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Kenia-Koalition Tag der Entscheidung

Die Koalition von CDU, SPD und Grünen steht. Ministerpräsident Haseloff (CDU) stellt sich am Montag zur Wiederwahl.

24.04.2016, 17:58

Magdeburg l Reiner Haseloff könnte bundesweit ersten Ministerpräsidenten einer schwarz-rot-grünen Landesregierung werden. Parteitage von CDU, SPD und Grünen stimmten dem Koalitionsvertrag jeweils mit großer Mehrheit zu. Nach der CDU am Freitagabend ebneten am Sonnabend auch SPD und Grüne den Weg.

Ob Haseloff schon im ersten Wahlgang im Magdeburger Landtag die erforderliche absolute Mehrheit erhält, ist ungewiss. Die geplante Koalition verfügt über 46 Mandate – erforderlich sind im ersten Wahlgang 44 Stimmen.

SPD-Landeschef Burkhard Lischka sprach bei einem Landesparteitag am Sonnabend in Burg den Delegierten Mut zu. „Die SPD ist schwer gestürzt, aber sie ist wieder aufgestanden“, sagte er mit Blick auf die Wahlniederlage am 13. März. Die Partei hatte nur 10,6 Prozent der Wählerstimmen geholt.

„Ich möchte, dass die SPD wieder eine wirkliche Volkspartei wird“, sagte Lischka. Die Partei müsse mittelfristig den Anspruch haben, Sachsen-Anhalt „von der ersten Reihe aus zu gestalten“. Die SPD habe sich am 13. März unter Wert verkauft, sagte der Parteichef. „Diese Scharte werden wir gemeinsam wieder auswetzen.“

Scharf griff der SPD-Chef die AfD an. Deren Landeschef An-dré Poggenburg sei ein „Hetzer und Spalter, der am ganz rechten Rand fischt“, sagte er. Er warb für das Dreier-Bündnis. Das Land brauche diese Koalition, um einen direkten oder indirekten Einfluss der AfD zu verhindern, sagte er. „Denn das wäre eine Katastrophe für Sachsen-Anhalt.“

Die SPD-Delegierten stimmten dem Koalitionsvertrag mit 94 Prozent zu. Es gab 94 Ja-Stimmen, vier Delegierte votierten mit Nein, zwei enthielten sich.

Auch Grünen-Landeschefin Cornelia Lüddemann warb auf dem Parteitag in Magdeburg für die Kenia-Koalition. Der Koalitionsvertrag sei ein „gutes Papier mit vielen grünen Inhalten“, sagte sie. Der Vertrag zeige, dass die Grünen „kein Anhängsel“ der Großen Koalition aus CDU und SPD seien, so die Landes-chefin. Die Grünen hätten eine hohe Verantwortung in der Kenia-Koalition: „Wir müssen der Stabilitätsanker sein.“

Lüddemann sagte, in den Koalitionsverhandlungen sei deutlich geworden, dass „die CDU keine Vision für dieses Land hat“. Für viele in der Union seien die Verhandlungen herausfordernd gewesen. „Die älteren Herren waren es nicht gewohnt, mit jungen selbstbewussten Damen zu reden“, sagte sie mit Blick auf die CDU.

Grünen-Spitzenkandidatin Claudia Dalbert, die Ministerin für Landwirtschaft, Umwelt und Energie werden soll, sagte: „Der Koalitionsvertrag bietet uns die Möglichkeit, Sachsen-Anhalt nach vorn zu bringen.“ Sie verkündete, dass der Präsident des Landesamtes für Umweltschutz, Klaus Rehda, neuer Umwelt-Staatssekretär wird. Für den Bereich Landwirtschaft wird der Agrarwissenschaftler Ralf-Peter Weber neuer Staatssekretär.

Die Grünen stimmten bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung dem Koalitionsvertrag zu. Von 65 Delegierten votierten 63 mit Ja.

Reiner Haseloff hatte bereits am Freitagabend seine Partei eindringlich zur Unterstützung aufgerufen. Er sprach vom „schicksalhaftesten Parteitag“ der vergangenen 25 Jahre. Es müsse deutlich gemacht werden, dass die demokratischen Parteien in der Lage seien, eine stabile Regierung zu bilden. In der CDU hatte es vor allem über Unmut gegeben über die Entscheidung, das Agrar- und Umweltministerum an die Grünen zu geben. Die CDU-Delegierten stimmten dem Vertrag mit deutlicher Mehrheit zu. 153 Delegierte votierten mit Ja, 30 stimmten mit Nein, zehn enthielten sich.

Der AfD-Vorsitzende André Poggenburg sagte: „In vollem Bewusstsein, damit ihre Stammwählerschaft im ländlichen Raum zu betrügen, paktiert die CDU mit den linksideologischen Grünen und überlässt diesen zudem das Landwirtschaftsministerium.“

Linken-Fraktionsvorsitzender Swen Knöchel kritisierte: „Von Zukunft ist wenig zu lesen in diesem Vertrag.“ Es dominierten die Probleme der vergangenen zehn Jahre.

CDU, SPD und Grüne sehen dagegen einen Großteil ihrer Forderungen im Koalitionsvertrag als erfüllt an. Vereinbart wurde etwa die Einstellung von mehr Lehrern und Polizisten; zudem sollen die Kommunen mehr Geld erhalten. Gleichzeitig will das neue Regierungsbünd- nis keine neuen Schulden machen

Bei der Unterzeichnung des Vertrages herrschte am Sonntagabend jedenfalls eine entspannte Stimmung. „Magdeburg ist heute die Hauptstadt von Kenia“, meinte CDU-Parteichef Thomas Webel launig. Sein SPD-Kollege Burkhard Lischka zeigte sich optimistisch: „Wenn alle drei Parteien an einem Strang ziehen, hat Sachsen-Anhalt eine gute Entwicklung vor sich.“ Und Grünen-Vorsitzende Cornelia Lüddemann bekannte: „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.“