1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Golf 7: Altmärker bringen ihn zum Rollen

Fast 3000 Männer und Frauen pendeln aus Sachsen-Anhalt zum Volkswagen-Werk nach Wolfsburg. Von Thomas Pusch Golf 7: Altmärker bringen ihn zum Rollen

05.09.2012, 03:24

Gestern wurde der neue Golf vorgestellt. Das war auch für fast 3000 Sachsen-Anhalter ein bedeutender Moment. So viele arbeiten nämlich bei VW, die meisten von ihnen pendeln täglich aus der Altmark zum Werk nach Wolfsburg.

Altmark/Wolfsburg l "Der Golf 7 - ein Teil von mir". So steht es in weißen Lettern auf dem schwarzen T-Shirt, das Markus Baumann stolz präsentiert. Seit eineinhalb Jahren arbeitet der 23-Jährige bei Volkswagen. Und der Spruch funktioniert in beide Richtungen. Zum einen war Baumann in der Logistik an der Produktion des neuen Golf-Modells beteiligt. "Wir holen die Teilekisten aus dem Lager und bringen sie an die Produktionslinie", erzählt er. Bevor er zu VW kam, arbeitete der gelernte Metallbauer auf Montage. Das wollte er aus privaten Gründen nicht mehr. Das tägliche Pendeln allerdings stört ihn ganz und gar nicht. "Ich bin 45 bis 50 Minuten unterwegs, nur freitags dauert es ein paar Minuten länger, das ist nicht schlimm", sagt er. Er ist auch nicht allein unterwegs, bildet mit zwei Kollegen eine Fahrgemeinschaft.

Und der Spruch auf dem T-Shirt funktioniert auch in die andere Richtung, denn Baumann identifiziert sich voll und ganz mit VW und seinen Autos. "Das ist schon ein tolles Gefühl, wenn ich mit dem Fahrrad durchs Werk fahre, komme ich mir vor wie in einer Großstadt", schwärmt er. Und die Bewunderung wird nicht weniger, wenn er über den neuen Golf spricht. "Der ist ganz toll geworden, man kann nicht immer wieder das Auto neu erfinden, aber irgendwie gelingt VW immer eine Weiterentwicklung", fasst der Jeseritzer zusammen. Ja, die Diskussion über die hohen Preise, die den Fabrikatsnamen irgendwie nicht rechtmäßig erscheinen lassen, kennt er. Und hat auch ein Gegenargument: "Es fahren so viele Menschen dieses Auto, also ist es doch auch das Auto des Volkes."

Nicht das Werk am Mittellandkanal, sondern die Fachhochschule Magdeburg am Herrenkrug ist derzeit der Arbeitsplatz von Olaf Stöwesandt. "Ich bin von Volkswagen freigestellt und studiere Elektrotechnik", erklärt der 23-Jährige. Nach Abitur und Bundeswehr kam er 2007 zu VW, absolvierte eine Ausbildung zum Elektroniker für Automatisierungstechnik. "Wir sind dafür verantwortlich, dass die Anlagen laufen", beschreibt er seine Aufgabe.

Drei Monate hat er allerdings auch in Halle 54 gearbeitet. Dort läuft die Endmontage des Golf 7, der Köckter setzte Türinnenverkleidungen ein. "Es macht Spaß an einem Auto zu arbeiten, auf das so viele warten", sagt er.

Auf Volkswagen gekommen ist er durch seinen Vater, einen Produktionsarbeiter. Doch in seiner Heimatgemeinde hätten ihm viele diesen Tipp geben können. "Für Köckte ist VW der größte Arbeitgeber", meint er. Fast die Hälfte sei entweder im Werk selbst oder bei einem Zulieferer tätig.

Die Vorstellung des neuen Golf ist für Olaf Wendorff hingegen fast schon so etwas wie Routine. Der 51-Jährige gehört schon seit dem 21. Januar 1991 zu Volkswagen. In der Zeit liefen der Golf 3, 4, 5 und 6 vom Band. Am aufregendsten war für ihn seine erste Premiere. "Um den Golf 3 wurde auch eine Menge drumherum gemacht", erinnert er sich.

Für VW zu arbeiten gibt ihm vor allem ein beruhigendes Gefühl. "Es ist ein ziemlich sicherer Arbeitsplatz", schätzt der Jeseritzer. Und ein höchst bekannter Arbeitgeber. "Die wenigsten wissen doch, wo Magdeburg ist, aber Wolfsburg kennt jeder, weil dort VW ist", hat er festgestellt.

Wendorff arbeitet als Anlagenmechaniker im Presswerk. Auf mehreren Straßen entstehen dort die Blechteile für die Volkswagen. Mit dem neuen Golf hatte er nicht direkt zu tun, bei ihm liefen Teile für den Golf 6, Golf plus, Touran und Tiguan.

Dieselben Fahrzeuge gingen bei Michael Boest durch die Lackendkontrolle, im sogenannten Finish in Halle 15 b. Als Fahrer fing der Köckter vor vier Jahren in Wolfsburg an. "Ich fuhr die neuen Fahrzeuge von der Produktion zu den Bereitstellungsplätzen, war also immer mit ganz neuen Autos unterwegs", erzählt er schmunzelnd. Lkw-Schlosser und Mediengestalter hat er mal gelernt und nun ist er stolz darauf, "dass ich trotz meines hohen Alters hereingerutscht bin". Der 48-Jährige sieht jeden Arbeitstag als neue Herausforderung.

Anders als viele seine Kollegen kommt er nicht mit einer Fahrgemeinschaft, sondern mit der Bahn nach Wolfsburg. Bis zum Bahnhof hat es der Solpker nicht weit und inklusive Fußweg zum Werk ist er rund 40 Minuten unterwegs. "Das ist kein Problem", sagt er.

Ab und zu hängen sich die 50 Minuten Fahrzeit für Michael Hentschke an, "aber im Großen und Ganzen nimmt man das gerne in Kauf, denn der Job ist es wert." Seit 15 Jahren ist der Lackierer aus Gardelegen VW-Mitarbeiter. "1997 war ich arbeitslos, habe mich beworben und das seltene Glück gehabt eine Stelle zu bekommen", erinnert er sich an die Anfänge. Und nun ist er auch an der Produktion des Golf 7 beteiligt gewesen. "Der wird bestimmt einschlagen", ist sich der 48-Jährige sicher.

Ein Teil von Volkswagen zu sein gibt ihm ein "sehr gutes Gefühl". Nicht nur, weil es ein sicherer Job ist, sondern weil er VW auch als Familie empfindet. "Da gibt es immer einen Vorgesetzten, der ein offenes Ohr hat", sagt er, "und das nicht nur für die beruflichen Probleme."