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Bundespräsident Minderheitsregierung nur Übergangslösung

Im Falle eines Scheiterns der GroKo glaubt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht an eine Minderheitsregierung als Dauerlösung.

14.02.2018, 17:46

Magdeburg l Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier glaubt im Falle eines Scheiterns der Neuauflage der Großen Koalition nicht daran, dass eine mögliche Minderheitsregierung die volle Legislaturperiode regiert. „Eine Minderheitsregierung ist nach unserem Grundgesetz die Ausnahme, nicht die Regel. Und ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich mehr als nur eine Übergangslösung sein kann", sagte Steinmeier am Mittwoch der Volksstimme.

Eine Minderheitsregierung müsste sich im Bundestag ständig neue Mehrheiten suchen und könnte jederzeit durch ein Misstrauensvotum gestürzt werden. Eine Minderheitsregierung hat es in Deutschland noch nie gegeben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt sie bisher ab.

Würde im dritten Wahlgang im Bundestag ein Kandidat mit relativer Mehrheit gewählt werden, könnte der Bundespräsident ihn zum Kanzler einer Minderheitsregierung ernennen - er könnte den Bundestag aber auch auflösen. Dann müsste innerhalb von 60 Tagen eine Neuwahl stattfinden. Steinmeier hat bisher deutlich gemacht, dass er eine Neuwahl mehr als skeptisch sieht.

Der Bundespräsident absolviert am Mittwoch und Donnerstag seinen Antrittsbesuch in Sachsen-Anhalt. Besonders das Thema Strukturwandel und ländlicher Raum will der Bundespräsident dabei in den Vordergrund stellen. „Die Entwicklung des ländlichen Raumes wird gerade unter Demokratiegesichtspunkten politisch noch nicht ausreichend beleuchtet. Dabei lohnt es sich, hier zu investieren", sagte er der Volksstimme in einem Redaktionsgespräch. „Ich hoffe daher, dass die Politik das noch stärker zu ihrem Thema macht. Denn es gibt ein wachsendes Missverhältnis zwischen den Städten und dem Land. Häufig liegen die Landeshauptstädte heute strukturell enger beieinander als eine Stadt und ihre umliegende Region." Steinmeier betont deshalb den Stellenwert des Ehrenamts. Vor Ort solle man schauen, was trotz sich ändernder Bedingungen alles möglich ist, rät der Bundespräsident.

Steinmeier, der selbst aus einem kleinen Ort im Kreis Lippe kommt, kritisierte außerdem die Debattenkultur in Deutschland, speziell in den sozialen Medien. „Die Radikalität und die Rücksichtslosigkeit, mit der die Leute heute zum Teil regelrecht übereinander herfallen, macht mir Sorgen. Es ist nicht nur wichtig, was gesagt wird – sondern auch das wie."

Gerade Politiker müssten sich aber auch unangenehmen Dingen stellen, fordert der Bundespräsident. „Es hat keinen Sinn, die Dinge zu verschweigen, die die Menschen aufregen. Alle Themen, auch die schwierigen, müssen auf den Tisch", sagte Steinmeier. „Politik kann sich nicht raushalten, sie muss sich in den Wind stellen."