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Billigwahn Bauern fordern Mindestpreise für Lebensmittel

Dumpingpreise für Milch und Eier ruinieren Höfe und Qualität. Sachsen-Anhalts Bauern fordern Mindestpreise, manche sogar ein Werbeverbot.

Von Jens Schmidt 04.02.2020, 00:01

Magdeburg l Bauern erlösen derzeit 32 Cent für einen Liter Milch. „Sie müssten aber mindestens 35 Cent bekommen, um die Kosten zu decken“, sagt Olaf Feuerborn, Chef von Sachsen-Anhalts Bauernverband. Ein paar weitere Cent Gewinn müssten noch dazu kommen, um in neue Technik und in Tierwohl zu investieren. „38 Cent wäre der Preis, den Molkereien zu zahlen hätten.“ Feuerborn spricht sich für einen Mindestpreis aus, um das Dumping in Deutschland zu beenden. Das Endprodukt für den Kunden würde dann 5 oder 6 Cent teurer. „Das ist verkraftbar“, sagt Feuerborn. Sozial Schwache müssten dann eben höhere Zuschüsse vom Staat erhalten.

Gestern verkauften Supermärkte wie Aldi Lidl und Edeka den billigsten Liter Frischmilch (ab 3,5%Fett) für 73 Cent. Die teureren Sorten kosteten bis zu 1,49 Euro.

Landwirt Martin Dippe will, dass die Politik noch einen Schritt weitergeht. „Wir fordern ein Werbeverbot mit Lebensmittelpreisen. Dann gäbe es keine Lockangebote mehr.“ Dippe hat einen Ackerbaubetrieb in Wulferstedt bei Oschersleben und ist aktiv in der Initiative „Land schafft Verbindung“.

In der Politik hält man nicht viel von staatlichen Mindestpreisen und Werbeverboten. „Das ist unrealistisch“, sagt etwa Bernhard Daldrup, Agrarpolitiker der CDU-Landtagsfraktion. In Deutschland orientieren sich „leider Gottes“ 60 Prozent der Kunden am Preis und legen weniger Wert auf Qualität wie etwa in Frankreich, meint er. Seine Lösung: „Behörden müssen schärfer kontrollieren und Händler mit Dumpingpreisen sanktioneren.“ Verkäufe unter dem Einkaufspreis gehörten verboten. Ähnlich sieht es Dorothea Frederking vom Grünen Koalitionspartner. „Es ist bereits verboten, Lebensmittel unter dem Gestehungspreis zu verkaufen. Das Bundeskartellamt kann also heute schon eingreifen.“

Mehr Durchgriff wagt nun auch die Bundespolitik. Kanzlerin Angela Merkel und Bundeslandwirtschaftministerin Julia Klöckner (beide CDU) wollen eine EU-Richtlinie zu unlauteren Handelspraktiken rasch umsetzen. Dies gelte unabhängig davon, „ob jemand mitarbeiten will oder nicht“, sagte Klöckner. Beide hatten sich in Berlin mit den Chefs der großen Supermarktketten getroffen, um bei den Händlern mehr Druck zu entfalten. „Zwei Kilo Äpfel für 1,11 Euro, wie soll so etwas funktionieren?“, fragte Klöckner.

Laut Bundeskartellamt verfügen die Handelsketten Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland sowie Aldi über mehr als 85 Prozent Marktanteil.