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Unterrichtsversorgung bei 74 Prozent Lehrermangel: Bürgermeister schreibt Offenen Brief an Bildungsministerin Feußner

Der Bürgermeister der Gemeinde Elsteraue hat einen Brandbrief an Bildungsministerin Feußner geschrieben. Im Kampf gegen den Lehrermangel fühlt er sich im Stich gelassen.

Von Alexander Walter 15.03.2024, 17:26
Andreas Buchheim (parteilos), Bürgermeister der Gemeinde Elsteraue
Andreas Buchheim (parteilos), Bürgermeister der Gemeinde Elsteraue Foto: Hartmut Krimmer

Magdeburg - Der Bürgermeister der Gemeinde Elsteraue (Burgenlandkreis), Andreas Buchheim (parteilos), wirft Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) vor, die Kommune im Kampf gegen den Lehrermangel im Stich zu lassen. Nach – laut Buchheim – zwei erfolglosen Versuchen, Feußner für ein persönliches Gespräch zu gewinnen, hat er sich in einem offenen Brief an sie gewandt.

Die Unterrichtsversorgung an der Grundschule im zur Gemeinde gehörenden 2.500-Einwohner-Ort Tröglitz liegt demnach bei aktuell 74 Prozent – „womit die Misere ausreichend beschrieben ist“, schreibt Buchheim.

Bis heute gab es keinerlei persönlichen Kontakt mit mir.

Andreas Buchheim (parteilos), Bürgermeister der Gemeinde Elsteraue

Wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ berichtet, fand an der Schule mit 175 Schülern nach Elternangaben zuletzt kein qualifizierter Deutschunterricht mehr in einer dritten Klasse statt. 63,5 Unterrichtsstunden seien derzeit über alle Klassen offen. Die vierten Klassen seien zusammengelegt worden. Zwei Einladungen zur Lösung des Problems habe Feußner dennoch ausgeschlagen. „Bis heute gab es keinerlei persönlichen Kontakt mit mir“, schreibt der Bürgermeister. Dabei habe Feußner noch zu Schuljahresbeginn gesagt: „Natürlich haben die (Kinder) ein Recht auf eine auskömmliche Unterrichtsversorgung und das müssen wir gewährleisten.“

Linksfraktion: Grundschule Tröglitz kein Einzelfall

„Knapp sieben Monate später haben uns zwei weitere Lehrkräfte verlassen, eine ist jetzt hinzugekommen, eine soll noch hinzukommen und eine Studentin hilft freundlicherweise aus.“ Zum Schuljahresende werde aber eine weitere Lehrkraft die Schule verlassen und mit dem nächsten Halbjahr bereits die nächste.

Ohne das Mitwirken Feußners sei keine Verbesserung zu erreichen. „Wären Sie als zuständige Ministerin Ihren (...) Aufgaben nachgekommen (...), wüssten Sie davon“, so der Bürgermeister.

Die Linksfraktion teilt die Kritik: „Ministerpräsident Reiner Haseloff hatte auf seinem Schulgipfel 2023 versprochen, die Lehrkräfteversorgung endlich in Ordnung zu bringen“, sagte Bildungspolitiker Thomas Lippmann. Doch die Verzweiflung in Tröglitz zeige einmal mehr, dass die Landesregierung die Dimension des Lehrermangels weiter nicht zur Kenntnis nehme. Tröglitz sei dabei kein Einzelfall. Die Grundschulen in Osterfeld und in Nonnewitz (ebenfalls Burgenlandkreis) standen demnach zuletzt noch schlechter da.

Grundschulverband: Land muss endlich alles tun, um fähige Leute zu halten

Das Beispiel der Gemeinde zeige, dass die mit großer öffentlicher Darstellung ergriffenen Maßnahmen gegen den Lehrermangel nicht an allen Schulen ankommen, erklärte auch Grünen-Bildungspolitikerin Susan Sziborra-Seidlitz: Eine Unterrichtsversorgung von 74 Prozent sei inakzeptabel. „Dass die Ministerin, statt dort hinzueilen (...) monatelang Einladungen ausschlägt, zeigt, dass sie das Problem weder ernst nimmt, noch lösen möchte.“

Grundschulverbandschefin Thekla Meyerhofer sagte: Der Appell der Gemeinde sei dringend zu unterschreiben. Der Lehrermangel an den Grundschulen sei ein „Riesenproblem“. Das Land müsse endlich alles tun, um fähige Leute zu halten.

Bereits seit Längerem steht das Landesschulamt im Austausch.

Josefine Hannig, Sprecherin im Bildungsministerium

Das Bildungsministerium wies die Kritik zurück: „Bereits seit Längerem steht das Landesschulamt im Austausch“, sagte Sprecherin Josefine Hannig. Genauso lang bestehe Kontakt zum Büro der Ministerin. Zuletzt habe es Ende Februar ein Treffen zwischen Bürgermeister, Stadträten, Eltern, Schulleitungen und dem Landesschulamt gegeben. Die Grundschule sei zudem stets mit konkreten Stellen in Ausschreibungsrunden vertreten. „Auch Abordnungen wurden und werden geprüft.“

Das Ministerium räumte zugleich ein: „Tröglitz ist kein Einzelfall“. Es gebe weitere vor allem kleine Schulen auf dem Land, für die es schwierig sei Personal zu finden. Laut Bildungsministerium lag die Unterrichtsversorgung an den landesweit 437 Grundschulen zuletzt bei 97,1 Prozent. Damit steht die Schulform noch deutlich besser da als etwa die Sekundarschulen (89,8 %). Ziel der Koalition sind 103 Prozent. Bei diesem Wert geht man davon aus, dass Unterricht selbst bei Erkrankung von Lehrern nicht ausfallen muss.

Andreas Buchheim hat Eva Feußner in seinem Brief derweil für den 2. April ein drittes Mal zum Gespräch eingeladen. Ob Feußner die Einladung annehmen wird, ließ ihr Haus am Freitag offen.