Bildende Künstler in Sachsen-Anhalt Die Werkdatenbank als digitale Fundgrube
36 Künstler aus Sachsen-Anhalt machen 5.500 ihrer Arbeiten in einer Online-Werkdatenbank öffentlich. Aber die Frage, was mit dem Nachlass wird, ist nicht geklärt.

Magdeburg. - „Ich mache das keineswegs nur für mich“, sagt Lutz Grumbach. Der Grafikdesigner und Ausstellungsgestalter stellt mit viel Eifer seine Arbeiten in die Werkdatenbank Bildende Kunst Sachsen-Anhalt ein. „Das Vergessen geht ganz schnell“, meint der 84-Jährige, der im Portal Ausstellungsfotos, Druckgrafiken und Plakate hochgeladen hat. 463 seiner Werke sind online abrufbar, ebenso biografische Daten und Informationen zu seinen Ausstellungen. „Diese Werkdatenbank ist eine Fundgrube“, so der gebürtige Leipziger, der in Halle lebt und arbeitet.
Grumbach und weitere vier Künstlerkollegen gehören der fünften Veröffentlichungsrunde des Berufsverbandes der Bildenden Künstler Sachsen-Anhalt (BBK) an, mit der die Werkdatenbank auf 36 Sachsen-Anhalter angewachsen ist. Die Plattform wurde 2017 freigeschaltet. Damals waren erste Arbeiten von Hannes H. Wagner, Ingrid Müller-Kuberski und Eva Mahn eingestellt worden. Ziel ist es seitdem, die künstlerische Lebensleistung der Öffentlichkeit, der wissenschaftlichen Forschung und musealen Nutzung zugänglich zu machen. Heute umfasst die Datenbank etwa 5.500 Arbeiten.
Bis heute sind 36 Sachsen-Anhalter in der digitalen Dokumentation vertreten. 380 Mitglieder gehören immerhin zum Verband. Da ist viel Luft nach oben, weiß Geschäftsführerin Ruth Heftrig. Sie wünscht sich, dass die Online-Plattform weiter gefüttert wird, kennt aber Vorbehalte.
Psychische Hürde
Die Hallesche Künstlerin Sabine Kunz spricht von einer enormen Herausforderung. Kunz, eine Frau der Malerei, des Holzschnitts und der Skulptur, will sich ihrer Kunst widmen, nicht Zeit am Rechner verbringen und Werke inventarisieren.
„Es sind bestimmt noch 10.000 Arbeiten, die ich einstellen müsste“, sagt sie und fügt aber sogleich an: „Ich habe kein Haus, kein Grundstück, ich will, dass meine Arbeiten erhalten bleiben. Wir wollen deshalb weitermachen.“ Mit „wir“ meint sie sich und die sie unterstützende Kunstwissenschaftlerin Marie-Luise Welz.
Viele setzen auf Hilfe. Der Zeit und der Technik wegen. Die Magdeburger Textilgestalterin und Grafikerin Helga Borisch weiß ihren Sohn Benjamin an ihrer Seite, ebenfalls ein Künstler, der einen Teil ihrer Aquarelle, Collagen und Zeichnungen in die Datenbank eingepflegt hat. Alles sei nicht möglich. „Man muss sich auf den Kernbestand des Lebenswerkes beschränken“, sagt er angesichts des vollen Ateliers seiner 85-jährigen Mutter.
Ruth Heftrig unterstützt dieses Herangehen, sagt, dass man sich beschäftigen müsse mit der Frage, was man als wichtig und repräsentativ für den eigenen künstlerischen Lebensweg einschätzt. In vielen Fällen könne nicht alles erhalten bleiben. Wie wählt man aus? Und vor allem was? Psychisch sei es eine Hürde, sich damit zu befassen, weiß die BBK-Chefin aus Gesprächen, schließlich gehe es um die Endlichkeit des eigenen Lebens.
Dieses Dokumentieren, da sind sich bei diesem Treffen des BBK im Magdeburger Forum Gestaltung alle einig, ist wichtig. Es ist aber eben „nur“ eine digitale Aufbereitung. Was ist mit all den originalen Werken, dem sogenannten physischen Erhalt der Kunst, wenn ein Künstler stirbt? Museen und Archive sind dafür nicht zuständig. Für viele Künstler bleibt die Frage um den Nachlass ungeklärt. Helga Borisch sagt, das treibe sie um.
Große Dringlichkeit
Beim BBK steht das Thema seit Jahren auf der Agenda. „Wir sehen eine große Dringlichkeit“, sagt Heftrig und spricht von einer „institutionellen Lücke“. Deutschlandweit. Für Sachsen-Anhalt schwebt dem BBK ein Zentrum für Künstlernachlässe vor, nach Möglichkeit mit Schaudepot und Ausstellungsräumen. Künstler und Nachlasshalter wurden befragt, die Ergebnisse sollen in eine Konzeption, später dann in eine Machbarkeitsstudie einfließen.
Helma Konstanze Groll befürwortet dieses Projekt. Die Tochter des Malers und Grafikers Wolfram Schubert aus Gardelegen, der im nächsten Jahr 100 Jahre alt wird, hat mit der Familie 1.800 Werke erst einmal analog erfasst, mehr als 50 Arbeiten stehen in der Werkdatenbank online. Und die Kinder des 1968 gestorbenen Glasgestalters und Bildhauers Walter Bischof bereiten nach und nach sein künstlerisches Erbe auf. „Wir wollen es unbedingt bewahren“, sagt Tochter Petra Neuendorf.
Zu finden ist die Werkdatenbank unter der Internet-Adresse:
www.werkdatenbank.bbk-sachsenanhalt.de