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Disziplinarverfahren Gutachterin rät zu Amtsenthebung Blenkles

Eineinhalb Jahre wurde in Haldensleben bezüglich Bürgermeisterin Blenkle ermittelt: Das Vertrauen zu Mitarbeitern und Stadtrat ist zerstört.

11.01.2018, 23:01

Haldensleben l Die Haldensleber Bürgermeisterin Regina Blenkle hat seit ihrem Amtsantritt im Sommer 2015 in mindestens acht Fällen vorsätzlich gegen die Informationspflicht gegenüber dem Stadtrat sowie mindestens sieben Mal gegen den Grundsatz der Sparsamkeit der Verwaltung verstoßen. Außerdem werden ihr mehrere Fehler bei der Einstellung und Eingruppierung von Mitarbeitern vorgeworfen. Zu diesem Ergebnis kommt die Ermittlungsführerin in ihrem Bericht im Rahmen des Disziplinarverfahrens.

Blenkle habe sich „wissentlich und willentlich über die Regeln des konstruktiven Miteinanders“ mit dem Stadtrat hinweggesetzt und mehrfach ihre Dienstpflichten verletzt, heißt es in dem Bericht, der der Volksstimme vorliegt. Das Vertrauen zu den Mitarbeitern der Stadtverwaltung, dem Stadtrat und zur Kommunalaufsicht sei „zerstört“. Blenkle, die seit Februar 2017 suspendiert ist, sei mit der Aufgabe, Recht und Gesetz zu wahren, „offensichtlich überfordert“ gewesen. Eine Besserung sei nicht zu erwarten. Die Ermittlungsführerin rät zu einer Amtsenthebung.

Der Haldensleber Stadtrat muss nun entscheiden, ob er dieser Empfehlung folgt. In der nächsten Sitzung am 1. Februar wird jedoch zunächst darüber abgestimmt, ob ausreichend ermittelt wurde. Im Anschluss daran erhält Regina Blenkle Gelegenheit zur Stellungnahme. Erst mehrere Wochen später wird der Stadtrat gegebenenfalls über Sanktionen befinden.

Möglich wären diese Szenarien: Von einem Verweis über eine Gehaltskürzung um 20 Prozent über drei Jahre bis hin zur Amtsenthebung. Sollte der Stadtrat die letzte Option ins Auge fassen, würde es wohl noch Jahre dauern, bis der Zwist endgültig geklärt ist. Eine Amtsenthebung würde mittels einer Disziplinarklage am Verwaltungsgericht ausgefochten werden. Aktuelle Verfahrensdauer dort: rund zwei Jahre. Inklusive Berufungsverfahren könnten also bis zu vier Jahre ins Land gehen, bevor Klarheit herrscht. Dann wäre Blenkles Amtszeit (bis Sommer 2022) fast vorbei.

Der Ermittlungsbericht liest sich wie eine schonungslose Anklageschrift. 26 Vorwürfe haben die Stadträte eingereicht, in fast allen Punkten hätten sich diese bestätigt, heißt es in dem Gutachten. Die Liste der Dienstverstöße ist lang: Blenkle hätte ein Planfeststellungsverfahren zur B245n nicht einstweilen einstellen dürfen, eine Nebentätigkeit anzeigen müssen, sie hat Beschlüsse des Stadtrates nicht umgesetzt und mehrfach Fehler bei der Einstellung von Mitarbeitern begangen. Durch darauf folgende juristische Auseinandersetzungen sei der Stadt ein finanzieller Schaden entstanden, heißt es in dem Bericht.

Geäußerte Bedenken ihrer eigenen Behördenmitarbeiter „wurden ohne weitere Begründung nicht berücksichtigt“. Auf deren Fachverstand habe sie „nicht vertraut“. Stattdessen verfolge sie gegenüber der Verwaltung und dem Stadtrat eine „Konfrontationsstrategie“ und sei uneinsichtig. Nicht einmal die Einleitung eines Disziplinarverfahrens habe „einen Prozess der Reflexion über mögliches Fehlverhalten“ in Gang gesetzt. Stattdessen betreibe sie auf ihrer Facebookseite „proaktive Stimmungsmache“. Ihre Suspendierung sei angesichts der Vorfälle gerechtfertigt, „um den ordnungsgemäßen Dienstbetrieb aufrecht erhalten zu können“.

Jedoch gibt die Ermittlungsführerin auch dem Stadtrat eine Teilschuld an den verhärteten Fronten. Viele Kommunalpolitiker seien voreingenommen gewesen, „ein wenig mehr Entgegenkommen“ des Stadtrates nach ihrem Amtsantritt wäre „wünschenswert“ gewesen.

Skurril im Bericht ist Vorwurf 26: Dort stellt die Gutachterin fest, dass Blenkle versuchte, sich „einen monetären Vorteil zu verschaffen“. Blenkle wies die Verwarngeldstelle an, zwei Verfahren gegen sich selbst einzustellen. So wollte die Stadtchefin um die Zahlung von 15 Euro wegen Falschparkens herumkommen. Damit habe sie gegen die „normierte Pflicht zur uneigennützigen Amtswahrnehmung verstoßen“.

Blenkle-Anwalt Klaus Herrmann wollte sich am Donnerstag nicht zu dem Bericht äußern. „Er liegt mir noch nicht vor, deswegen kann ich dazu nichts sagen“, erklärte er.

Auf ihrer Facebook-Seite hat Blenkle vor einigen Tagen angekündigt, sich wehren zu wollen. Sie teilte mit: „Ich werde mit allen rechtlichen Mitteln dafür kämpfen, wieder in das Amt zu kommen.“

Hier geht es zum Kommentar von Christopher Kissmann zum Blenkle-Gutachten.