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Demonstration Hunderte Handwerker protestieren in Sachsen-Anhalt

Nach den Landwirten und Spediteuren jetzt auch die Handwerker: Hunderte protestierten in Sachsen-Anhalt. Sie beklagen steigende Kosten und eine lähmende Bürokratie.

Von Robert Gruhne 19.01.2024, 17:53
Etwa 350 Menschen kamen auf dem Schönebecker Markt zum Protest zusammen.
Etwa 350 Menschen kamen auf dem Schönebecker Markt zum Protest zusammen. Foto: Stefan Demps

Magdeburg - Ein Korso von 20 weißen Transportern der Firma Elektro-Montagen Kämpfer fuhr am 19. Januar hupend durch Gardelegen. „Es muss langsam etwas passieren. Als Handwerker kann man sich auf nichts mehr verlassen“, sagte Firmeninhaber Jörg Kämpfer nach der Aktion.

Besonders die Bürokratie nehme immer weiter zu. Von den 27 Mitarbeitern der Firma sind sechs allein mit der Verwaltung beschäftigt. „Wir schaffen die Bürokratie gerade so. Das steht in keinem Verhältnis mehr“, kritisierte Kämpfer.

Landesweit gingen Hunderte Handwerker auf die Straße. Die Handwerkskammern hatten zu dem Aktionstag aufgerufen. Um elf Uhr sollten die Betriebe für zehn Minuten die Arbeit niederlegen, vor ihren Betrieb treten und auf ihre Situation hinweisen. Die Handwerker entschieden sich lokal für sehr unterschiedliche Protestformen, im Elb-Havel-Winkel zum Beispiel für eine Fotoaktion.

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Handwerker in Sachsen-Anhalt üben Kritik an Energiepreisen

In Schönebeck kamen rund 350 Menschen auf dem Markt zusammen. Es war einer der größten Proteste der Handwerker im Land. Ein Hauptkritikpunkt waren ebenfalls die „Papierberge“, wie Jörg Lustinetz, der stellvertretende Kreishandwerksmeister und Obermeister Sanitär, Heizung und Klima, schilderte. Die Menge an Formularen habe in den vergangenen zwei Jahren deutlich zugenommen.

Für die Betriebe, die im Durchschnitt fünf bis sechs Beschäftigte hätten, sei das nicht mehr machbar, meint auch der Präsident der Handwerkskammer Magdeburg, Andreas Dieckmann:. „Wir verfügen nicht über Buchhaltungsabteilungen. Bei uns macht das der Handwerker alles selbst.“ Aus seinem eigenen Arbeitsalltag als Raumausstattermeister berichtet er: „Wenn ich alles richtig machen will, bleibe ich morgens im Büro sitzen und fahre nicht auf die Baustelle.“

Zur aktuellen Politik stellt Dieckmann fest: „Es ist viel Vertrauen verloren gegangen.“ Viele Probleme würden von der Politik nicht angegangen. Zum Beispiel warte die Baubranche immer noch auf die Umsetzung des groß angekündigten 14-Punkte-Plans der Bundesregierung. Unternehmer allgemein könnten kaum verlässlich Entscheidungen für die Zukunft treffen.

In Stendal machten rund 200 Protestierende, darunter auch Landwirte und andere Gewerbetätigen, unter anderem auf die hohen Energiepreise aufmerksam. Das Problem sieht auch der Kammerpräsident: „Die Kosten haben sich oft verzigfacht. Wir brauchen Planungssicherheit bei den Energiekosten.“

Protest der Handwerker: Was kommt danach?

Auch in Burg gab es eine Versammlung. Etwa 70 bis 80 Menschen folgten dem Aufruf vor das Rathaus. In Genthin war ein Konvoi in der Innenstadt unterwegs, um gegen die Politik der Bundesregierung zu demonstrieren. Auf den Fahrzeugen war die an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gerichtete Aufforderung „Olaf, Rücktritt ist Fortschritt“ zu lesen oder die Forderung nach Neuwahlen.

Tischler-Obermeister Dietmar Kaiser aus Haldensleben begrüßte den Aktionstag zwar grundsätzlich, aber hält eine größere Kundgebung mit vielen Handwerkern aus der Region – ähnlich den Landwirten – für besser. Der Aktionstag sei aber ein guter Anfang gewesen. „Sicher werden wir später noch etwas Größeres organisieren“, so Dietmar Kaiser.

Auch Kammerpräsident Dieckmann sieht den Aktionstag als Start. Die Handwerkskammern bereiten nun mit Spitzenverbänden der Wirtschaft einen Brief an den Bundeskanzler und weitere Protestaktionen vor.