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Michael Kahlfuss aus Möser nimmt an der „East African Safari Classic Rally“ teil „Kugelporsche“ sprintet durch Kenia

Vom 9. bis 18. Dezember findet in Kenia die „East African Safari Classic Rally“ statt. In einem der 60 Fahrzeuge sitzt Michael Kahlfuss aus Möser im Trabant 600 T.

Von Bernd Kaufholz 03.10.2023, 19:00
Michael Kahlfuss aus Möser vor seinem ralleyetauglichen Tranbant 600 T.
Michael Kahlfuss aus Möser vor seinem ralleyetauglichen Tranbant 600 T. Privat

Möser - Am 24. September legte im Hamburger Hafen das Containerschiff „Margrit“ mit Kurs auf Mombasa (Kenia) ab. Im Laderaum auch ein sechs Tonnen schweres „Wertpaket“ aus Sachsen-Anhalt – eine „Kugelporsche“, wie Michael Kahlfuss aus Möser (Jerichower Land) seinen Trabant 600 nennt.

Neben dem gelbblauen „Plastikbomber“ steckt in dem zweitägigen Container „fast noch ein zweiter Trabi“, wie der Rallyeverrückte sagt: „zwei Ersatzmotoren, zwei Getriebe, vier Achsen, ein komplettes Bremssystem, 20 Reifen, Notstromaggregat, Schweißgeräte, ...“

Nach 43 Tagen auf See soll das Schiff nach mehreren Zwischen Stationen im Zielhafen vor Anker gehen. „Am 5. Dezember werden mein Team und ich hinterherfliegen und einen Tag später den Container übernehmen.“

Die Ostafrika-Safari-Classic-Rallye 2023: Auf dieser Route wird Michael Kahlfuss aus Möser (Jerichower Land) mit seinem Trabant 600 teilnehmen.
Die Ostafrika-Safari-Classic-Rallye 2023: Auf dieser Route wird Michael Kahlfuss aus Möser (Jerichower Land) mit seinem Trabant 600 teilnehmen.
Grafik: prePress Media Mitteldeutschland GmbH

Eigentlich sei für ihn das „Afrika-Abenteuer“ nach seinen Starts 1994, 2003 und 2015 Geschichte gewesen, so der 60-Jährige. „Die nicht abgesperrten Strecken, die Straßenverhältnisse, das Klima verlangen alles von den Teams ab.“ Und er schmunzelt: „Man kann einem Auto nichts Schlimmeres antun, als bei der Rallye in Kenia zu starten. Alle anderen Rennen sind dagegen ein Erholungsausflug.“ Andererseits mache gerade das den großen Reiz der Veranstaltung aus, die er auch nach seinem Start vor acht Jahren nicht aus dem Kopf bekommen habe. „Die Faszination eines der letzten ganz großen Abenteuer.“

Toyota half 1994

Daran, wie es zu der einmaligen Symbiose von „Rennpappe“ und Afrika kam, kann sich Kahlfuss noch genau erinnern. „Seitdem ich 1993 mit dem Trabant an der ,Rallye Monte Carlo’ teilgenommen und das für einen großen Medienrummel gesorgt hatte, war ich als Exot bekannt. Ich bin dann mit einem befreundeter Journalisten ins Gespräch gekommen, wo die nächste Herausforderung liegen könnte“ Dabei sei die Idee auf den Tisch gekommen, am WM-Lauf bei der „East African Safari Rally“ (damals noch ohne „Classic“) teilzunehmen. „Mein Bekannter hatte Kontakte nach Köln zum Sitz von Toyota Deutschland und gemeint: Die können dir helfen. Und es hat tatsächlich geklappt.“ Bei einem Treffen, bei dem mehrere Rallye-Weltmeister mit am Tisch saßen, wurde letztlich verkündet: Das Trabi-Team aus Sachsen-Anhalt nehmen wir mit. „Ohne die Hilfe von Toyota hätten wir die ganze Sache finanziell und logistisch nicht stemmen können“, ist sich Kahlfuss sicher.

Der „601“ war extra für den WM-Lauf gebaut und auf den Namen „Fritzi“ getauft worden. „Der Name entstand so: Eine Freundin meiner Frau hat damals jedem Trabi ,Fritzi’ genannt. So ist das zum Selbstläufer geworden.“

Das Rennglück war 1994 allerdings nicht aufseiten des Trabi-Teams. „Aufgrund der hohen Geschwindigkeitsschnitte am letzten Tag schieden wir wegen Zeitüberschreitung aus.“

Dass er nun ein viertes Mal an der Rallye teilnimmt, begann damit, dass er bei einem Trabi-Treffen im Erzgebirge die Rohkarosse eines ,Kugelporsches’ gefunden habe. „Die nehme ich mit“, entschied er und hatte damit schon den ersten Schritt zurück nach Afrika gemacht – „trotz der schwierigen Ersatzteillage in Kenia und der zu erwartenden Strapazen“.

Michael Kahlfuß (r) und sein Beifahrer Ronald Bauer 2015 am Ziel der "East African Safari Rally"
Michael Kahlfuß (r) und sein Beifahrer Ronald Bauer 2015 am Ziel der "East African Safari Rally"
Privat

„Fritzi“, der inzwischen im August-Horch-Museum in Zwickau steht, wirbelte drei Mal den Staub der roten Lateritpisten Ostafrikas auf – 2003 in Uganda, Tansania und Kenia, 2015 ohne Uganda aber mit dem Zusatz „Classic“. Und der Rennfahrer aus Möser klopft sich an die Stirne: „Toi, toi, toi! In Afrika ist mir noch nichts passiert. Anders, als 2006 bei der Neuseeland-Rallye, als ich mich in einer tiefen Schlucht wiederfand. Gott sei Dank unverletzt. Wir haben den Mitsubishi die ganze Nacht repariert und noch den 26. Platz belegt.“

Kritische Situationen habe es allerdings auch bei den Rallyes in Afrika gegeben. „Das stehen plötzlich Zebras auf der Straße oder eine Giraffe.“ Die Zeiten, als ein Hubschrauber an der Spitze flog und eine Wasserbüffelherde auseinandertrieb, damit die Autos durchfahren können, sei längst vorbei. „Passiert heute so etwas heißt es ganz einfach: Warten.“

Die Rohkarosse aus dem Erzgebirge war das erste Puzzleteil für „Kenia 2023“ („Ich habe inzwischen noch zwei liegen“). „Vor zwei Jahren begannen wir damit die Karosse zu schweißen, um sie zu verstärken – alle Rallye-Anforderungen zu erfüllen. Probleme gab es beim Sicherheitskäfig. Die gängigen passten alle nicht für einen Trabant.“ Kahlfuss fand einen Zellenbauer in Nordrhein-Westfalen, der Käfige maßschneidert. „Der größte Schatz ist allerdings die ,Zwickauer ,Trabantwelt’, ein Onlineversand, der fast alle Trabiteile neu anbietet.“

Streckenführung geheim

Es folgten Lack, Achsen, Elektrik. Die Endmontage dann in Schermen (Jerichower Land): zweiter Tank, Pumpen, Sitze, Gurte, ... Am 17. September, 20 Uhr, war aus der Rohkarosse ein der gelbblauer (nach den Farben des Burger Hauptsponsors Schnoor) Rallyerenner geworden. Sechs Tage später wurde in der Kahlfuss-Werkstatt in Möckern die Containertür geschlossen.

Mehr als 70 Teams haben sich für die Rallye angemeldet. Allerdings gibt es nur 60 Startplätze. Kahlfuss: „Die übrigen stehen auf der Warteliste.“

Wo die Tour genau entlang geht, bleibe bis kurz vor dem Start ein Geheimnis. „Erst dann bekommen wir das Kartenmaterial. Aber da wir schon die Übernachtungsbuchungen erhalten haben, kennen wir die Eckpunkte des Rennens.“

Wie der Rallyepilot seine Frau Annett kennengelernt hat, hat natürlich auch etwas mit dem Rennsport zu tun. „Als wir uns in Dresden das erste Mal sahen, hatte ich ein Rallyeauto auf dem Hänger. Ihre erste Reaktion: Wie kann man nur so verrückt sein.“

Kahlfuss sagt, dass seine Frau wusste, auf was sie sich einlässt („Mich gib’s nur damit“), aber er räumt auch ein, dass es inzwischen mehr Überzeugungsarbeit kostet, dass Annett seine Rallyeleidenschaft ein Lächeln ins Gesicht zaubert. „Sie ist echt angefasst. Da nutzt es auch nicht viel, wenn ich ihr sage, dass ich nicht mehr so schnell fahre, wie noch vor ein paar Jahren.“ Natürlich gehört seine Frau zum Team (Beifahrer, Mechaniker und Betreuer) in Afrika dabei.