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Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalts legt Prüfbericht zu Leistungsangeboten der Ärzte vor Eine Genehmigung ist kein Freibrief für alle Zeiten

Von Silke Janko 23.06.2011, 06:28

Immer mehr ambulant tätige Mediziner müssen ihre Leistungen einer Qualitätsprüfung unterziehen. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt (KV) legte gestern den Qualitätsbericht 2010 vor. Die KV prüft rund 60 Leistungsangebote, von Ultraschall, Darmspiegelung bis hin zur Dialyse.

Magdeburg. 64 ambulant tätige Ärzte in Sachsen-Anhalt haben die Genehmigung zur Durchführung von Darmspiegelungen. "Seit 2002 werden die Mediziner regelmäßig einmal jährlich geprüft. Keiner entgeht uns", erläutert Dr. Ulf Diete, der als Gastroenterologe und Leiter der Koloskopiekommission der KV die Arbeit seiner Kollegen begutachtet.

Voraussetzung für eine Genehmigung ist dabei nicht nur die vorgeschriebene Praxis-Ausstattung, sondern auch eine Mindestzahl von Darmspiegelungen (mindestens 200 Darmspiege- lungen und 50 Polypenentfernungen in den letzten zwei Jahren), bevor sie ein Arzt in niedergelassener Praxis überhaupt anbieten darf. "Das macht es oftmals Ärzten aus Krankenhäusern schwer, wenn sie sich niederlassen wollen und sie nicht die geforderten Untersuchungszahlen nachweisen können", erläuterte der in Magdeburg tätige Diete. Um die Genehmigung zu behalten, müssen die Mediziner jährlich mindestens 200 Darmspiegelungen und zehn Polypenentfernungen (Vorstufe des Darmkrebses) durchführen. Die Kommission prüft, ob diese Mindestzahlen erreicht werden, und fordert darüber hinaus 20 Darmspiegel-Dokumentationen mit mindestens fünf Polypenentfernungen einschließlich Bild-Dokumenten ab, die von besonders qualifizierten Ärzten hinsichtlich der vollständigen Untersuchung des Dickdarms und der Diagnose geprüft werden.

Auch bei den Hygiene-Vorgaben gelten strenge Regeln - kontrolliert werden jährlich zweimal je zwei Endoskope hinsichtlich der Keimbelastungen. Wer die Anforderungen nicht erfüllt, wird nochmals geprüft. Wenn es auch dann Beanstandungen gibt, ruht die Genehmigung. Bei einer weiteren nicht bestandenen Nachkontrolle entzieht die KV die Genehmigung - für Ärzte eine auch unter finanziellen Gesichtspunkten schmerzliche Entscheidung. Eine Genehmigung, so heißt es im Qualitätsbericht 2010, ist kein "Freibrief auf unbestimmte Zeit". 2010 wurden bei einem der 64 Mediziner die Dokumentation der Leistungen beanstandet. Bei 111 Hygiene-Kontrollen gab es drei Beanstandungen, die Nachbegutachtungen waren in Ordnung.

"Wir haben alle struktur- und personell bedingten Mängel ausgemerzt", erläuterte Diete. Er vergleicht die Eigenkontrollen der Ärzteschaft in etwa so, als wenn Autofahrer mit ihrem Auto jährlich zum TÜV verpflichtet wären und der eingebaute Fahrtenschreiber, der alle Fahrzeugbewegungen aufzeichnet, mit der Verkehrssituation und den gesetzlichen Vorgaben abgleicht, zur Kontrolle vorgelegt werden müsste. "Erst dann würde die Gültigkeit der Fahrerlaubnis um ein Jahr verlängert werden."

Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalts, Burkhard John, räumte ein: "Die Begeisterung ist sehr relativ." Und die Prüfungen bringen eine "gewisse Belastung für die Kollegen" mit. Er verwies darauf, dass die Qualitätsvorgaben weitaus strenger als im stationären Bereich seien und sie weiter ausgebaut werden.

Die KV prüft heute mehr als 60 Leistungen, die von den insgesamt 3800 im Land ambulant tätigen Medizinern und Psychotherapeuten angeboten werden. Neben Darmspiegelungen sind das beispielsweise das Mammografie-Screening (Röntgen der Brust), standardisierte Behandlungsprogramme für Diabetiker und Ultraschall-Untersuchungen. Bundesweit vorgeschrieben ist die Prüfung von 40 Leistungsangeboten. Im vergangengen Jahr prüfte die KV mehr als 3000 Dokumentationen. Konkrete Angaben zu Beanstandungen, die sehr minimal ausgefallen sind, machte die KV nicht. Rückschlüsse auf falsche Diagnosen bzw. Behandlungen lassen sich daraus allerdings nicht ziehen. Diete: "Es geht darum, Fehler zu minimieren."