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Abspaltung von Russland Orthodoxe Nationalkirche in der Ukraine gegründet

Für die Ukraine ist es der Aufbruch in religiöse Eigenständigkeit ohne Moskau: Das Land bekommt eine eigene orthodoxe Kirche. Die russische Kirche wehrt sich gegen den Verlust vieler ihrer Gläubigen.

15.12.2018, 16:32

Kiew (dpa) - Die Ukraine löst sich mit der Gründung einer eigenen orthodoxen Nationalkirche weiter von Russland. Bei einer Versammlung in Kiew stimmten Bischöfe von zwei ukrainischen orthodoxen Kirchen für eine Vereinigung.

Die moskautreue orthodoxe Kirche in der Ex-Sowjetrepublik boykottierte die Synode weitgehend. Von ihr nahmen nur zwei Bischöfe teil. Zum Oberhaupt der neuen Kirche wählte die Versammlung den Metropoliten Epifani von Perejaslaw (39), der von Präsident Petro Poroschenko persönlich vorgestellt wurde. "Heute ist der Tag der endgültigen Erlangung der Unabhängigkeit von Russland", betonte der 53-Jährige dabei. Gleichzeitig versicherte er, dass sich der Staat nicht in Kirchenangelegenheiten einmischen werde. Die Verfassung der Ukraine sieht eine strikte Trennung von Kirche und Staat vor.

Vor dem Beginn der Synode in der ältesten Kirche der Stadt, der Sophienkathedrale, sagte das Staatsoberhaupt den Bischöfen: "Von Ihnen und nur von Ihnen hängt die Zukunft der Ukraine ab, unsere Freiheit, unsere staatliche und geistige Unabhängigkeit von Russland." Die Ukraine wolle und könne kirchenrechtlich nicht mehr zu Russland gehören. Vor der Kathedrale bekundeten mehrere Hundert Menschen mit ukrainischen Fahnen ihre Unterstützung für eine religiöse Loslösung von Russland. Die Polizei sicherte das Zentrum der Hauptstadt mit etwa 4000 Mann.

Wegen der Kirchengründung in der Ukraine herrscht seit Monaten ein bitterer Streit zwischen der Russisch-orthodoxen Kirche und dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Die kirchlichen und politischen Folgen dieser tiefen Spaltung sind noch nicht abzusehen.

Das Moskauer Patriarchat sieht die Ukraine als sein angestammtes Kirchengebiet. Das Oberhaupt der moskautreuen Orthodoxen in Kiew, Metropolit Onufri, sprach von einem Versuch, die Kirche zu spalten. "Es gibt schon eine Landeskirche. Wir haben genug. Wir haben viel mehr, als man denen verspricht, die an dieser Synode teilnehmen", sagte er. Unter den etwa 200 Teilnehmern der Versammlung waren deshalb nur 2 Bischöfe der moskautreuen Kirche.

Dagegen will die oberste Autorität der weltweiten Orthodoxie, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios in Istanbul, eine selbstständige Kirche in der Ukraine anerkennen. Seine Mitarbeiter haben ein Statut für sie ausgearbeitet. Am 6. Januar will er dem gewählten Oberhaupt einer ukrainischen Kirche den Erlass über die kirchenrechtliche Eigenständigkeit (Autokephalie) überreichen.

Faktisch vereinigten sich die erst 1992 gegründete Ukrainisch-orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats und die kleinere Autokephale Kirche. Außen vor bleiben die Bistümer des Moskauer Patriarchats, die aber mehr Priester, Kirchen und Klöster zählen. Damit bahnen sich Konflikte um wichtige orthodoxe Heiligtümer wie das berühmte Höhlenkloster in Kiew an.

Der Kiewer Patriarch Filaret erschien zur Synode mit der Kopfbedeckung eines Metropoliten. Er zeigte damit an, dass er die Oberhoheit von Bartholomaios über die künftige Kirche anerkennt. Das 39-jährige Oberhaupt der neuen Kirche, Epifani, gilt als Schützling Filarets. Der im Vorfeld als Kandidat genannte Metropolit Simeon von Winnyzja scheiterte bei der geheimen Wahl. Er ist ein Vertrauter Poroschenkos und gehörte bisher der Moskauer Patriarchatskirche an. Seine Wahl wäre ein Signal der Einigungsbereitschaft an die moskautreue Geistlichkeit gewesen. Poroschenko hat die Kirchenpläne als Teil seines Wahlkampfs für 2019 vorangetrieben.

Wegen der Kirchengründung in der Ukraine herrscht seit Monaten ein bitterer Streit zwischen der Russisch-Orthodoxen Kirche und dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Foto: Serg Glovny/ZUMA Wire
Wegen der Kirchengründung in der Ukraine herrscht seit Monaten ein bitterer Streit zwischen der Russisch-Orthodoxen Kirche und dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Foto: Serg Glovny/ZUMA Wire
ZUMA Wire
Präsident Petro Poroschenko begrüßt Teilnehmer der Versammlung in Kiew. Foto: Efrem Lukatsky/AP
Präsident Petro Poroschenko begrüßt Teilnehmer der Versammlung in Kiew. Foto: Efrem Lukatsky/AP
AP
Ein orthodoxer Geistlicher steht bei der Versammlung mehrerer orthodoxer Kirchen in der Nähe der Sophienkathedrale in Kiew. Foto: Serg Glovny/ZUMA Wire
Ein orthodoxer Geistlicher steht bei der Versammlung mehrerer orthodoxer Kirchen in der Nähe der Sophienkathedrale in Kiew. Foto: Serg Glovny/ZUMA Wire
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Vor der Sophienkathedrale bekunden mehrere Hundert Menschen mit ukrainischen Fahnen ihre Unterstützung für eine kirchliche Loslösung von Russland. Foto: Efrem Lukatsky/AP
Vor der Sophienkathedrale bekunden mehrere Hundert Menschen mit ukrainischen Fahnen ihre Unterstützung für eine kirchliche Loslösung von Russland. Foto: Efrem Lukatsky/AP
AP
Gläubige, loyal zur Russisch-Orthodoxen Kirche, protestieren vor dem ukrainischen Parlament in Kiew gegen die geplante kirchliche Loslösung von Russland. Foto: Serhii Nuzhnenko/AP
Gläubige, loyal zur Russisch-Orthodoxen Kirche, protestieren vor dem ukrainischen Parlament in Kiew gegen die geplante kirchliche Loslösung von Russland. Foto: Serhii Nuzhnenko/AP
AP
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko (l) bei einem Treffen mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios in Istanbul im September. Foto: Mikhail Palinchak/Ukrainian Presidential Press Service
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko (l) bei einem Treffen mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios in Istanbul im September. Foto: Mikhail Palinchak/Ukrainian Presidential Press Service
Ukrainian Presidential Press Service