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Sachsen-Anhalt Krasse Unterschiede bei Inzidenz

Schon seit Tagen klaffen die Inzidenzwerte in den nördlichen Landkreisen Sachsen-Anhalts auseinander. Woher kommen die Unterschiede?

Von Christoph Dierking 09.01.2021, 00:01

Stendal l Obwohl sie Nachbarn sind, zeigen sich bei den Infektionslagen ganz verschiedene Bilder: Bereits am Mittwoch liegt die 7-Tage-Inzidenz im Landkreis Stendal bei 276. Im Altmarkkreis Salzwedel hingegen melden die Behörden lediglich eine Inzidenz von 96, im Bördekreis 115 und im Jerichower Land 80. Am Freitag ist die Inzidenz im Landkreis Stendal mit 262 zwar leicht gesunken und in den übrigen Landkreisen gestiegen, doch die Unterschiede bleiben: Im Altmarkkreis Salzwedel beträgt die 7-Tage-Inzidenz 137, im Bördekreis 134 und im Jerichower Land 89 – immer noch deutlich niedrigere Werte als im Landkreis Stendal. Auch in Magdeburg ist die Inzidenz mit 82,5 vergleichsweise niedrig. Von Altersstruktur bis Pendlerverkehr – für dieses Phänomen gibt es nicht nur eine, sondern viele Erklärungen.

Dr. Iris Schubert, Amtsärztin des Landkreises Stendal, berichtet: „Wir haben im Vergleich mehr getestet, insbesondere in den Pflegeheimen. Und viele Tests bedeuten viele Befunde.“

Im Landkreis Stendal gibt es 26 Pflegeheime. Bis vor wenigen Wochen habe es in 19 Einrichtungen noch Infektionen gegeben, berichtet Schubert. Aktuell seien etwa zehn Heime betroffen – die Einrichtungen sind also für das Infektionsgeschehen nach wie vor von Bedeutung. „Dennoch hat sich die Situation etwas entspannt, das ist positiv.“

Positiv ist dies auch für die Umsetzung der Impfungen: Denn grundsätzlich werde in Heimen, in denen es Infizierte gibt, nicht geimpft, erklärt die Amtsärztin. „Das machen wir erst wieder, wenn es innerhalb von 14 Tagen keine neuen Infektionen gegeben hat. Dann ist die Inkubationszeit verstrichen.“ In der Zwischenzeit konzentriere sich der Landkreis auf Impfungen von Krankenhaus- und Pflegepersonal. „Die Impfteams stehen nicht still.“

Weitere Ursachen für den hohen Inzidenzwert sieht Schubert in der Demografie, also in der Altersstruktur: Im Landkreis Stendal sind 26 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt, der Landesdurchschnitt beträgt 20 Prozent. Demnach ist der Anteil an Risikopatienten höher als anderswo. Viele Corona-Infektionen hätte auch ein freies Labor in Stendal, das kostenpflichtige Tests anbietet, nachgewiesen: „Besonders vor Weihnachten war die Nachfrage sehr groß“, erklärt Schubert. Menschen aus der gesamten Region hätten die Testmöglichkeit genutzt.

Nicht zuletzt spielt für das Infektionsgeschehen auch der Pendlerverkehr eine Rolle: „Ärzte und Pflegekräfte aus Berlin und Brandenburg haben bei uns im Landkreis ihren Arbeitsplatz“ – die benachbarten Landkreise Ostprignitz-Ruppin und das Havelland verzeichnen ebenfalls hohe Inzidenzwerte. Wer von dort kommt, könne andere anstecken, so die Medizinerin. Auch Andreas Pinkert, Sprecher des Gesundheitsministeriums, bestätigt: „Hohe Inzidenzen benachbarter Landkreise können durchaus Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen im Landkreis Stendal haben.“

Betroffen sind Altenpflegeheime im gesamten Landkreis, unter anderem in Stendal, Tangerhütte, Tangermünde, Osterburg und Sandau, erklärt Andreas Pinkert. Außerdem gebe es im Fachkrankenhaus Uchtspringe Infektionen zu verzeichnen. „Es sind weiter positiv Getestete unter Mitarbeitern und Patienten“, so der Sprecher. Insgesamt handle es sich um ein „weiter ansteigendes diffuses Infektionsgeschehen“. Heißt: Die einzelnen Corona-Fälle sind auf den gesamten Landkreis Stendal verteilt.

Die 7-Tage-Inzidenz gibt an, wie viele gemeldete Neuinfektionen es in den vergangenen sieben Tagen je 100 000 Einwohner gegeben hat.