inbetriebnahme alter belgischer Atomreaktoren sorgt für Kritik in Deutschland. Nach einem Brand im Reaktor Tihange 1 nahe Aachen ist vor allem die NRW-Landesregierung alarmiert. Die Grünen im Europaparlament fordern Aufklärung.

21.12.2015, 16:32

Berlin/Brüssel/Düsseldorf (dpa) - Die Bundesregierung sieht keine Handhabe gegen das pannenanfällige belgische Atomkraftwerk Tihange.

Zwar teile die Bundesregierung die Sorgen der Bevölkerung im grenznahen Gebiet, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post (Dienstag). Jedoch seien die Kompetenzen in Europa in Fragen der Energieversorgung klar geregelt. Das sind Fragen, die in nationaler Souveränität entschieden werden.

Der Reaktor Tihange 1 in der Nähe von Aachen hatte sich nach einem Brand in einer Schalttafel im nicht-nuklearen Bereich der Anlage Ende vergangener Woche automatisch abgeschaltet. Die NRW-Landesregierung hatte die Abschaltung der Atomanlage gefordert. Hendricks sagte, sie sei in ständigem Austausch mit den belgischen Behörden und setze sich dafür ein, dass die Sorgen und Belange der deutschen Bevölkerung angemessen berücksichtigt würden.

Gefahr für die deutsche Bevölkerung gab es nach Erkenntnissen der Bundesregierung nicht. Über offizielle Kanäle habe es keine Meldungen über den Vorfall gegeben, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums in Berlin. Das sei ein Hinweis, dass es sich tatsächlich nicht um einen Vorfall im kerntechnischen Bereich der Anlage gehandelt habe.

Die Sicherheitsverfahren haben vollständig funktioniert, sagte eine Sprecherin des Betreibers Electrabel. Die Anlage solle bald wieder anfahren. Schon am Wochenende hatte der Betreiber mitgeteilt, der Zwischenfall habe keine Auswirkungen auf die Arbeiter, die Bevölkerung oder die Umwelt gehabt.

Electrabel nimmt unterdessen nach dem Atomreaktor Tihange 2 nun auch den ebenfalls umstrittenen Reaktor Doel 3 bei Antwerpen wieder ans Netz, berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga.

Beide Reaktoren waren im März 2014 wegen Sicherheitsbedenken abgeschaltet worden. Die baugleichen Blöcke lagen bereits ab Sommer 2012 rund ein Jahr lang still, nachdem Prüfer Haarrisse im Reaktorbehälter entdeckt hatten. Im November gab die Atomaufsicht grünes Licht für eine neue Inbetriebnahme. Tihange 2 war bereits in der vergangenen Woche wieder ans Netz gegangen.

Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Rebecca Harms, kritisierte das Anfahren von Tihange 2 scharf als ein unverantwortliches Handeln der Aufsichtsbehörde. Die Ursachen des Brandes in Tihange 1 müssen schnellstmöglich und systematisch aufgeklärt werden, forderte die Grünen-Politikerin.