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Landwirtschaft Der Youtube-Bauer aus der Altmark

Viele Landwirte informieren in den sozialen Medien über ihre Arbeit. Zwei Bauern aus Sachsen-Anhalt sind bei Youtube und Instagram populär.

Von Massimo Rogacki 27.04.2020, 01:10

Magdeburg/Schönwalde l Der Akku der Action-Cam ist geladen, das Script für sein Youtube-Video hat Landwirt Michel Allmrodt im Kopf. Vorbereitung ist alles für den 30-Jährigen gilt dieser Spruch nicht nur bei der täglichen Arbeit auf dem familiengeführten Hof in der Altmark. Auch als Youtuber, besser bekannt unter dem Namen „Michel Deere“, überlässt Allmrodt wenig dem Zufall.

Ende März, früher Vormittag im 100-Seelen-Dorf Schönwalde, ein Ortsteil von Tangerhütte. Der Traktor steht bereit, der Dünger für den Dreh ist aufgeladen. Allmrodt, Cowboyhut und dunkle Steppweste, startet zu einem Feld ganz in der Nähe. Den Wetterbericht hat er natürlich genau gecheckt. Den Followern auf der Video-Plattform will der Vlogger (kurz für: Video-Blogger) bei besten Bedingungen Düngestrategien näherbringen. Zu starker Wind passt ihm dabei eher nicht in den Kram.

Rund 200 Videos hat Allmrodt in den vergangenen Jahren aufgenommen. Mit viel Fachwissen und knackigen Kommentaren unterhält der Altmärker mehr als 75 000 Follower. „Ich möchte den Leuten zeigen, wie der Alltag eines Bauern aussieht und mit Klischees aufräumen“, sagt er. Dabei geht es durchaus auch um heikle Fragen. Wie mit Insektiziden umgehen? Was ist das Problem bei der Debatte um vermeintlich zu hohe Nitrateinträge? Mitunter stapft der Landwirt aber auch mal über eine Landmaschinen-Messe und lässt sich die Vorzüge der neuesten Generation von Mähdreschern präsentieren. Hersteller von Maschinen oder etwa Dünger sind durch die Videos auf Michel Allmrodt aufmerksam geworden. Immer mal wieder streut er Clips ein, in denen er den Einsatz von Produkten in der Praxis vorstellt. Die kennzeichnet er mit dem Hinweis „Werbung“.

In einem anderen Video zeigt er dem Sohn eines Kollegen, was beim letzten Druschtag in der Gerste zu beachten ist. Das Video mit dem kleinen Yannick sollte man gesehen haben. Informativ, aber unter Garantie nicht staubtrocken, soll es auf dem Kanal zugehen, sagt Allmrodt. Der Landwirt aus Schönwalde ist zwar professioneller als viele, er ist aber längst nicht der einzige Bauer, der sich in den sozialen Medien tummelt. Laut einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom im Auftrag des Deutschen Bauernverbandes (DBV) von 2019 nutzt bereits jeder vierte Landwirt Facebook, Youtube, Twitter und Co. Der überwiegende Teil informiert sich über diese Kanäle zu Landwirtschaftthemen, jeder Vierte betreibt aber auch aktiv Imagepflege und wirbt für den eigenen Betrieb. Landwirte wollten aufklären und der Landwirtschaft wieder ein Gesicht geben, sagt Erik Hecht vom Bauernverband Sachsen-Anhalt. Immer mehr entdeckten dafür auch die die Social-Media-Kanäle für ihre Zwecke, sagt er.

Eine interessierte wie breite Community hat auch Landwirt Phillip Krainbring aus Hohendodeleben. Der 34-Jährige ist Betriebsleiter in einem Ackerbaubetrieb. Nebenher ist er seit beinahe drei Jahren in den sozialen Medien aktiv. Bei Instagram hat seine Seite mehr als 8600 Abonnenten, aber auch bei Facebook und auf der gemeinsam mit Annika Ahlers betriebenen Webseite „Erklärbauer.de“ gewährt Krainbring Einblicke in seine alltägliche Arbeit. Transparenz schaffen, die landwirtschaftlichen Produkte zeigen, das ist das Ziel. „Jeder sollte wieder einen Bauern kennen“, findet der gebürtige Ostholsteiner. Das hilft gegen die Anonymität und wirke vielen Vorurteilen entgegen, die immer mal wieder über die Landwirtschaft kursieren.

Krainbring und Youtube-Bauer Allmrodt verbindet, dass sie in ihren Videos und Posts auch die politische Debatte nicht außer Acht lassen. Wenn sie die Proteste gegen das Agrarpaket der Bundesregierung oder die Düngeverordnung thematisieren. Krainbring nimmt seine Follower aufs Feld mit, um an einem Tag etwa über alternative Beizverfahren aufzuklären. Ein anderes Mal zeigt er auf, warum er nachts mit der Spritze unterwegs ist, um möglichst wenige Insekten zu treffen.

Zwei Stunden am Tag investiert Krainbring durchschnittlich für seine Kanäle. Bei Michel Allmrodt gehen für Vorbereitung, Aufzeichnung und Schnitt schon mal zehn Stunden drauf. Seinen Youtube-Kanal sehe er dennoch vorrangig als Hobby, sagt er und schaltet die Action-Cam ein, um die letzte Sequenz seines Dünger-Tests festzuhalten. Die Fahrgassen sind unterdessen abgefahren, der Wind hat etwas aufgefrischt. Auch er habe mal wieder dazugelernt, sagt der Bauer. Am Ende des Videos belohnt er die Zuschauer noch mit einem Drohnenflug über die altmärkischen Äcker. Das nächste Thema hat Allmrodt auch schon im Kopf. Planung muss sein, schließlich will er seine Zuschauer auch in Zukunft informieren und bestmöglich unterhalten.