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Au-pair Städtetrip und Staubsauger

Christoph Maiwald arbeitet als Aupair in den USA. Ein Ferninterview mit dem Magdeburger in New Orleans über Alltag, Politik und Freizeit.

Von Vincent Gulatz 21.02.2017, 23:01

Volksstimme: Fiel dir die Eingewöhnung nach deiner Ankunft leicht?

Christoph Maiwald: Da ich in der Sommerzeit in den Staaten angekommen bin und die Kinder schulfrei hatten, gelang es mir sehr schnell, mich in meiner Gastfamilie und in die Umgebung einzugewöhnen. Ich brauchte trotzdem etwa zwei bis vier Wochen, um das Feriengefühl zu verlieren.

Wie sieht ein Tag in Amerika für dich aus?

Ich stehe gegen 6.30 Uhr auf und mache mich fertig, eine Viertelstunde später wecke ich die vier Kinder, sorge dafür, dass sie sich anziehen und etwas essen. Währenddessen bereite ich ihre „Lunchpakete” für die Schule vor. Danach bringe ich die Kinder zur Schule. Die beiden Ältesten gehen auf dieselbe Schule, die beiden Jüngeren auf separate Schulen. Wenn ich wieder zu Hause bin, muss ich entweder Medizin für den Kleinen abholen, den Wocheneinkauf tätigen, einzelne kleine Besorgungen erledigen und kleine Hausarbeiten verrichten, also Wäsche waschen und falten, Müll rausbringen, Geschirrspüler leeren oder auffüllen und den Staubsauger laufen lassen, denn zum Glück ist dieser ein Roboter. Dann habe ich bis zum Nachmittag Freizeit, ab 15 Uhr hole ich die Kinder wieder ab. Danach Hausaufgaben mit ihnen machen und dafür sorgen, dass ihre Zimmer ordentlich sind. Manchmal kommen noch außerschulische Aktivitäten dazu, zu denen ich die Kids noch bringen muss. Gegen 18 Uhr bin ich meistens fertig mit allem und kann tun und lassen, was ich möchte.

Wie begegnet man dir als Deutscher?

Eigentlich ohne Vorurteile. Es kamen nur Fragen, ob ich Bier mag und Fußball spielen könne. Ansonsten haben wir einen sehr guten Ruf und jeder Ami scheint auch einen Deutschen zu kennen oder von einem abzustammen, behaupten sie jedenfalls.

In Deutschland sind bekannte Youtuber mittlerweile allgegenwärtig, ist das in den Staaten identisch?

Definitiv, ich glaube, die gab es hier sogar schon eher.

Serien wie „The Big Bang Theorie“ oder „The Walking Dead“ liegen in Deutschland voll im Trend, ist das in den USA auch so?

Auf jeden Fall! Ich glaube, da sind wir und die Amis gleich, wobei manche Serien ja weltbekannt sind. Ich selber bin zum Beispiel großer „Game of Thrones“-Fan und kann auch hier mit den Leuten super darüber sprechen.

Wie ist aktuell die Stimmung unter den Jugendlichen bezüglich Donald Trump und seiner Politik?

Die Stimmung ist angespannt, Trump ist sehr umstritten, so auch bei den jungen Menschen. Viele Studenten, besonders die weiblichen, argumentieren immer wieder gegen sein Programm. Es gab und gibt massive Demonstrationen, wie den „women’s march” am 21. Januar in Washington, also einen Tag nach der Amtsübernahme. Man spürt das schon: Die Aufmerksamkeit vieler Menschen auf der ganzen Welt liegt nach der Wahl des neuen Präsidenten auf den Vereinigten Staaten und keiner weiß, was morgen vielleicht schon passiert.

Themenwechsel: Welche Musik ist unter den Jugendlichen angesagt?

Von allem etwas, viele spielen selbst Instrumente in einer Band oder singen, ich glaube das liegt an der Stadt. Das Musikangebot ist groß: von Jazz und Blues bis zu R&B und Funk. Das alljährliche „Jazz Heritage Festival” Ende April verkörpert die Vielseitigkeit sehr gut, was man schon an einigen der namhaften Acts erkennen kann: Maroon 5, Kings of Leon, Stevie Wonder, Meghan Trainor oder Snoop Dogg.

In Amerika reicht das Mindestalter für den Erwerb einer Fahrlizenz von 16,5 bis 21 Jahre, hier in Deutschland gilt einheitlich 18 – welches Alter hältst du für sinnvoll?

Ich denke, 18 Jahre sind ein angemessenes Alter, um junge Leute in den Straßenverkehr zu lassen.

Was ist das Top-Thema in den Staaten?

Wenn es mal nicht um Politik geht, sind Football und der Superbowl aktuell total angesagt. Vergleichbar mit der Fußball-EM und WM in Europa, einfach ein riesiges Event! Ansonsten habe ich den Eindruck von einem multikulturellen Land mit unglaublicher Vielfalt. Außerdem sind die Amerikaner sehr patriotisch, manchmal etwas zu sehr, aber insgesamt sind sie ein sehr nettes Volk.

Was gefällt dir in Amerika besser und was schlechter als in Deutschland?

Ich finde die Städte und Landschaften sehr interessant und sehenswert. Die „Six Flag“-Freizeitparks sind deutlich besser als Vergleichbares in Deutschland. Deutsche Würstchen, Brot und Bier sind in den USA kaum zu schlagen.

Wenn du frei wählen könntest, wo würdest du lieber leben – hier oder in Amerika?

Trotz all der guten Erfahrungen hier doch eher in Deutschland oder ganz woanders.

Kannst du so einen Au-pair- Aufenthalt jedem empfehlen?

Ja, er ist eine super Möglichkeit, eine neue Sprache zu lernen. Man hat die Chance, ein anderes Land und seine Menschen kennenzulernen. Es ist absolut zu empfehlen, jedoch muss man sich bewusst sein, dass es kein Urlaub ist und man sich auch viel engagieren und einbringen muss. Alles in allem ist es eine bereichernde Erfahrung für mich, weshalb ich mich entschlossen habe, noch ein Jahr länger hier zu bleiben, bevor ich zurück nach Magdeburg komme.