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  7. Fahrrad-Kauf nach Corona: Nachfrage nach Rädern und E-Bikes in Sachsen-Anhalt weiter hoch

Mobilität Gegen den Trend: Warum der Fahrrad-Boom in Sachsen-Anhalt anhält

Fahrradhändler waren in den vergangenen drei Jahren erfolgsverwöhnt. Doch manche Branchenkenner warnen vor einem Ende des Booms. So ist die Lage im Land.

Von Antonius Wollmann Aktualisiert: 08.03.2023, 19:03
Die Nachfrage nach Fahrrädern schien in den vergangenen drei Jahren fast grenzenlos. Zuletzt trübte sich das Bild ein wenig ein. Die Preissteigerungen spiegelten sich auf dem Zweiradmarkt wider. In Sachsen-Anhalt ist davon aber nicht viel zu spüren.
Die Nachfrage nach Fahrrädern schien in den vergangenen drei Jahren fast grenzenlos. Zuletzt trübte sich das Bild ein wenig ein. Die Preissteigerungen spiegelten sich auf dem Zweiradmarkt wider. In Sachsen-Anhalt ist davon aber nicht viel zu spüren. Foto:dpa

Magdeburg - Die Nachricht von der Insolvenz des traditionsreichen Fahrradherstellers Prophete im Januar ließ die gesamte Branche aufschrecken. Wenige Tage später konstatierte Reiner Kolberg, Sprecher des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV), eine „deutliche Kaufzurückhaltung bei Fahrrädern in der zweiten Jahreshälfte 2022“. Volle Lager seien alles andere als eine Seltenheit. Der Boom der Corona-Zeit, als sämtliche Verkaufsrekorde gebrochen wurden, scheint ein Ende zunehmen, schätzte Kolberg ein. Kündigen sich also schwierige Zeiten für Fahrradhändler in Sachsen-Anhalt an?

Davon kann beim Geschäft RadMitte in der Magdeburger Innenstadt keine Rede sein. Das Gegenteil sei der Fall, sagt Mitarbeiter Stefan Wolf. Die Umsätze seien in den vergangenen Monaten gestiegen. Das liege ein Stück weit an den Preissteigerungen, aber auch auf der Auftragsseite sei kein Rückgang zu verzeichnen.

Fahrrad-Boom: Nachfrage nach E-Bikes in Sachsen-Anhalt bleibt riesig

Insbesondere der Verkauf von E-Bikes habe sich auf sehr hohem Niveau stabilisiert. „Bei den Zahlen könnte man denken, dass wir in einer süddeutschen Mittelgebirgsregion leben statt in der flachen Börde“, sagt Wolf.

Verlassen könne man sich außerdem auf die sportlich orientierten Kunden. Da sei der Trend eindeutig: Das Gravel-Bike, also die Mischung aus Rennrad und Mountainbike boome ohne Ende, so Wolf.

Damit bestätigt der RadMitte-Mitarbeiter einen Befund des Statistischen Landesamtes. Während die Menschen in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr im Einzelhandel vor allem bei Waren-und Genussmitteln sparten, gaben sie deutlich mehr Geld im Segment der Sportausrüstungen aus. Hier stiegen die Umsätze der Händler um 10,6 Prozent.

Lager zu voll: Manch ein Fahrrad-Händler wird für Fehler bestraft

„Wer seine Hausaufgaben gründlich gemacht und mit Maß Ware bestellt hat, muss sich eigentlich keine Sorgen machen“, sagt deshalb Robert Peschke. Er ist Geschäftsführer der Dresdener Kette Little John Bikes, die sich seit einigen Jahren vor allem in den ostdeutschen Bundesländern auf Expansionskurs befindet.

In Schieflage gerieten momentan jene Händler, die in der Corona-Zeit in der Hoffnung auf große Gewinne ihre Lager zu voll gemacht hätten und nun feststellten, dass die Hersteller ihr Geld sehen wollen. „Die Zeit der Übernachfrage ist meiner Meinung nach vorbei. Es bleiben einige auf ihren Produkten sitzen“, sagt der „Little-John-Bikes“-Geschäftsführer.

Im Wachstumsbereich werde die Fahrradbranche trotzdem bleiben. Allerdings eher im einstelligen als im zweistelligen Bereich. Für sein Unternehmen sehe er deshalb sehr optimistisch in die Zukunft. Für kleinere Geschäfte seien die Voraussetzungen aus seiner Sicht nicht schlechter. Vor allem, wer sich auf spezielle Angebote konzentriert, würde beim Verbraucher punkten, sagt Peschke.

Fahrrad-Kauf: Nischenprodukte bleiben beliebt

Dies trifft geradezu klassisch auf die Weltrad Manufactur aus Schönebeck zu. In dem Geschäft werden Räder je nach Kundenwunsch individuell in Handarbeit angefertigt. Der Wunsch, ein Unikat zu besitzen, sei ungebrochen groß, sagt Juniorchef Anton Leue.

So groß offenbar, dass die Preissteigerungen nicht abschreckend wirken. „Wir sind zwangsläufig teurer geworden. Weniger Kunden haben wir trotzdem nicht. Das ist wahrscheinlich der Vorteile der Nische“, sagt Leue.