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Gedanken zum Fest Licht statt Schatten

Was? Schon wieder Heiligabend! So schnell. Kaum Zeit zum Innehalten, um sich vorzubereiten auf das Fest. Um anzukommen …

Von Marc Rath 23.12.2025, 17:20
Weihnachtsmarkt Magdeburg – er hatte auch in diesem Jahr wieder seinen festen Platz am Alten Markt.
Weihnachtsmarkt Magdeburg – er hatte auch in diesem Jahr wieder seinen festen Platz am Alten Markt. Foto: Peter Gercke

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht in dieser immer schnelllebigeren Zeit. Ob Sie Jesu Geburt – die Ankunft des Herrn – feiern. Oder ob diese Zeit ein anderes Licht bei Ihnen entzündet.

So oder so: An Weihnachten kommt keiner vorbei. Wir alle haben über die Jahre hinweg dafür unsere Rituale entwickelt. Die beginnen oft weit vorher. Ich selbst etwa sehe inzwischen über Lebkuchen, Spekulatius und Co. routiniert hinweg, wenn sie ab dem Spätsommer in den Supermarktregalen zu finden sind. Beim Geburtstag eines Kollegen habe ich im Oktober dann aber doch mal genascht. Eines aber ist in unserer Familie gesetzt: Die erste Stolle, die gibt es tatsächlich erst am ersten Advent.

Ein Gruß im November

In den trüben Tagen des Herbstes freue ich mich jedoch schon auf das Aussuchen des Adventskalenders und der Weihnachtspostkarten. Und wenn dann die erste weihnachtliche Post eingeht ...

Eine Landtagsfraktion war in diesem Jahr besonders schnell und deutlich vor der Zeit: Ein Weihnachtsgruß als Adventskalender gestaltet – die naive Malerei einer winterlichen Altstadtkulisse mit dick eingemummelten kleinen Schlittschuhläufern im leichten Flockenwirbel. In zarten Farben hingehaucht. Eine schöne Impression vergangener Tage. Dann sah ich auf die Rückseite: „Titelbild mit Hilfe von KI erstellt“, stand da in kleinen Lettern. Es wirkte fast so wie diese Hinweise à la „Vorsicht! XY gefährdet Ihre Gesundheit …“ Ich gestehe, es hat mir einen Stich versetzt. Künstliche Intelligenz macht also auch vor dem Weihnachtsfest und seinen Ritualen nicht Halt. Ich hätte es wissen können.

Weihnachtskarten als Ritual

Diese Karte hat auf meinem Fensterbrett im Büro dennoch einen schönen Platz bekommen. Vielleicht auch gerade deswegen. Viele weitere Grüße sind hier in den vergangenen Tagen hinzugekommen. Sie zaubern ein vorweihnachtliches Flair, das mich Tag für Tag etwas festlicher stimmt.

Die mit Künstlicher Intelligenz generierte Weihnachtskarte hat mich diese Adventszeit noch etwas bewusster durchleben lassen. Umso lieber habe ich mich am dritten Adventswochenende an das Schreiben meiner Grüße und Wünsche gemacht. Mit Füller, schöner Sonderbriefmarke – für die man heute schon etwas länger suchen und dafür anstehen muss – und eigenen Texten. Völlig frei von KI, die – wie ich in einem Beitrag der „Kirchenzeitung“ las – bei nicht wenigen auch hier schon Einzug gehalten hat.

Im Sommer hat mir eine langjährige Bekannte anvertraut, wie sehr sie sich auf diese Post freue und sie dann aufhebe, weil die Briefe für sie wie ein Stück Tagebuch meiner Familie sind.

Dieser Dezember hat mich auch zu Weihnachtsmärkten in verschiedenen Regionen Deutschlands geführt. Doch Magdeburg war dort an jedem Eingang präsent. Die verschärften Sicherheitsmaßnahmen haben mich stets an den 20. Dezember des vorigen Jahres erinnert. Und bis zum Jahrestag habe ich einen Bogen um den Magdeburger Weihnachtsmarkt gemacht.

Gleichwohl fand und finde ich es wichtig, dass er dort, am Alten Markt, wieder stattgefunden hat. Am Samstagabend mit einer Kerze in der Hand Seite an Seite mit Tausenden zu stehen, war für mich ein adventliches Erlebnis im wahrsten Sinn. Das Licht und der Zusammenhalt als Zeichen der Solidarität und des Miteinanders. Es macht mir Hoffnung, dass uns doch mehr eint, als dies an manchen Tagen den Anschein hat.

Baum im Innenhof

So freue ich mich heute auf den Heiligen Abend ganz in Familie. Seit Jahrzehnten erstmals nicht bei uns, sondern bei meiner Mutter in Babelsberg. Eines unserer Kinder hat Rufbereitschaft und muss in der Nähe sein. Wir gehen gemeinsam in die Kirche, um die ich Heiligabend vor 25 Jahren unsere beiden Kinder – damals übrigens im Flockenwirbel – geschoben habe, bis meine Frau die Bescherung vorbereitet hatte.

Ein Weihnachtsbaum und wir zusammen passen bei meiner Mutter nicht in die gute Stube. Er glitzert dafür im Innenhof. Vielmehr aber haben wir uns. Halten den Moment fest. Denken an die, die nicht mehr mit uns feiern können. Denn wie endlich wir sind, das spüren wir immer wieder. Gemeinsame Zeit als größtes Geschenk. Ganz real und ohne Künstliche Intelligenz.

Lassen Sie uns – frei nach dem wunderbaren Erich Kästner – unsere Geschichten und unsere Geschichte nicht vergessen. In ihnen leben und leuchten wir. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes Fest mit viel Licht, das nicht nur zu Weihnachten aus dem Schatten tritt. Ich wünsche Ihnen ein möglichst helles Weihnachtsfest

Ihr

Marc Rath, Chefredakteur