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Klostergarten Mittelalterliche Beete in Blankenburg

Im Kloster Michaelstein in Blankenburg bekommen Besucher einen Einblick, was Nonnen und Mönche vor Jahrhunderten angebaut haben.

Von Grit Warnat 06.05.2018, 01:01

Blankenburg l Die Sonne scheint, Pferde wiehern, Vögel zwitschern um die Wette. Kein Autolärm, keine Menschenlaute. Es ist Idylle pur abseits der Stadt Blankenburg. Diesen Flecken Erde hatten sich vor gut 870 Jahren Zisterziensermönche gesucht, um ein Kloster zu errichten und eine Eigenwirtschaft aufzubauen. Wie üblich bei einem Kloster muss es damals schon zur Versorgung einen Klostergarten gegeben haben – für Obst, Gemüse, Kräuter. Eine Karte aus jener Zeit ist nicht überliefert, auch weil es seit der Reformation keinen lebendigen Orden mehr hinter diesen Mauern gegeben hat.

Nun steht der Klosterkomplex, der zur Straße der Romanik gehört, nicht nur für ein Museum, für Musikveranstaltungen und die dort ansässige Akademie. Es gibt zwei Klostergärten. Angelegt sind sie nach den detalliert gezeichneten Gärten des Klosterplans von St. Gallen, nach dessen Vorbild zahlreiche klösterliche Gärten Gestalt und Struktur erhielten.

In Michelstein gibt es wieder blühende Klostergärten und viele Beete für Heilkräuter, Arzneipflanzen, Gemüse. Man sollte unbedingt eine Führung buchen, um alles rund um das angelegte Grün und das Wissen der heilkundigen Mönche und ihre Sorge um Seele und Körper zu erfahren.

„Was stark durftet, wurde vom mittelalterlichen Menschen besonders geschätzt. Unsere Nase spielte eine wichtige Rolle“, erklärt Klostergärtnerin Sabine Volk. So sind denn auch im Michaelsteiner Gemüsegarten vier Zwiebelpflanzen gleich in Eingangsnähe positioniert: Knoblauch, Zwiebel, Schalotte, Lauch. Im Heilpflanzen- und Kräutergarten haben einen besonderen Stellenwert Rose, Madonnen-Lilie, Weinraute und Salbei. „Salbei im Garten, der Tod kann warten“, sagt Sabine Volk. Sie kennt viele solcher überlieferten Spruch-Weisheiten.

Im Salbei stecken viele Wirkstoffe. Die Blätter sind klassisches Mittel gegen Halsschmerzen und für eine bessere Verdauung. Sie waren auch für die Mundhygiene wichtig. Zudem ist Salbei auch Gewürzpflanze. Franzosen und Italiener greifen bis heute beim Kochen gern auf die Pflanze zurück.

Salbei gehört zu den mittelalterlichen Klassikern. Schafgarbe ebenso. Die hatte einst auch den Zusatznamen Soldatenkraut. Die Blätter können Blutungen stillen. Beifuß macht müde Beine munter. Und Mutterkraut hilft gegen Migräne.

Bärlauch, Melisse, Brennnessel, Guter Heinrich, Haferwurzel, Englischer Spinat, Sauerampfer, Engelwurz, Wein, Mangold. Manche Pflanze wurde kultiviert und steht nicht nur für die Hausapotheke, sondern wird ebenso geschätzt für besseren Geschmack am Essen. Der Wein, der an der Südseite der mächtigen Klostermauern rankt, hat gleich eine Dreifachfunktion. Die frischen Blätter regen die Durchblutung an, man kann sie wunderbar mit Reis essen und aus den Trauben gut mundenden Wein herstellen. Manche Orden wurden für ihre Weinschöpfungen berühmt. Die Michaelsteiner Mönche betrieben einen Weinberg. Das Produkt soll edel, aber sauer gewesen sein.

Sabine Volk, studierte Ingenieurin für Gartenarchitektur, die sich seit ihrem Amtsantritt 1998 in Michaelstein intensiv mit den mittelalterlichen Pflanzen beschäftigt, nutzt selbst manches für sich: Thymian zum Beispiel oder Giersch, das keineswegs nur als Wegeunkraut verschmäht wird. Giersch wächst im Michaelsteiner Gemüsegarten. „Wenn die Blättchen ganz frisch aus der Erde kommen, schmecken sie besser als Petersilie“, weiß Volk.

Das grüne Reich, durch das sie führt und das eingerahmt ist von Äpfel- und Birnbäumen, Quitte, Maulbeere und Esskastanie, hat einst den Mönchen zur eigenen Versorgung gedient. Die Bereiche am Kloster waren hauptsächlich Nutzgärten. Nicht alles diente der Essensversorgung und Heilkunde. Manches steht für Glaube und Aberglaube.

Sabine Volk führt hin zu einem Plätzchen für Zauberpflanzen. „Majoran, Dost und Dill, kann die Hex nicht wie sie will“, zitiert sie einen überlieferten Spruch. Und sie erzählt, dass die Menschen einst Knoblauch in die Wiege ihres Kindes legten, um es vor Krankheiten zu schützen.

Im Rasen einige Meter weiter recken Gänseblümchen ihre Köpfe zur Sonne. „Sie symbolisieren die Unschuld des Christuskindes“, sagt Sabine Volk. Auch die Lilie wird gedeutet als Zeichen von Tod und ewigem Leben. Die Klostergärtnerin zeigt auf eine Akelei. Sie ist dreiblättrig. „Man sah darin die Dreieinigkeit von Vater, Sohn und heiligem Geist. Das ist Symbolik, das ist Bildersprache.“

Die Klostergärtnerin ist schon auf dem Weg zu den nächsten Beeten mit Haferwurzel, Hopfen, Kapuzinererbsen. Manches ist einem bekannt, aber vieles, was sie zu erzählen weiß, ist neu, interessant und lehrreich.