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Tierschutz Tierarzt will aufklären

Sachsen-Anhalt hat jetzt mit Marco König einen Ansprechpartner für den Tierschutz. Er beantwortet Fragen, will aber auch aufklären.

28.03.2016, 09:34

Magdeburg (dpa/tw) l Marco König (52), der neue Ansprechpartner für Tierschutzfragen des Landes Sachsen-Anhalts, will die Verbraucher stärker über die Realität in den Ställen informieren. Große Teile der Bevölkerung wüssten gar nicht, wie Schweine, Rinder oder Geflügel gehalten werden. Sie seien erschrocken von skandalträchtigen Bildern, die oft aber zulässige Umstände zeigten. Im Interview fordert der Tierarzt aber auch von den Unternehmen, ihre Arbeit realitätsnah darzustellen. Zunächst arbeitete König als Schlachthoftierarzt in Burg, dann wechselte er zum damaligen Landkreis Burg. Seit 2010 war er in der Veterinärbehörde der Stadt Magdeburg tätig.

Sie sind seit Februar Ansprechpartner für Tierschutz des Landes Sachsen-Anhalt. Was ist Ihr Ziel?

Ich werde bemüht sein, für die Öffentlichkeit mehr Transparenz in den Tierschutz zu bringen. Ich denke, das ist eine umfangreiche Baustelle, gerade was die Nutztierhaltung angeht. In Sachsen-Anhalt liegt gegenwärtig der Fokus der Tierschutztätigkeit ganz deutlich auf der Nutztierhaltung. Ich denke, dass breite Teile der Gesellschaft sich ein ganzes Stück von der Nutztierhaltung entfernt haben – soweit, dass sie kaum noch Vorstellungen haben, was eigentlich in der Realität in den Ställen abläuft. Sie sind dann erstaunt und erschrocken, wenn sie darüber mal informiert werden. Zum Teil sind sie unberechtigt erschrocken über Dinge, die völlig in Ordnung sind.

Was genau ist denn normal und erschreckt die Menschen?

Da gab es in jüngster Zeit viele Beispiele. Aus der Schweinehaltung etwa gab es Berichte und Bilder in den Medien, die als skandalträchtig dargestellt wurden. Wenn Schweine beispielsweise auf Betonböden, Spaltenböden stehen oder auch in Ständen, wo rundrum Metall ist, dann ist das vollkommen normal. Das ist eine gegenwärtige Form der Nutztierhaltung, die auch völlig zulässig ist. Da ist nichts dran an Skandalen oder Rechtsverstößen.

Die Realität liegt zwischen Skandalbildern und der romantischen Vorstellung von Bauernhof?

Das ist eben das Problem: Unsere Nutztierhaltung und die Realität sind nicht die Bilder, die in den Medien veröffentlicht und mit tatsächlichen Verstößen in Verbindung gebracht werden. Die Realität ist aber auch nicht das, was wir auf den Verpackungen unserer Lebensmittel sehen: Das Huhn auf der grünen Wiese, das Schwein in der großen eingestreuten Box mit vielen Ferkeln drum herum. Das trifft's nicht. Wichtig ist, der Bevölkerung zu zeigen, so produzieren wir eigentlich. Und wenn uns das nicht gefällt, müssen wir bereit sein, einen höheren Preis für die Lebensmittel zu zahlen. Das sind natürlich dicke Bretter, die man da bohren muss.

Sind da nicht auch die Landwirtschaftsbetriebe in der Pflicht?

Natürlich. Es hat zwei Seiten. Einerseits ist es schwierig für die Landwirtschaftsbetriebe, sich zugänglich für die Öffentlichkeit zu machen. Das hat seuchenhygienische Gründe. Nicht jeder darf in den Stall rein. Aber Unternehmen nutzen auch Landwirtschaftsausstellungen. Auf der Grünen Woche war eine Schweinehaltung ausgestellt mit einer riesengroßen Bucht und 30 Zentimetern Stroh eingestreut. Wenn ich mich so präsentiere, brauche ich mich nicht zu wundern, dass die Öffentlichkeit eine falsche Vorstellung von der Tierhaltung kriegt. Die Landwirte könnten sich bemühen, sich realitätsnäher darzustellen.

Wollen die Menschen das sehen?

Es gibt sicher viele, die von der Realität in der Nutztierhaltung gar nichts sehen wollen. Sie wollen die Tierchen sehen, wenn sie klein sind, und dann das Schnitzel an der Ladentheke haben. Was dazwischen passiert, interessiert sie nicht. Auf der anderen Seite wollen viele Leute auch wissen, was da abläuft – die Akzeptanz hängt stark von der Information ab.

Wie wollen Sie die Menschen informieren?

Ich habe vor, eine eigene Homepage zu gestalten zum Tierschutz. Dort soll es Stellungnahmen und Berichte geben bis hin zu Datenbanken über Gerichtsurteile. Wir haben schon ein Tierschutztelefon. Jeder, der eine Anfrage oder eine Beschwerde hat, kann sich an uns wenden. Ich bin Ansprechpartner für Bürger, Tierhalter, Verbände, Organisationen und Behörden, eigentlich für jedermann, der sich für Tierschutz interessiert und eine fachliche Auskunft zum Tierschutz haben möchte.