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Leseranwalt Von einer skurrilen Verwechslung

Eine Kundin sollte für den Stromverbrauch in einem inzwischen leerstehenden Haus das Vierfache des Vorjahres bezahlen. Der Grund ist eher zum Schmunzeln.

Aktualisiert: 17.11.2025, 09:11
Die Zählerstände müssen korrekt abgelesen werden.
Die Zählerstände müssen korrekt abgelesen werden. picture alliance/dpa

Magdeburg/clt. - Kannste dir nicht ausdenken, heißt es oft in absurden Situationen. Aber das Leben spielt manche Streiche, die schier unglaublich und dabei für die Betroffenen wirklich ärgerlich sind. So auch im Fall einer Leserin aus dem Jerichower Land, die folgendes berichtet: „Meine Mutti lebt seit zwei Jahren in einem Pflegeheim. Seitdem stand ihr Eigenheim leer und es wurde nur ganz minimal Strom verbraucht (408 kWh) für das Jahr 2023/ 2024. Im Frühjahr 2025 haben wir das Haus verkauft.

Geschätzte Abrechnung

Bei der Schlüsselübergabe wurden alle Zählerstände abgelesen. Dabei stellte der Makler fest, dass der Stromzähler nicht mehr ablesbar war. Somit musste die Endabrechnung geschätzt werden. Hierbei hat der Betreiber für das Jahr 2024/2025 den vierfachen Verbrauch des Vorjahres berechnet (1870 kWh!). Gegen diese Berechnung habe ich Widerspruch eingelegt - ohne Erfolg.“

Das wollte die streitbare Tochter nicht hinnehmen und mutmaßte, der Versorger wolle sich auf Kosten der hilflosen alten Dame bereichern. Wollte er nicht. Es sind aber gleich mehrere Dinge schief gegangen, wie Evelyn Zaruba, Pressesprecherin der envia Mitteldeutsche Energie AG, auf unsere Nachfrage offen gesteht. „Leider ist uns bei der Bearbeitung der Kündigung ein Fehler unterlaufen. Versehentlich wurde der auf dem Übergabeprotokoll vermerkte Stand des Wasserzählers (41,098 m³) als Stromzählerstand erfasst (4110 kWh) und damit die Schlussrechnung erstellt. Diese basiert somit nicht auf einer Schätzung, sondern auf einem vermeintlich abgelesenen Zählerstand“, so die erstaunliche Erklärung.

Bei der Bearbeitung der Widersprüche der Kundin sei der Fehler nicht erkannt worden und stattdessen auf eine Befundprüfung des nicht ablesbaren Zählers hingewiesen worden. „Die Schlussrechnung korrigieren wir und werden berücksichtigen, dass seit zwei Jahren kein Verbrauch angefallen ist“, so Evelyn Zaruba. Das Unternehmen werde sich mit der Kundin in Verbindung setzen, um die Sache klarzustellen und sich für den Fehler zu entschuldigen, so ihr Versprechen. Das ist inzwischen auch geschehen.

Langjährige Erfahrung

Obwohl es in diesem Fall nicht zutrifft, noch eine Erläuterung zum Thema Verbrauchsschätzung von der Pressesprecherin: Der Gesetzgeber verpflichte die Energieversorger, in einem regelmäßigen Turnus eine Jahresrechnung/Schlussrechnung zum Vertragsende zu erstellen.

Liegen keine abgelesenen Werte vor, werde der Verbrauch auf Basis langjähriger Erfahrungswerte geschätzt. So können realistische Abrechnungen erfolgen, auch wenn keine abgelesenen Zählerstände vorliegen. Mit Fragen oder Beanstandungen zur Rechnung könnten sich die Kunden an einen der envia M-Energieläden oder den Kundenservice wenden: www.enviam.de/kontakt. Eine Frist sei dabei in der Regel nicht einzuhalten.

Die Leserin hat also alles richtig gemacht. Auch damit, dass sie nicht lockerließ und die Klärung der Angelegenheit einforderte. Wer ähnliche Probleme mit seinem Versorger hat, muss das weder hinnehmen noch gleich zum Anwalt laufen. Die Schlichtungsstelle Energie ist eine zentrale Einrichtung zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen Energieversorgungsunternehmen und Verbrauchern. Wenn sich private Verbraucher erfolglos mit ihrer Beschwerde an ihren Versorger gewandt haben, können sie die kostenlose Hilfe in Anspruch nehmen.

Diesen Weg war die Leserin parallel ebenfalls gegangen. Allerdings braucht das Verfahren offensichtlich seine Zeit. Eine Antwort auf ihre Anfrage stand nach drei Wochen noch aus und ist nun auch nicht mehr nötig. Die Sache ist ja nun aus der Welt. Über die Erklärung kann sie inzwischen selbst schmunzeln. Wasser- und Stromzähler verwechselt: Kannste dir nicht ausdenken...