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Landesvorsitz Wirbelwind und Haudegen für SPD-Spitze

Schaulaufen der Kandidaten für die künftige Doppelspitze der Landes-SPD. In Magdeburg war die erste Vorstellungsrunde der fünf Bewerber.

Von Michael Bock 06.09.2019, 16:03

Magdeburg l Es sind sehr unterschiedliche Charaktere, die sich am Donnerstagabend im Familienhaus in Magdeburg der Parteibasis stellen. Zwei Frauen und drei Männer buhlen um die Gunst der SPD-Mitglieder. Die künftige Doppelspitze soll besetzt werden mit einer Frau und einem Mann. Der bisherige Landeschef Burkhard Lischka tritt nicht mehr an.

Da ist jetzt zum einen Andreas Schmidt (49), Landtagsabgeordneter und Kreischef in Halle. Studierter Historiker und Volkswirt. Er redet mit sonorer Stimme. Wirkt gesetzt und erfahren. Vermittelt den Eindruck eines gemütlichen Gute-Laune-Onkels.

Das ist nur die eine Seite. Leute, die ihn gut kennen, sagen: „Er ist mit allen Wassern gewaschen, kann auch sehr bestimmt auftreten.“ Ein politischer Haudegen.

Schmidt sagt, bei einer Wahl zum Landeschef werde er die Partei fordern: „Ich bin nicht bequem.“ Er will weiter am Umgang miteinander arbeiten. „Wir sind eine WG mit vielen Zimmern. In der Küche muss man sich auch mal streiten können.“

Die Mitkonkurrenten um den Parteivorsitz heißen Jost Riecke (62) und Seluan Al-Chakmakchi (41). Riecke war 21 lang Verbandsdirektor der sachsen-anhaltischen Wohnungswirtschaft. Vor knapp einem Jahr wurde er abberufen. Al-Chakmakchi vertritt die Auffassung: Wer von Erneuerung spricht, braucht auch neue Gesichter.

Beide geraten ins Schwimmen, als gefragt wird, wie die Kandidaten zur Gleichstellung stehen. Riecke sagt: „Es gibt kein Problem damit, wenn man es richtig macht.“ Al-Chakmakchi sagt: „Feminismus ist ja nichts Schlimmes.“ Der alleinerziehende Vater eines 18-jährigen Sohnes bekennt: „Ich bin ein kleiner Macho, dazu stehe ich.“ Und: „Mathe und Frauen werde ich nie verstehen.“

Die Kandidaten haben bis zum 18. Oktober noch fünf gemeinsame Vorstellungsrunden im Land vor sich. Klarer Punktesieger bei den Männern an diesem Abend: Andreas Schmidt.

Bei den Frauen zeichnet sich ein offenes Rennen ab. Juliane Kleemann (49) und Katharina Zacharias (29) haben ihren Hut in den Ring geworfen. Kleemann ist seit zwei Jahren Kreis­chefin in Stendal, als theologische Referentin seit zehn Jahren bundesweit in Kirchen unterwegs. Sie bezeichnet sich selbst als „grenzenlose Optimistin“.

Die leidenschaftliche Motorradfahrerin versteht sich als Mutmacherin für eine verunsicherte SPD: „Aufgeben und Bangemachen gilt nicht.“ Politische Wegbegleiter schätzen ihre ausgleichende Art. Die Fähigkeit, auch bei innerparteilchem Streit die Kontrahenten immer wieder zusammenzuführen: „Sie ist eine Brückenbauerin.“

Kleemann gilt als Favoritin. Eigentlich. Doch auch mit Katharina Zacharias ist zu rechnen, von den Jusos ins Rennen geschickt. Die Haldensleberin präsentiert sich als politischer Wirbelwind. Ein bisschen aufgeregt, ja. Aber quirlig, authentisch, begeisterungsfähig. „Wir brauchen mehr Menschennähe“, sagt die gelernte Köchin. „Wir müssen rausgehen zu den Leuten. Und dabei zu 100 Prozent von unseren Projekten überzeugt sein.“

Wie geht es weiter? Im Anschluss an die Regionalkonferenzen gibt es vom 25. Oktober bis zum 28. November eine landesweite Befragung der SPD-Mitglieder. Die Frau und der Mann mit den meisten Stimmen werden einem Landesparteitag Ende Januar 2020 als neue Doppelspitze vorgeschlagen.