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  5. Kronzeuge im Drogenhandel: Haftstrafen für zwei Angeklagte

Urteil des Magdeburger Landgerichts Haftstrafen für„Drogen-Ladys“

Zwei Angeklagte wurden mit fünf Jahren und neun Monaten beziehungsweise vier Jahren und neun Monaten Gefängnis bestraft. Die 26-Jährige erhielt einen „Kronzeugen“-Rabatt.

Von Bernd Kaufholz Aktualisiert: 31.01.2025, 11:49
Die Angeklagten Lea-Sophie M. (l.) und Sarah M. mit ihren Anwälten Eckhard Schmidt (2. v. l.) und Jens Glaser .
Die Angeklagten Lea-Sophie M. (l.) und Sarah M. mit ihren Anwälten Eckhard Schmidt (2. v. l.) und Jens Glaser . Foto: Bernd Kaufholz

Magdeburg - Der blühende Handel mit Rauschgift zweier Magdeburgerinnen endete für Lea-Sophie M. (23) und Sarah M. (26) mit einer Justiz-Sonderfahrt in die Haftanstalt. Allerdings ist den beiden diese Einrichtung nach sechs Monaten Untersuchungshaft nicht unbekannt. Am dritten Prozesstag hatte die erste Große Strafkammer am Landgericht Magdeburg die Angeklagten zu fünf Jahren und neun Monaten beziehungsweise vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Außerdem müssen die „Drogen-Ladys“ 950.000 Euro auf den Tisch legen – der niedrig geschätzte Gewinn, den sich die beiden zwischen 2020/21 und Sommer 2024 erdealt haben – monatlich rund 10.000 Euro.

Für die Kammer gab es nach der Beweisaufnahme keine Zweifel, dass das einstige Paar beim bewaffneten Drogenhandel gemeinschaftlich gehandelt hat. Die unterschiedliche Höhe der Haftstrafen erklärte der Vorsitzende Dirk Sternberg damit, dass sich die Ältere als Kronzeugin zur Verfügung gestellt habe und eine Vielzahl von Großabnehmern sowie Kleinkunden, einschließlich des Verkäufers der Schreckschusspistole, die zur scharfen Waffe umgebaut worden war, benannt hatte. Sie habe somit der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit gegeben, in 17 Drogen-Verfahren zu ermitteln.

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Mit ihrem für die Aufklärung hilfreichen Geständnis, weit über die Anklage hinaus, konnte sich die 26-Jährige einige Monate hinter Gittern ersparen. Auf der Habenseite sah das Gericht zudem ihre „schwere Kindheit, geprägt von Gewalt und Missbrauch“ sowie den Umstand, dass sie nicht vorbestraft ist. Der lange Zeitraum, Umfang und Organisation des Dealens ließ Justitias-Waage hingegen in die andere Richtung ausschlagen.

Haftstrafen für Drogenhandel in Magdeburg

Sarah M. hatte während der Hauptverhandlung von ihrer Alkohol- und Drogensucht gesprochen. Eine Therapie sei erfolglos gewesen, weil sie während dieser Zeit weiter Drogen genommen und versucht habe, die Therapeuten auszutricksen. Mit 12 Jahren habe sie ihren ersten Vollrausch gehabt, ab dem 13. Lebensjahr Cannabis und Ecstasy - später auch Kokain („so viel es ging“) konsumiert. Zuletzt täglich 1 bis 3 g Kokain, 15 g Gras, Haschisch, 5 Tabletten, alle 2 Tage LSD, bis zu 15 Flaschen Bier täglich. „Immer höhere Dosen.“

Begonnen habe sie mit dem Drogenverkauf deshalb, um davon die eigene Sucht zu finanzieren und ihre Schulden zu begleichen. Nach und nach sei das Geschäft immer größer geworden.

Drogenfund und Waffenbesitz: Umfang des Handels

Ein Antrag von Strafverteidiger Jens Glaser auf Begutachtung, um festzustellen, ob Sarah M. möglicherweise aufgrund ihrer Sucht teilweise oder gar nicht schuldfähig ist und gegebenenfalls in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden muss, hatte die Strafkammer zu Beginn des Prozesstages abgelehnt.

Die Magdeburgerinnen haben mit fast allem gehandelt, was unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. So waren allein bei der Razzia am 26. Juli 2024 30 g Kokain, 650 Ecstasy-Pillen, 5,6 kg Marihuana, 300 g Haschisch, 400 g Amphetamine gefunden worden. Bei einem Bekannten hatten sie weitere 570 Ecstasy-Tabletten, 6 kg Marihuana und eine Vielzahl von LSD-Konsumeinheiten deponiert.

Griffbereit lagen ein Butterflymesser und in der Küche in einem Koffer die scharf gemachte „Sig-Sauer“-Pistole mit Patronen und einem gefüllten Magazin. 41.000 Euro waren in der Wohnung der Mutter von Lea-Sophie M. deponiert. Monatlich seien allein 10 kg Cannabis über die „Tresen“ gegangen. 80 bis 100 Käufer standen Schlange.

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Lea-Sophie M., die einräumte, Cannabis konsumiert zu haben, hatte beim Prozess ein Teilgeständnis abgelegt und den Hauptanteil ihrer einstigen Lebensgefährtin zugeschoben, bescheinigte das Gericht zwar geringere Tatbeiträge, doch habe sie nicht in „Mittäterschaft“, wie es ihr Anwalt Eckhard Schmidt vorgetragen hatte, gehandelt, sondern als vollwertiges Mitglied des Duos.

Sternberg: „Sie fungierte als Fahrerin, kannte die Geschäfte, hat zum Teil selbst verkauft und war auch beim Pistolenkauf dabei.“ Außerdem habe sie jederzeit Zugriff auf die Kasse gehabt und sich durch Drogengelder ein schönes Leben bereitet. Auch dass ein Butterfly-Messer (Waffe) griffbereit lag, sei für sie nicht unbekannt gewesen.

Mit einem Teil ihrer Aussagen habe das Gericht nicht mitgehen können, so Sternberg.

Warnung des Vorsitzenden: Keine zweite Chance

In ihren letzten Worten entschuldigte sich Sarah M. und sagte, dass sie sich in der Haftanstalt einer Therapie unterziehen will. Lea-Sophie M. sagte unter Tränen, dass sie froh sei, durch die Haft einen Schlussstrich unter ihr bisheriges Leben ziehen zu können und nun endlich die Möglichkeit habe, sich von der 26-Jährigen zu lösen, mit der sie seit ihrem 13. Lebensjahr zusammengelebt hat. Sie wolle einen Schulabschluss machen, einen Beruf lernen und arbeiten.

Die Staatsanwaltschaft hatte für die 26-Jährige fünf Jahre Haft für die 23-Jährige sechs Jahre gefordert. Strafverteidiger Jens Glaser legte sich für seine Mandantin Sarah M. bei der Strafzumessung nicht fest. Sein Kollege Eckhard Schmidt, der die 26-Jährige bezichtigte gelogen und manipuliert zu haben, um in einem besseren Licht dazustehen, sah eine Haftstrafe von eineinhalb Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, für angemessen an.

Mit seinen letzten Worte an die Angeklagten warnte Sternberg: „Sehe ich sie hier wieder, kommt es für sie ganz dicke.“